Hauch der Verfuehrung
stand auf der Treppe, und die Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf. Gerrard und Barnaby sprachen noch über das Dinner am heutigen Abend, dann über die geplante Rückkehr nach Cornwall, die so schnell wie möglich erfolgen sollte. Jacqueline achtete kaum darauf; sie war zu sehr mit dem beschäftigt, was sie zuvor erfahren hatte.
Dann machte sich Barnaby zum Aufbruch bereit. Er war nicht durchs Haus gekommen; er musste die Außentreppe benutzt haben. Erleichtert hörte sie, wie die beiden Männer durch das Atelier zur Außentür gingen.
Ruhig drehte sie sich um und ging die Stufen wieder nach unten.
Gerrard ließ ihr kaum genug Zeit, ihre wirren Gedanken zu ordnen, den Schwindel in ihrem Kopf zu überwinden.
Fünfzehn Minuten später fand er sie im rückwärtigen SaIon, wohin sie sich zurückgezogen hatte, um in aller Ruhe nachzudenken.
Sie hörte damit in dem Augenblick auf, als er eintrat.
Er lächelte mit seinem unwiderstehlichen Charme, und in seinen Augen stand ein Leuchten, das allein ihr galt.
Diese Wärme, die intime Verbundenheit weckten lebhafte Erinnerungen an die vergangene Nacht.
Sie hatte letzte Nacht gedacht, sie hätte entdeckt, was Liebe sei - ein selbstloses Geben, eine Hingabe, die bis zur Selbstaufgabe gehen konnte.
Von ihrem Platz auf dem Sofa verfolgte sie, wie er das Zimmer zur ihr durchquerte, und es war ihr kristallklar, dass sie noch eine Menge zu lernen hatte.
Sie holte angespannt Luft. »Ist es ganz fertig?«
Er nickte. »Ja.« Er blieb ein paar Schritte vor ihr stehen, in lässiger Haltung, die Hände in den Taschen vergraben, während er ihr mit seinen braunen Augen forschend ins Gesicht sah. »Ich ...«
»Ich habe nachgedacht.« Sie fiel ihm einfach ins Wort. Es war unverzichtbar, dass sie von Anfang an die Kontrolle über dieses Gespräch behielt; sie wusste auch, dass in ihren Augen nicht der geringste Zweifel stehen durfte, dass sie ihn unverwandt anschauen musste, aber leicht fiel ihr das absolut nicht. »Millicent und ich können das Porträt mit nach Hause nehmen - jetzt, da es fertig ist, hast du deinen Auftrag erfüllt. Es besteht keine Notwendigkeit für dich und Mr. Adair, euch die Mühe zu machen und die lange Reise nach Cornwall auf euch zu nehmen.«
Seine Miene veränderte sich schlagartig; im Bruchteil einer Sekunde wirkte Gerrard wie versteinert, und alle Wärme wich aus seinem Blick.
Das Schweigen dehnte sich aus, dann sagte er mit ausdrucksloser, trügerisch sanfter Stimme: »Ich bin gekommen, um dich zu bitten, mich zu heiraten, meine Frau zu werden.«
Die Worte trafen sie wie ein Schlag gegen die Brust. Ihre Lider begannen sich zu senken, um den Schmerz zu verbergen; sie zwang sich, sie zu öffnen und seinen Blick zu erwidern. »Ich ... habe ... ich denke nicht an eine Ehe.«
Ein Augenblick verstrich, dann sagte er: »Ich weiß; anfangs, als wir ein Liebespaar wurden, da hast du nicht an Ehe gedacht, überhaupt nicht. Aber seitdem ... seit wir hier in London sind ... ich glaube, wenn du ehrlich bist, wirst du feststellen, dass du mit dem Gedanken daran - vielleicht unbewusst - schon eine Weile spielst.«
Einfach alles abzustreiten lag ihr auf der Zunge; ihr Blick bohrte sich in den seinen, sie hielt sich aber zurück. Sie erinnerte sich an Minnies und Timms Einmischung. Wenn die beiden sie schon gedrängt hatten, wie sehr hatten sie dann wohl ihm zugesetzt? Und ihm dabei verraten, wie es um sie stand. Diese beiden sahen eindeutig zu viel.
»Ich werde dich nicht heiraten. Ich möchte nicht mit dir nach Hellebore Hall zurückkehren.« Sie setzte sich auf das Sofa, die Hände im Schoß verschränkt und schaute ihn an. Er blieb stehen, studierte sie; die Intensität seines Blickes bannte sie an Ort und Stelle.
Liebe, so schien es, verlangte manchmal nach Opfern, selbst wenn man sich ihr ergeben hatte. Wenn in diesem Fall alles war, wie es sein sollte, dann würde sie für ihn stark genug sein, selbst dafür.
Seine Augen wurden schmal; sein Blick wankte nicht. »War das gestern Nacht dann ein Traum? Und heute früh? Ich dachte du warst das, der Engel der zu mir gekommen ist und mich unter dem Sternenhimmel geliebt hat.« Er bewegte sich jäh, stellte sich dichter vor sie, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Du hast mich mit deinem Mund ...«
»Nein, nicht.« Sie schloss die Augen, nutzte den Moment, um tief ein- und wieder auszuatmen. »Du weißt, dass ich es war.« Sie öffnete die Augen und sah ihn an. »Aber es ändert nichts. Dergleichen wird nicht
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