Haunted (German Edition)
voller Wasser, einen aus Ästen hergestellten Schaukelstuhl und ein niedriges Holzbett mit einer selbstgenähten Steppdecke, die über die Matratze geworfen war. Es gab keine Lampen, aber durch die Risse im Fußboden sickerte von unten Licht durch, was alles noch älter und gruseliger aussehen ließ, als es ohnehin schon tat.
James wollte wieder hinunterklettern, aber es gab etwas, von dem er wusste, dass er es tun musste, und er zog sich durch die Falltür auf den Fußboden und stand auf. Das Licht von unten erzeugte an den Wänden und an der Decke seltsame Schatten, und zuerst dachte er, dass es das war, was bei ihm ein leichtes Schwindelgefühl hervorrief. Aber dann stellte er fest, dass sich etwas anderes in dem Zimmer bewegte. Er sah sich um und versuchte herauszufinden, was es war.
Der Schaukelstuhl.
Langsam, fast unmerklich schaukelte der Schaukelstuhl. Niemand saß darin, aber er schaukelte dennoch, wie ein Pendel schwang der Schatten des Rahmens inmitten der anderen an der Decke hin und her, hin und her. Das Holz knarzte, das einzige Geräusch in der Stille, abgesehen von seinem eigenen Atmen.
Er wollte um alles in der Welt vermeiden, an diesem Stuhl vorbeizugehen, aber es gab etwas, was er tun musste, und er nahm seinen Mut zusammen und lief nach vorn; obwohl er den Schaukelstuhl nicht ansah, konnte er dessen Bewegung in seinem peripheren Sichtfeld erkennen, und er konnte sie hören.
Knarz.
Er konzentrierte sich auf die Wand vor ihm, auf das rechteckige Brett, das er herausreißen müsste, um an das Geheimfach zu gelangen.
Knarz.
Dann war er an dem Schaukelstuhl vorbei und konnte ihn nicht länger sehen, nicht einmal in seinem peripheren Sichtfeld. Er hockte sich an die Wand, benutzte seine Faust, um gegen das Brett zu schlagen, und zog es weg, als es locker wurde. Er kniete sich hin und schaute in das Geheimfach.
Und drinnen sah er auf einem kleinen Erdhügel den blutigen Kopf seines Großvaters.
James wachte auf …
… zu Hause in seinem Zimmer.
Es war Nacht, es war dunkel, und er war verwirrt und desorientiert. Er sollte sich im Zimmer seiner Grandma befinden, und einen Moment lang dachte er, er träumte immer noch. Dann setzte er sich auf, spürte die vertraute Realität des Bettes unter ihm, erkannte in der Dunkelheit die Konturen seiner Filmposter an der Wand, roch den muffigen Geruch, den sein Zimmer manchmal hatte, wenn ihr Haus zu lange abgesperrt war, und er wusste, dass er wirklich wieder zu Hause war.
War er allein hier?
Der Gedanke jagte ihm Angst ein. Ihr Haus war gruselig genug, wenn alle zu Hause waren. Aber wenn er der Einzige hier war …
Vielleicht war das nur ein weiterer Traum.
Nein. Warum versuchen, sich etwas vorzumachen? Er wusste, dass es kein Traum war. Wie er hierhergekommen war und warum, das konnte sich James nicht erklären. Er wusste nur, dass er so schnell wie möglich aus dem Haus verschwinden musste. Er hatte seinen Pyjama an und trug keine Schuhe, aber obwohl er noch ein paar Klamotten in seinem Schrank hatte und wahrscheinlich ein altes Paar Turnschuhe finden könnte, wollte er keine Zeit verschwenden, danach zu suchen. Er musste jetzt von hier weg, und er sprang aus dem Bett, rannte durch die Dunkelheit, den Flur entlang, die Treppe hinunter, zur Haustür …
Und konnte sie nicht öffnen.
Er drehte das Schloss herum, wackelte am Türgriff, zog so fest, wie er konnte, aber egal was er tat, die Tür würde sich nicht bewegen.
Links von ihm ging ein Licht an, und die Plötzlichkeit erschreckte ihn. Er schaute nach links, ins Wohnzimmer. Eine einzige Lampe war eingeschaltet, und sie strahlte nur einen einzigen Bereich der Wand an, sie beleuchtete, was das eingerahmte Vincent-van-Gogh-Poster seiner Mom aus dem Los Angeles County Museum of Art hätte sein sollen.
Hätte sein sollen … aber das war es nicht.
Denn in dem Rahmen war ein Riesenbild der alten Jungfer, eine Poster-Version der gefürchtetsten Karte in diesem schrecklichen Spiel, und sie starrte ihn direkt an, mit finster dreinblickenden Augen, einem grinsenden Mund, eine Gegenüberstellung, die sie völlig geistesgestört aussehen ließ.
Von irgendwoher kam ein leises Geräusch, konstant, abgehackt und schrill, und er brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass es aus dem Bild kam.
Und dass es sich um ein Lachen handelte.
Als er hinsah, fing die alte Jungfer an hin und her zu schaukeln, und ihre finster dreinblickenden Augen hellten sich auf, ihre Augenbrauen zogen sich hoch, bis sie
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