Hauch der Verfuehrung
hinabzusteigen. Gerrard wollte ihr folgen.
»Jacqueline, Liebes, ich warte hier auf dich.«
Gemeinsam mit ihr drehte sich Gerrard wieder um und blickte zu Millicent. Sie lächelte freundlich. »Ich habe bestimmt genug Durchhaltevermögen, um von hier aus zum Haus zurückzugelangen, aber das letzte Stück bis zum Strand könnte dann doch zu viel sein.«
»So ... gut. Wir gehen einfach hinunter und kommen dann zurück.«
Gerrard schaute zu Barnaby, der immer noch auf der Plattform neben Millicent stand.
»Nun«, sagte Barnaby, »da habe ich eine bessere Idee. Sie haben gesagt, der Weg beschreibt einen Bogen - trifft er wieder auf diesen hier?« Er deutete nach links.
Jacqueline runzelte leicht die Stirn. »Ja, sie vereinigen sich im Garten von Hermes und Diana zur oberen Aussichtsplattform, der einzigen, die wir noch aufsuchen müssen.«
Barnaby drehte sich zu Millicent um. »Warum gehen wir nicht dort entlang, genießen nach Belieben die Aussicht, und die beiden können zum Strand laufen und sich den Zyklop-Felsen anschauen, bevor sie auf der Aussichtsplattform wieder zu uns stoßen?«
»Aber wollen Sie sich den Zyklop-Felsen denn nicht aus der Nähe ansehen?«, erkundigte sich Millicent.
»Aber sicher.« Barnaby lächelte verwegen und senkte seine Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Aber ich ziehe es vor, ihn aus größerer Nähe zu bewundern, als Miss Tregonning dies bestimmt für klug hielte, und es wäre mir sehr unangenehm, meiner charmanten Gastgeberin Kummer zu bereiten.« Er sandte ihr ein unwiderstehliches Lächeln. »Ich komme später noch einmal her.«
Jacqueline wirkte verunsichert.
»Gehen Sie nur.« Barnaby machte eine auffordernde Handbewegung. »Ich spaziere mit Miss Tregonning weiter und fröne der Waldeslust.« Damit bot er Millicent seinen Arm. Sie gab auf und nahm ihn, erlaubte ihm, sie zu dem anderen Weg zu führen.
Jacqueline stand da wie angegossen und beobachtete sie mit zusammengezogenen Brauen.
Gerrard wartete einen Augenblick, dann berührte er sie am Arm. »Sollen wir?«
Sie zuckte nicht zusammen, aber als sie den Kopf wandte und ihre Blicke sich trafen, waren ihre Augen weit geöffnet. »Ja, natürlich.«
Sie hörte sich einen Hauch atemlos an. Seite an Seite gingen sie den sich zum Meer hin abfallenden Weg hinunter. Seine letzten Fragen nagten an ihm, aber er beschloss, sie lieber jemand anderem zu stellen - am besten vermutlich Millicent; dann würde er erfahren, was geschehen war, und nicht Jacqueline womöglich auf dem falschen Fuß erwischen. Was ihre Reaktion auf den Garten der Venus anging, so wusste er nicht recht, was genau los war, aber sie hatte ja gesagt, sie würden auf dem Rückweg dort vorbeikommen -da konnte er dann weitersehen.
Sie umrundeten die letzte Wegbiegung; die Brise vom Meer traf sie mit Wucht, zerrte an Jacquelines Sonnenschirm. Rasch klappte sie ihn zusammen; Gerrard wartete, bis sie den Verschluss einhakte, dann bot er ihr seinen Arm. »Es ist sicherer, wenn Sie sich an mir festhalten.«
Sie holte tief Luft, dann legte sie ihre Hand auf seine Armbeuge. Er spürte ihre Unsicherheit und zog sie näher an sich, aber jetzt, da sie ungeschützt am Strand standen, wüteten heftige Böen, pressten ihr das Kleid an den Körper. Sie war wirklich sicherer, wenn sie sich an ihn klammerte, in seinem Windschatten Schutz suchte.
Er wünschte sich, dass sie das täte. Die meisten jungen Damen würden die Gelegenheit, ohne zu zögern, ergreifen; stattdessen musste sie sich überwinden, an seiner Seite zu gehen, und hielt mehr als den züchtigen Abstand. Obwohl es ihm selbst nicht recht war, dass er sich ihrer sexuell so bewusst war, missfiel ihm ihre Vorsicht.
Sie erreichten die Felsenlinie oberhalb des abschüssigen Strandes. Am südlichen Ende der Bucht ragte der massige Felsen Zyklop aus den Wellen, seine zur See hingewandte Seite in Gischt gehüllt.
Gerrard blinzelte. »Ist das ein Felssims, das da entlangläuft?«
»Ja.« Jacqueline sprach lauter, um das Brausen der Brandung zu übertönen. »Es ist schrecklich gefährlich, wie Sie sehen können. Bei Nippflut kann man darauf entlanggehen und gelangt bis in die Höhle unter dem Spritzloch im Felsen, aber meist sind die Wellen zu hoch, und der Grund unter den Füßen ist zu unsicher.«
Er verließ den befestigten Weg, um besser sehen zu können. Einen Fuß auf einen großen Stein gestellt, musterte er den schmalen Vorsprung, schätzte die Maße. »Ich muss bei Sonnenuntergang herkommen.
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