Hauptsache Hochzeit
nie besonders große Erwartungen gehabt an die Liebe – offen gestanden, hatte ich ohnehin nie damit gerechnet, dass es sie gab, und mich bereits mit einem Single-Leben abgefunden. Aber Untreue, eine verlogene Ehe? Das würde ich nicht hinnehmen. Nie und nimmer.
»Also doch Rache?«, fragte Mick, dem es jetzt endlich gelang, den Blick von Ivanas Dekolletee zu lösen. »So aus dem Stand heraus würde ich vorschlagen, dass wir sein Auto zerkratzen, eine Annonce in der Zeitung schalten und verkünden, dass sein bestes Stück eher klein geraten ist, eine Website designen, in der man ihn als totale Niete darstellt, äm …« Er legte angestrengt die Stirn in Falten. »Mit dem besten Freund schlafen hatten wir schon, oder?«
Sean nickte.
»Man könnte auch noch seine Identität verkaufen. Das hat eine Frau mit ihrem Mann gemacht. Sie hat einfach seinen Ausweis weggegeben und alle anderen persönlichen Dokumente. Ein paar Monate später ist er wegen Betrug verhaftet worden!«
Ich sah Mick fassungslos an. »Ich möchte nicht, dass Max verhaftet wird.«
Er zuckte leicht gekränkt die Achseln. »Der Mann kam aber nicht ins Gefängnis oder so. Sie haben alles aufgeklärt und gemerkt, dass er die Tat nicht begangen hatte. Aber er hat einen ordentlichen Schreck gekriegt. Ich dachte, du wolltest dich rächen.«
»Nein«, entgegnete ich und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
»Aber die Frage war doch, ob du ihn zurückhaben oder dich rächen möchtest, und da du ihn offenbar nicht zurückhaben willst …«
»Nein!«, sagte ich und stand auf. »So war das nicht gemeint. Ich habe lediglich gesagt, dass ich ihn nicht zurückhaben will, wenn er eine Affäre hat. Ich will mich nicht rächen. Ich will … ich will …« Ich ließ meine Augen mit irrem Blick durch den Raum schweifen. »Ich will, dass das alles einfach nicht mehr da ist.«
Ich wischte mir Tränen aus den Augen und setzte mich wieder. Leider quollen weitere Tränen hervor, und ich schlug die Hände vors Gesicht. Dann kam auch noch das Schluchzen, erst gemäßigt, aber dann ziemlich zügellos. Mein Körper wurde von den Schluchzern geschüttelt, und meine Hände waren völlig verrotzt.
»Was ist mit Gellt?«, fragte Ivana plötzlich.
Ich schaute sie schniefend an. »Welches Geld?«
»Dein Gellt«, antwortete sie ungeduldig. »Hast du es?«
Ich nickte. »Natürlich.«
»Wo hast du es?«
»Auf unserem Konto.«
»Deinem Konto?«
»Unserem gemeinsamen Konto«, murmelte ich kläglich. Dieses Konto war ursprünglich Max’ Konto gewesen, aber er meinte, wir sollten doch unsere Einkünfte beide darauf einzahlen und sie uns teilen. Das Problem dabei war aber, dass er etwa fünfmal so viel wie ich verdiente, weshalb mir diese Lösung nicht gerecht vorkam. Weshalb ich mich entschloss, das Geld aus Grace’ Erbe, das ich nicht beiseitegepackt hatte, auf dieses Konto zu transferieren. Max wollte das nicht und meinte, ich solle es doch irgendwo anlegen, aber das wollte wiederum ich nicht. Es sollte gerecht zugehen, fand ich, und wir sollten beide gleiche Rechte haben.
Gleiche Rechte. Pah. So viel dazu.
»Ah.« Ivana schnalzte mit der Zunge.
»Ah was?«
»Dissmal vielleicht er dich heirratet wegen Gellt. Ich denke, besser Gellt auf dein eigen Konto tun.«
»Gott, daran hatte ich noch gar nicht gedacht«, äußerte Helen beunruhigt. »Ivana hat recht, Jess. Du musst das Geld wirklich aus diesem Konto rausziehen. Unbedingt.«
»Max hat doch kein Interesse an meinem Geld«, widersprach ich indigniert. »An anderen Frauen offenbar schon. Aber nicht an meinem Geld. Er hat selbst genug.«
»Dann es macht imm nichts aus, wenn du rausnimmst«, erwiderte Ivana triumphierend. Als sie meine Miene sah, zuckte sie die Achseln. »Du musst denken an dich selbst. Wir sintt deine Freunde, ja?«
»Freunde?«, sagte ich zu hastig und sah Ivanas gekränkten
Gesichtsausdruck, bevor sie den Blick abwandte. »Kumppel vielleicht«, fügte sie dann nüchtern hinzu. »Oder so wass.«
»Nein, nein, ich … du hast vollkommen recht«, sagte ich. »Ihr seid meine Freunde. Und … danke dafür, dass ihr an mich denkt.«
»Istt schon gutt«, erwiderte Ivana mit einer wegwerfenden Handbewegung und betrachtete dann eingehend ihre Fingernägel.
»Mach das jetzt sofort«, sagte Helen und stellte ihren Laptop auf den Tisch.
Widerstrebend klappte ich ihn auf, schaltete den Rechner ein und öffnete Schritt für Schritt mein Konto bei der Bank.
»Ich mache das nur, weil es sich
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