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Hauptsache Hochzeit

Hauptsache Hochzeit

Titel: Hauptsache Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Townley Gemma
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Umschläge gesteckt hatte; sie mussten nur noch frankiert und abgeschickt werden. Trübsinnig schaute ich den ganzen Stapel durch, las die Namen der Leute, die beinahe an unserer Hochzeit teilgenommen hätten. Zehn davon waren meine Freunde, vierzig kamen von Max; ich wusste, dass Max die Liste absichtlich klein gehalten hatte, damit ich mich nicht schlecht fühlte, weil ich so wenige Freunde und überhaupt keine Verwandten vorzuweisen hatte. Er war der einzige Mensch, mit dem ich je darüber gesprochen hatte, wie es gewesen war, ohne Eltern aufzuwachsen, nur mit einer Großmutter, die mich nicht bei sich haben wollte. Ich war gerade bei ihr zu Besuch gewesen, als meine Mutter bei einem Autounfall ums Leben kam, und so war meine Großmutter quasi gezwungen gewesen, sich um mich zu kümmern. Andernfalls hätte sie mich womöglich gar nicht erst aufgenommen. Und da meine Mutter selbst ein Einzelkind gewesen war und ihr den Namen meines Vaters nie verraten hatte, war meine Großmutter eben meine einzige Verwandte gewesen. Aber auch sie lebte inzwischen nicht mehr.
    Von Max abgesehen hatte ich also keine Familie. Und nun war ich ganz alleine.
    Ich schaute auf die Liste und spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen bei dem Gedanken an die Hoffnung und Freude, die ich bisher empfunden hatte, und an alles, was ich nun verloren hatte. Dann ließ ich die Einladungen fallen wie glühende Kohlen. Er hatte mich betrogen. Max hatte mich betrogen, und es würde keine Hochzeit
geben und keine Hoffnung, nie wieder. Ich rannte aus dem Zimmer, zog meinen Mantel an, legte den Schlüssel auf den Tisch an der Tür und griff nach meinen Taschen.
    Aber es stimmte nicht, dass ich ganz allein war. Helen war ja da. Giles auch. Vielleicht sogar Ivana. Und jeder von ihnen war fünfmal mehr wert als Max. Zehnmal mehr. Zwanzigmal. Ich lief nach draußen und winkte ein Taxi herbei. Und ließ mich zu der einzigen Adresse chauffieren, die mir in dieser Lage einfiel: zu der Bude, in der Helen und ich jahrelang gemeinsam gehaust hatten und in der sie derzeit alleine umherirrte, sofern man in einer Zweizimmerwohnung umherirren konnte, die noch kleiner war als eine durchschnittliche Einzimmerwohnung.
     
    Ich fuhr nach Hause.

Kapitel 6
    »Jetzt erzähl doch noch mal genau, was passiert ist.«
    Helen und ich saßen auf ihrem Sofa. Unserem Sofa. Wir hatten es damals für 100 Pfund bei Ikea gekauft, in der Woche, nachdem ich meine Stelle bei Milton Advertising bekommen hatte. Ich blickte kläglich unter mich und erzählte die ganze Geschichte noch einmal, angefangen von dem seltsamen Handyanruf über meine Fahrt zur St. John’s Wood Road nach Ivanas Hinweis bis zu Max’ Aussage, dass er mit einem langweiligen Kunden zu Mittag gegessen habe und nicht bei einer Frau, die ihr Haar in einem kunstvollen Chignon-Knoten trug.
    Den Teil verabscheute ich am meisten. Ich war so ganz und gar nicht der Chignon-Typ. War ich nie und würde ich auch nie werden. Und ich hatte auch nicht geglaubt, dass Max etwas für diesen Typ Frau übrighätte.
    »Und er war es ganz bestimmt? Ich meine, du bist dir absolut sicher?«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. »Jetzt klammerst du dich aber wirklich an Strohhalme. Ich denke, ich weiß, wie Max aussieht.«
    »Ich weiß, ich weiß«, seufzte Helen. »Es ist nur so … unfassbar.«
    Ich nickte. »Und das macht es ja grade noch schlimmer.«
    »Genau«, erwiderte Helen. »Ich meine, wenn man jemandem wie Max nicht vertrauen kann, dann …«

    »Dann können wir alle Männer vergessen. Verstehst du jetzt, weshalb ich immer so zynisch war im Umgang mit Beziehungen? Aus diesem Grund. Weil genau so was immer wieder passiert; meiner Mutter ging es ja genauso. Meine Großmutter hat mich immer vor romantischen Gefühlen gewarnt, und nun schau dir an, wie die Sache endet.«
    Helen zog die Augenbrauen hoch. »Es kann nicht sein, dass wir alle Männer vergessen müssen.«
    »Triffst du dich noch mit Sam?«, fragte ich.
    Sie zuckte zusammen. »Er hat seine Ex-Freundin zu dem Wochenende in der Champagne eingeladen. Kannst du dir das vorstellen?«
    Ich legte ihr den Arm um die Schultern. »Das kriegt er vermutlich eh nicht«, antwortete ich düster. »Weil ich nämlich den Champagner abbestelle.«
    »Na toll«, sagte Helen trübsinnig. »Jetzt fühl ich mich echt besser.«
    Ich lehnte mich zurück. »Und was soll ich jetzt machen?«
    »Was meinst du?«
    »Soll ich die Hochzeit absagen? Oder Max’ Anzüge zerschneiden? Oder fange ich irgendwo

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