Hauch der Verdammnis
und ich bin die Diskussion darüber jetzt langsam leid«, schnitt ihm Katharine das Wort ab.
Sie fuhren an der Haltestelle vorbei, und da Michael wusste, dass mit seiner Mutter jetzt nicht mehr zu reden war, gab er auf und schaltete das Autoradio an. Ein Ansager beendete gerade einen Bericht über die wirtschaftliche Situation der Insel, und Michael wollte eben den Sender wechseln, als eine neue Nachricht verlesen wurde: »Zwei Männer starben letzte Nacht beim Abbrennen eines Zuckerrohrfeldes auf Maui. Ihre Leichen wurden am Morgen in einem Feld am Haleakala Highway entdeckt. Da ihre Familien noch nicht benachrichtigt werden konnten, hat die Polizei ihre Namen noch nicht bekanntgegeben.«
Der Ansager machte eine kurze Pause. »In Makawao ist ein Junge von seiner Mutter als vermißt gemeldet worden. Jeff Kina verließ sein Elternhaus gestern abend gegen neun Uhr. Die Polizei hat bestätigt, dass es sich um einen der drei Jugendlichen handelt, die im Zusammenhang mit dem Tod Kioki Santoyas befragt wurden, dessen Leiche gestern morgen gefunden worden war. Obwohl derzeit nichts auf einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden von Jeff Kina und dem Tod von Kioki Santoya hindeutet, schließt die Polizei eventuelle Verbindungen zwischen den beiden Geschehnissen nicht aus. Jeff Kina ist eins fünfundachtzig groß und wiegt fünfundneunzig Kilo. Wer ihn gesehen hat, sollte sich unverzüglich beim Sheriff's Department in Maui melden. Und nun weitere Nachrichten ...«
Michael hörte nicht mehr zu.
Was ging hier vor? Jeff wurde vermißt? Er warf seiner Mutter einen Blick zu. Sollte er ihr erzählen, dass er sowohl Jeff als auch Kioki kannte und mit beiden vorgestern zusammengewesen war?
Aber dann musste er ihr alles erzählen. Und wenn sie erfuhr, dass sie nicht nur tauchen, sondern auch in ein Geschäft eingebrochen waren ...
Na ja, Josh hatte ja schließlich gewusst, wo die Schlüssel lagen. Ein Einbruch war es sicher nicht. Aber so gut wie.
Er grübelte immer noch darüber nach, ob und was er seiner Mutter erzählen sollte, als sich vor ihnen das Tor zu Takeo Yoshiharas Anwesen öffnete. Michael hatte allerdings nicht bemerkt, dass seine Mutter irgendeinen Knopf oder sonst etwas betätigt hatte. »Wo ist denn die Fernbedienung?« fragte er mit einem unguten Gefühl im Magen.
»Es gibt keine«, antwortete Katharine. »Am Wagen ist so ein elektronisches Ding angebracht, das von dem Tor wahrgenommen wird.«
»Echt?« flüsterte Michael. Er suchte die Umgebung nach den Kameras ab. Es musste welche geben. »Weiß es auch, wer da jeweils kommt?« fragte er so beiläufig wie möglich. »Oder haben sie Kameras?«
Katharine sah ihn aus den Augenwinkeln an. »Ich glaube kaum, dass sie hier Kameras brauchen«, sagte sie. Aber als sie die Lobby des Gebäudes betraten, in dem sie gestern mit Rob Silver gewesen war, schaute auch sie - fast gegen ihren Willen - in die Ecken, in denen Überwachungskameras hängen konnten.
Und tatsächlich waren dort welche angebracht.
Nun, warum auch nicht, sagte sie sich, wenn man bedachte, was für eine wertvolle Kunstsammlung das Haus beherbergte. Ein halbes Dutzend Skulpturen waren in der Halle aufgestellt, an den Wänden standen Glasvitrinen mit unbezahlbaren Artefakten, und wenn sie sich nicht irrte, handelte es sich bei dem Gemälde hinter dem Schreibtisch, an dem ein Wachmann saß, um einen Vlaminck. Der Wachmann - derselbe, der auch gestern Dienst gehabt hatte, als sie mit Rob den Computer benutzt hatte - sah auf und lächelte, als er sie erkannte.
»Guten Morgen, Dr. Sundquist. Dr. Jameson ist bereits in seinem Büro.« Er deutete in die entgegengesetzte Richtung von Rob Silvers Büro. »Die dritte Tür rechts.«
In Dr. Jamesons Empfangszimmer saß eine ausgesprochen schöne, etwa dreißigjährige Eurasierin. »Ich bin Jade Quinn«, sagte sie, erhob sich und begrüßte Katharine, als diese das riesige Büro betrat. »Steve Jamesons Sekretärin und Mädchen für alles.« Sie lächelte Michael an. »Du musst Michael sein. Sehr krank siehst du allerdings nicht aus.«
»Da hörst du's«, sagte er zu Katharine. »Ich hab's dir ja gesagt. Können wir jetzt gehen? Wenn wir uns beeilen, komm ich noch rechtzeitig zur zweiten Stunde.«
»Das hast du dir so gedacht«, entgegnete Katharine. »Ist Dr. Jameson schon da?«
»Er ist im Gebäude und müsste jeden Augenblick hier eintreffen«, sagte Jade und lächelte entschuldigend. Sie geleitete sie zu einer Tür, die ins Büro führte. »Machen
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