Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hauch der Verfuehrung

Titel: Hauch der Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
Vom Netzwerk:
müssen, um das Bild zu vollenden.«
    Sie konnte kaum Widerspruch erheben; daher nickte sie nur und stieg neben ihm die Eingangsstufen hoch. »Ich werde es Millicent sagen.« Und dann die Damen benachrichtigen, deren Einladungen sie angenommen hatten.
    Gerrard blieb vor der Tür stehen, suchte ihren Blick. Alle Leichtigkeit war verflogen. Nach einem Moment murmelte er: »Es wird nicht mehr lang dauern.«
    Sie nickte. Masters öffnete ihnen die Tür, und sie traten ins Haus. Das Porträt würde bald vollendet sein - und dann würde sie sich dem stellen müssen, was auch immer zwischen ihnen sein mochte.
    Er war eine Quelle zweideutiger Bemerkungen, von Worten, die sie wenigstens auf zwei, manchmal auch auf drei verschiedene Arten verstehen konnte.
    An dem Nachmittag stand Jacqueline neben der Säule im Atelier, während Gerrard mit voller Konzentration malte.
    Er hatte sie kurz das Bild sehen lassen, ehe sie ihre Positur eingenommen hatte; es gab nicht mehr so viel zu tun, aber diese letzten Schritte waren für die Qualität von entscheidender Bedeutung.
    Sie hatte gelernt, sich ruhig zu halten, ihre Gedanken auf Wanderschaft gehen zu lassen, während sie völlig still dastand, Hand und Haupt erhoben. Auf ihre Miene kam es nicht an; ihr Gesicht und ihre Züge waren das Letzte, was er malen wollte, wobei er vor allem die vielen Skizzen zu Hilfe nehmen wollte, die er bereits angefertigt hatte. So musste sie nicht aufpassen, was sie gerade dachte. Zurzeit galt sein Interesse ihrer erhobenen Hand.
    Seine Konzentrationsfähigkeit hatte sie immer schon fasziniert. Sie ging tiefer, war umfassender als alles, was sie bisher erlebt hatte. Und war gepaart mit rücksichtsloser, unnachgiebiger Zielstrebigkeit. Er gab alles bei der Ausübung seiner Kunst.
    Aus dem Augenwinkel sah sie ihn an, prägte sich seinen Anblick ein, wie er in Hemdsärmeln hinter seiner Staffelei stand und den Pinsel gekonnt schwang.
    Als ihre Wahl auf ihn gefallen war, um sich von ihm porträtieren zu lassen, hatte sie nicht nach einem Märchenprinzen gesucht - hatte aber einen bekommen. Er war nach Cornwall gefahren und hatte die Rolle übernommen - wie ein Ritter aus alten Zeiten, der geschworen hatte, ihre Ehre zu verteidigen, ihren Ruf. Das war auch die treibende Kraft, mit der er sich ihrem Porträt widmete. Es stand für sie nicht länger in Frage - nicht, seit sie das Porträt von Patience mit ihren Kindern gesehen hatte -, dass ihm diese Arbeit mehr bedeutete. Er malte das Bild für sie, zu ihrer Verteidigung, zog daraus jedoch einen persönlichen Gewinn.
    Die Möglichkeit, jene zu schlagen, die es gewagt hatten, ihr zu drohen.
    Ihr Blick ruhte auf ihm. Jetzt, da ihr die Augen geöffnet waren, konnte sie so viel mehr erkennen, begreifen. Einen ritterlichen Beschützerinstinkt empfand er ja vielleicht bei jeder Dame, aber das Besitzdenken, das in ihrem Fall damit einherging, war stählern, absolut und kannte keine Grenzen. Die Vorstellung war deshalb unmöglich, dass er, nachdem er erfolgreich die Drachen für sie getötet hatte, ihr einfach die Hand geben und sich aus ihrem Leben verabschieden würde.
    Sie hatte nicht auf eine Ehe spekuliert, nicht mit ihm und auch mit keinem anderen, doch es schien, als wollte er sie dazu bringen.
    Als ihr erfolgreicher Drachentöter konnte er eine Belohnung fordern. Sie schaute ihn direkt an und fragte sich, wann er die verlangen würde. Was er verlangen würde, daran hatte sie keinen Zweifel mehr.
    Was sie ihm darauf antworten sollte, war hingegen noch ungewiss.
    Es hing alles davon ab, ob sie ihn liebte oder nicht.
    Sie kam sich wie ein Shakespeare-Heldin vor, die den Mond anstarrt und sich fragt: Was ist Liebe?
    Zwei Nächte waren vergangen seit dem Morgen, an dem sie sich von Patience und ihrer Familie verabschiedet hatten, seit Gerrard ihr gesagt hatte, dass er längere Zeit malen wolle. Sie hatte vorgestern und gestern vom Nachmittag bis zum späten Abend im Atelier für ihn gesessen - oder besser: gestanden. Danach war er mit ihr ins Bett im Alkoven gegangen, nur um später wieder an die Staffelei zurückzukehren.
    Als er sie heute früh am Morgen zurück zu ihrem Zimmer gebracht hatte, hatte er ihr mitgeteilt, dass er sie nicht länger benötigte. Er malte jetzt ihr Gesicht; dafür war ihre Anwesenheit nicht erforderlich; es würde ihn sogar ablenken, wenn er sie dabei ansähe.
    Die Verbannung aus dem Atelier hatte sie mit Würde getragen; aber sie hatte sich daran gewöhnt, im Morgengrauen aufzuwachen,

Weitere Kostenlose Bücher