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Hauch der Verfuehrung

Titel: Hauch der Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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bei dieser Vorstellung; als er die Tür zum Atelier öffnete und eintrat, erkannte er, was es war.
    Eifersucht.
    Er stand einen Augenblick still, dann steckte er den Schlüssel in die Rocktasche und schloss die Tür; es war ihm ein wenig unbehaglich, als er zu dem Tisch ging, wo die Skizzen, die er vorhin herausgesucht hatte, auf ihn warteten.
    Ihr Anblick half ihm, diese beunruhigende und untypische Reaktion in seinen Gedanken zurückzudrängen.
    Er hatte Compton instruiert, die fünf Lampen im Zimmer nicht zu löschen. Die Flammen konnten so ruhiger brennen, und sie warfen ein gleichmäßiges, nicht flackerndes Licht auf seine Staffelei und die große leere Leinwand darauf. Eine Weile starrte er auf die Skizzen, nahm alles in sich auf, was sie enthielten - Umriss, Form und Energie. Dann schlüpfte er aus seinem Rock und warf ihn über einen Stuhl. Er krempelte sich die Hemdsärmel hoch und suchte sich einen Stift aus, bei dem das Blei genau im richtigen Winkel abgeschrägt war, nahm sich die erste Skizze und trat an die Leinwand.
    Er arbeitete gleichmäßig, machte nur Pausen, um eine Skizze gegen die nächste auszutauschen. Jede befasste sich mit einem anderen Aspekt, einem weiteren Aspekt des bedrohlichen Rätsels, das er im Hintergrund des Gemäldes sichtbar machen wollte - dem Eingang zum Garten der Nacht. Er hatte nie zuvor so gearbeitet, von der Umgebung nach innen. Allein sein Instinkt lenkte ihn, die unerschütterliche Überzeugung, dass sein Porträt nur so gelingen konnte, dass er so vorgehen musste.
    Es ergab in gewisser Weise Sinn, obwohl er kaum innehielt, um darüber nachzudenken. Jacqueline würde das zentrale, das wichtigste Element des Werkes sein - das Herz, der Grund und der Zweck des Porträts. Sie würde das Leben darin sein; gleichgültig, wie machtvoll die Umgebung auch war, nichts vermochte sie beiseite zu drängen.
    Die Uhr tickte zweifellos, aber er merkte davon nichts, war völlig in seine Arbeit vertieft. Auf der anderen Seite des Fensters wurde es dunkel und Nacht. Auf den Korridoren unter ihm kehrte Nachtruhe ein, als die Bewohner zu Bett gingen.
    Das Haus hüllte sich in schläfriges Schweigen.
    Er zeichnete weiter, sein Stift flog über die Leinwand, während der Hintergrund Form annahm, die Umrisse einer Gestalt dienten als Anhaltspunkt. Die Farbtöne und die Schattierungen wurden vor seinem geistigen Auge klarer, hauchten der Ansammlung dünner Linien Leben ein - wenigstens schien es ihm so.
    Die Stufen vor der Tür zum Atelier knarrten, das Geräusch laut genug, um seine Konzentration zu stören. Er schaute zur Tür, runzelte die Stirn. Compton wusste es besser, er würde nicht einfach zu ihm kommen, Barnaby ebenfalls. Nur aus wirklich wichtigem Grund, wenn es etwas gab, das er wissen musste, war eine Unterbrechung gestattet.
    Er hörte, wie jemand an der Tür war, dann erklang ein leises Klopfen.
    Weder Compton noch Barnaby.
    Während er schon ahnte, wer sein mitternächtlicher Besucher höchstwahrscheinlich war, senkte sich die Klinke, und die Tür ging auf.
    Jacqueline spähte hinein.
    Sie sah ihn an, zog die Brauen hoch und lächelte zaghaft. »Darf ich?«
    Er schaute auf die Leinwand, auf die zahllosen Linien, die er in den vergangenen Stunden gezeichnet hatte; es fiel ihm schwer, sie genau zu erkennen. Er blickte zu Jacqueline, rechnete schon fast damit, dass auch sie verschwommen wäre, doch er sah sie klar und deutlich. Seine Sinne hatten keine Schwierigkeiten, sich ihr zuzuwenden.
    Er legte die letzte Skizze, mit der er gearbeitet hatte, zur Seite, machte ihr ein Zeichen hereinzukommen - und verlor prompt alles Interesse an der Leinwand auf der Staffelei. Er konnte seinen Blick nicht von ihr losreißen, als sie über die Schwelle trat, die Tür schloss und mit einem leichten Lächeln zu ihm kam.
    Sie trug einen dickeren Morgenrock als gestern Nacht. Dieser hier war aus elfenbeinfarbenem Satin, in der Mitte mit einem Gürtel geschlossen; aber ein flüchtiger Blick genügte um zu erkennen, dass das Nachthemd darunter praktisch durchsichtig war.
    Sogleich drängte ihn innerlich alles, das auch zu überprüfen; sein Körper reagierte - nicht nur auf die Frage, sondern mehr schon auf die wahrscheinliche Antwort.
    Er zwang sich, ihr ins Gesicht zu sehen, und trat von der Leinwand weg. Er nahm sich seinen Skizzenblock und einen Stift, fasste sie am Ellbogen und brachte sie an eine Stelle im Zimmer, wo das Licht ideal war. »Da du ohnehin hier bist, musst du dich von mir jetzt

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