Hauptsache Hochzeit
Wahrheit, und das weißt du auch«, wandte meine Mutter ein.
Ich starrte sie verständnislos an. »Doch, natürlich.«
»Nein.« Sie wirkte so entschieden, wie ich sie noch nie erlebt hatte. »Nein, Jessica, ich werde nicht mehr länger zulassen, dass du mich in Schutz nimmst.«
»In Schutz nehmen?« Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete. »Das tu ich doch gar nicht. Hör zu, Mam, halt dich da einfach raus. Ich verschwinde jetzt. Ich habe genug Menschen geschadet, und ich werde das Feld räumen.«
»Du hast doch gar niemandem geschadet«, erwiderte meine Mutter leise, aber bestimmt. »Das war ich, und das weißt du auch.«
»Was?« Jetzt kapierte ich gar nichts mehr. »Was weiß ich?«
»Ja, was hast du denn getan?«, fragte Chester verunsichert. »Was redest du da, Esther?«
»Ich meine dieses dumme kleine Techtelmechtel mit Hugh Barter«, verkündete meine Mutter und warf Chester einen reuevollen Blick zu. »Es war eine verrückte Idee, Liebster – er ist ein junger Mann, und ich fühlte mich geschmeichelt, ich konnte nichts dagegen tun. Wir haben geflirtet, ich habe zu viel getrunken und zu viel geredet …«
»Du?« Chester riss die Augen auf. »Was soll das heißen? Du und Hugh Barter ?«
»Sie lügt«, warf ich ein. »Hör nicht auf sie.«
»Nein, Liebling, im Gegenteil: alle sollen mir genau zuhören.« Meine Mutter sah mich bedeutungsvoll an. »Ich bin deine Mutter, und ich werde nicht zulassen, dass du für mich den Kopf hinhältst.«
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Du und Hugh Barter?«, fragte ich mit ausdrucksloser Miene. »Na klar. Und wo wollt ihr euch begegnet sein? Ihr habt euch wohl rein zufällig in einer Bar kennen gelernt, wie?«
Sie reagierte nicht, sondern wandte sich an Chester. »Erinnerst du dich noch an den ersten Abend, als du mich ausgeführt hast? An dem Tag, an dem wir uns kennen gelernt haben?«
Chester nickte stumm. Er war bleich und sah aus, als hätte es ihm komplett die Sprache verschlagen.
»Ihr seid an dem Tag ausgegangen, als ihr euch kennen gelernt habt?«, fragte ich erstaunt. »Das hast du mir gar nicht erzählt.«
»Ich erzähle dir ja auch nicht alles, Schatz«, erwiderte meine Mutter und sah dann wieder Chester an. »Weißt
du noch, wie Hugh Barter dich im Restaurant ansprach? Und dir sagte, falls du jemals einen einflussreicheren Partner als Milton Advertising bräuchtest, solltest du dich an ihn wenden? Er hat doch versucht, dir seine Visitenkarte zu geben, erinnerst du dich?«
Chester nickte. »Ich habe sie nicht angenommen«, sagte er leise.
»Nein.« Meine Mutter lächelte. »Du nicht. Aber später hat er sie mir gegeben. Als ich von der Toilette zurückkam. Er sagte, ich sei ein wahr gewordener Traum für ihn. Und ich habe ihm geglaubt.«
»Du… du und Hugh Barter?«, keuchte Chester. »Ist das wahr?«
»Nur eine Nacht«, erwiderte meine Mutter und biss sich auf die Lippe. »Wir beide waren ja noch nicht wirklich zusammen. Zumindest wusste ich nicht… mir war nicht klar, was du im Sinn hattest. Hugh hat mich in seine Wohnung in Kensington eingeladen. Er gab mir das Gefühl, wieder jung zu sein. Ich habe mich sehr dumm benommen, Chester.«
»Du hast mit ihm geschlafen?« Chesters Stimme klang schlagartig eiskalt. »Du hast mit ihm geschlafen und dann… hast du mein Vertrauen missbraucht und bei diesem Typen Sachen ausgeplaudert? Bei dieser Ratte?«
»Nein, nein, das hat sie nicht getan«, warf ich ein.
»Doch«, erwiderte meine Mutter fest. »Es ist meine Schuld, Jessica, nicht deine. Max, Jessica hat nicht die Wahrheit gesagt, weil sie mich decken wollte, aber das lasse ich nicht zu. Chester, Liebster, Hugh stellte mir ständig irgendwelche Fragen, und ich hatte nicht gedacht, dass die ganze Sache so geheim sei. Ich hatte ja gehört, wie du am Telefon darüber gesprochen hast. Mir
war nicht klar, dass die ganze Sache so enorm wichtig ist.«
»Dann warst du es doch nicht, Jess? Dann hast du gar nicht mit Hugh geschlafen? Oh, Gott sei Dank.« Max stieß erleichtert die Luft aus.
»Es tut mir so leid, Chester«, flüsterte meine Mutter und trat mit ausgestreckten Armen auf Chester zu. »Es tut mir wirklich schrecklich leid.«
»Leid?« Chester wandte sich ab. »Ich glaube nicht, dass es dir leid tut. Ich glaube dir einfach nicht.«
»Du solltest ihr auch nicht glauben«, warf ich ein, nun völlig verwirrt. »Sie lügt. Es kann gar nicht anders sein.«
Ich sah Max an, der noch Sekunden zuvor unendlich erleichtert gewirkt
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