Hauptsache Hochzeit
hatte. Jetzt betrachtete er mich mit besorgtem und ängstlichem Blick. Dennoch durfte ich ihm die Wahrheit nicht verhehlen. Die Sache musste endgültig geklärt werden.
»Frag doch Hugh«, sagte ich zu Chester. »Er wird dir schon alles sagen.«
»Genau das werde ich tun«, entgegnete Chester zornig. »Ich werde ihn fragen, wer die undichte Stelle war, und dann werd ich mir überlegen, was ich mit demjenigen anstelle. Diese miese Ratte. Dieser kleine…« Er hackte eine Nummer in sein Handy und stellte es auf Lautsprecher. Wir alle hörten das Freizeichen, und ich versuchte, mich innerlich zu wappnen.
»Hugh Barter.«
Max starrte Chester an; die Spannung im Raum war so extrem, dass man sie förmlich mit Händen greifen konnte.
»Hugh, hier spricht Chester.« Irgendwie gelang es Chester, entspannt und geradezu gut gelaunt zu klingen.
»Ah, Chester, gut, dass Sie anrufen. Ich hab erfreuliche
Neuigkeiten. Kennen Sie eine Band namens Bananarama?«
»Wie?«
»Tolle Band. Von früher. Und eine von den Frauen hat jetzt gesagt, dass sie vielleicht die Handtasche …«
»Hören Sie auf mit diesem Scheiß, Hugh«, unterbrach ihn Chester, jetzt wieder mit eisiger Stimme. »Sie haben uns an Advertising Today verraten, nicht wahr?«
Am anderen Ende herrschte Schweigen. »Ich weiß ja nicht, mit wem Sie geredet haben, Chester«, sagte Hugh schließlich, »aber …«
»Sagen Sie mir einfach: haben Sie Advertising Today von der geplanten Übernahme erzählt, ja oder nein?«
Wieder Schweigen. Dann: »Ja.«
Chester nickte. »Und woher wussten Sie davon?«
Mir blieb fast das Herz stehen. Max sah mich an, Chester meine Mutter, und meine Mutter und ich starrten auf das Handy, als hinge unser Leben davon ab.
»Esther Short. Ihre… Verlobte«, antwortete Hugh schließlich leise. »Ich wollte an Sie rankommen und habe Esther dazu benutzt. Sie wollte mit Sicherheit nichts ausplaudern.«
»Und Jessica? Sie hat Ihnen nichts erzählt? Haben Sie mit ihr geschlafen?«
»Jessica Wild? Das soll wohl ein Witz sein. Sie ist in einer Bar eingeschlafen, und ich habe sie zu mir nach Hause gebracht, aber da ist absolut gar nichts passiert. Gott, nein. Ich mag ja so getan haben, als ob… Ich hab mich nur ein bisschen über sie amüsiert, das war alles. Hab sie ein bisschen schwitzen lassen. Alles ganz harmlos.«
»Harmlos?« Max wollte sich auf das Handy stürzen, aber Chester hielt ihn von sich weg.
»Und Jess hat Ihnen nichts erzählt?«
»Jess war überhaupt nicht mehr klar genug im Kopf, um mir irgendwas zu erzählen. Sie hat ohnehin die ganze Zeit nur über den blöden Max Wainwright geredet. Ich fand sie furchtbar langweilig, um ehrlich zu sein.«
Langweilig? Ich war langweilig? Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich mich über eine Beleidigung so gefreut. Ich hatte nicht mit Hugh geschlafen. Ich hatte ihm nichts verraten.
Unwillkürlich sah ich meine Mutter an. Sie dagegen … Mich schauderte innerlich. Sie hatte die ganze Zeit Bescheid gewusst und kein Wörtchen verlauten lassen. Um sich selbst zu schützen, hatte sie Max und mich leiden lassen.
»Es tut mir leid, Chester«, sagte Hugh jetzt. »Die ganze Chose ist irgendwie aus dem Ruder gelaufen, muss ich sagen.«
»Es tut Ihnen leid?« Jetzt wurde Chester bleich. Einen Moment lang sah er so geschwächt aus, als würde er gleich zu Boden sinken. Doch dann stand er auf. »Sie werden das noch bereuen«, sagte er ins Handy und beendete das Gespräch dann. »Und du packst dein Zeug und verlässt mein Haus«, sagte er gefährlich leise zu meiner Mutter. »Jetzt sofort. Wenn ich heute Abend nach Hause komme, bist du weg, verstanden?«
Meine Mutter nickte. »Ja, Liebster. Es tut mir leid. Es tut mir so …«
»Ich bin nicht dein Liebster«, versetzte Chester kalt. »Zieh Leine.«
Max sah mich verwirrt an. »Aber ich dachte, du hasst deine Mutter. Wieso wolltest du sie dann schützen?«
Meine Mutter sah mich an, und ich antwortete unbehaglich: »Ich hasse sie nicht. Ich …«
»Wir waren nicht immer einer Meinung«, äußerte meine Mutter, ohne den Blick von mir zu wenden. »Das heißt aber noch lange nicht, dass wir uns nicht lieben. Die Mutter-Tochter-Bindung ist sehr stark, nicht wahr, Jess?«
»Ach ja?« Ich wusste gar nicht mehr, was ich denken sollte.
»Ich kann das alles immer noch nicht fassen«, sagte Max, stand auf und trat zu mir. Ich erhob mich auch, und er nahm mich in die Arme. »Ich wusste, dass es nicht wahr sein konnte«, murmelte er an meinem Hals.
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