Hauchnah
und hielt ihre Hand sanft, aber unbeugsam fest. Sie versteifte sich, wie schon bei seiner ersten Berührung.
Natalie riss sich los und schob beide Hände schützend unter ihre Oberschenkel. „Ich bin juristisch gesehen blind, aber nicht völlig blind. Noch nicht. Ich kann hell und dunkel unterscheiden. Kann oft sogar Umrisse erkennen.“
„Davon haben Sie Officer Munoz nichts erzählt. Es steht zumindest nicht in seinem Bericht. Warum nicht?“
Sie schluckte krampfhaft. Warum nicht? Weil es ihre Angelegenheit war und einen Fremden nichts anging. Weil sie nicht wollte, dass irgendwer, weder Officer Munoz noch dieser Mann vor ihr, ihre Schwäche kannte.
Eine Schwäche, die ausgenutzt werden konnte.
„Wie Sie schon festgestellt haben, habe ich oft im Licht der Öffentlichkeit gestanden. Die Presse weiß nichts von meinem … Zustand. Ich möchte, dass es so bleibt.“
Der Detective schwieg, dann atmete er hörbar aus. Natalie spürte die Luftbewegung Sekunden, bevor sein Atem ihr Gesicht streifte. Instinktiv drehte sie leicht den Kopf, als wollte sie den Kontakt erhalten.
„Okay. Also war der Grund dafür, dass Ihre Beschreibung von dem Angreifer in Officer Munoz’ Bericht so … vage … ausfällt, der, dass Sie …“
„Es war dunkel“, flüsterte sie. „Ich … ich befand mich im Dunkeln.“
Dieses Mal stieß er den Atem nicht aus, sondern hielt ihn an. Die sanfte Reaktion brachte ihn ihr mental näher. Vertrautheit hüllte sie unverhofft ein, als hätten ihre Worte sie beide plötzlich in genau die Dunkelheit versetzt, von der sie sprach.
Diese Art von Dunkelheit ängstigte sie nicht. Sie war vielmehr erotisch. Berauschend. Himmlisch. Im Geiste schmiegte sie sich an ihn. Verlockte ihn, sie in die Arme zu nehmen. Esließ ihre Brustwarzen hart werden, ihren Atem stocken und ein Sehnen zwischen ihren Beinen erwachen. Eine Glut wie von der Berührung heißer Finger überzog ihren Körper, nicht einfach nur warm, sondern heiß, und verbannte die Kälte, die im vergangenen Monat nicht von ihr hatte weichen wollen. In diesem intimen Umfangensein verlangte sie gierig nach mehr, drängte sich fester an ihn, wollte ihn in sich spüren, groß und hart und rücksichtslos, nicht bereit, zuzulassen, dass sie sich abwandte oder noch eine Sekunde länger versteckte …
„Ms Jones?“
Er hielt ihren Arm umfasst und schüttelte sie leicht. Fast im gleichen Moment nahm er die Hände weg, als hätte er sich an ihrer erhitzten Haut verbrannt. Und zwar nicht auf angenehme Art.
Natalie blinzelte heftig und löste sich aus ihrer Fantasie. Lieber Gott, was war in sie gefahren? Sex hatte sie nicht einmal sonderlich interessiert, als sie noch über ihre volle Sehkraft und Abenteuerlust verfügte. Sie versuchte die geistige Barriere zu errichten, die ihr half, die Ruhe zu bewahren. Die Ruhe, die sie schützte. Es gelang ihr nicht.
Verlegen räusperte sie sich. „Viel…vielleicht könnten Sie mir ein bisschen mehr erzählen. Wurde bei Lindsay Monroe auch eingebrochen? Wohnt sie hier in der Nähe?“
Nach kurzem Zögern redete er, aber nicht, um ihre Frage zu beantworten. Seine Stimme klang mild, doch seine Worte hatten eine besondere Härte. „Fotografieren ist vielleicht nicht mehr Ihr Beruf, aber Sie machen doch noch Fotos, oder?“
Sie biss sich auf die Unterlippe. War er absichtlich so grausam ? „Wie kommen Sie darauf?“
„Sie haben von blinden Fotografen gesprochen. Und Sie besitzen eine teure Ausrüstung.“
Offenbar hatte er das Schränkchen aus Massivholz an der Wand entdeckt, in das sie sich auf den Philippinen auf Anhieb verliebt hatte. Es war aus Mahagoni und mit Handgriffen aus Zinn und verschnörkelten Schnitzereien verziert und diente ihr zu Aufbewahrung sorgfältig abgelegter Fotos, nach Themengruppengeordnet mithilfe von geprägten Etiketten, deren Maßanfertigung sie ein kleines Vermögen gekostet hatte. Auf dem Schränkchen stand ein Computer samt übergroßem Monitor mit Vergrößerungsschirm. Die Anlage entsprach der Einrichtung in ihrem Büro. Wenn Natalie sich herabbeugte und die Nase an den Bildschirm drückte, konnte sie manchmal die kontrastierenden Ränder auf ihren Bildern erkennen, aber nur, wenn sie diese Ränder zuvor mit einem Fotobearbeitungsprogramm dunkler getönt hatte. Sie hatte noch eine kurze Galgenfrist bekommen, wusste jedoch, dass sie eines Tages auch diese Gnade einbüßen würde.
„Ich schätze, Sie benutzen sie immer noch zum …“, fuhr er fort und riss sie aus
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