Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
Vom Netzwerk:
und wedelte mit einem braunen Briefumschlag im Wind. »Er is da! Komm! Guck mal! He! Elly Maaayyy!« Als er auf den Hof lief, schlitterten seine Schuhsohlen über den harten Boden. »Lady!«
    Der Boden um das Haus war festgetrampelt, von Füßen festgetreten, fester noch von den Regengüssen und wiederum fester von dem seifigen Spülwasser, das sich aus Wannen und Eimern ergoss. Auf dem Schmutz im Hof lag eine seifige Schicht aus weißlichem Wachs, an einigen Stellen war sie mehrere Zentimeter tief in die Erde gesickert. Als Ella May zwei leere 20-Gallonen-Sahnekannen über den Hof schleppte, stieg ihr der strenge Geruch von Säuren und Laugen in die Nase.
    »Puh.« Sie warf einen finsteren Blick auf die Sonne, dann über die Sahnekannen hinweg auf Tike und schließlich auf das Haus. »Stinkendes altes Loch.«
    »Guck mal.« Tike drückte ihr den Umschlag in die Hand. »Wird nich mehr lang stinken.«
    »Wieso? Wieso soll sich das alles plötzlich ändern? Hmmm?« Sie betrachtete den Brief. »Hmmmm. US-Ministerium für Landwirtschaft. Mmmmm. Mach schon. Wir müssen noch vier Kannen von der Windmühle holen. Habse grad ausgewaschen.«
    »Guck doch mal rein.« Er folgte ihr zur Mühle und legte sein Kinn auf ihre Schulter. »Nun mach schon auf.«
    »Schnapp dir zwei Sahnekannen, Mann.«
    »Guck dir den Brief an.«
    »Ich werd meine Arbeit nich unterbrechen, nur um irgend n Brief von irgendwem zu lesen, schon gar nich vom Landwirtschaftsministerium. Außerdem hab ich ganz nasse Hände. Schnapp dir die beiden Kannen da und hilf mir, sie auf die alte Bank am Küchenfenster zu wuchten.«
    »Küchenfenster? Wir haben doch nich mal ne Küche.« Tike packte zwei der Kannen an den Henkeln und trug sie neben ihr her. »Küche. Blödsinn.«
    »Ich tu halt so, wie wenn’s meine Küche wär.« Unter dem Gewicht der Kannen wurde ihr Rücken krumm. »Mehr Küche is für uns sowieso nich drin.« In ihrer Stimme schwang ein kleiner Seufzer müder Traurigkeit mit. Sie verstummte, und nur noch das Geräusch ihrer Schuhsohlen auf dem harten Boden war zu hören und über allem der ewige Schrei des Windes: »Huuuuiii.«
    »Schwer? Lady?« Er lächelte sie von der Seite an und behielt den Brief im Auge, der in ihrer Schürzentasche steckte.
    Der Wind war heftig genug, um ihr Kleid bis über die Knie hochzuwehen.
    »Hör auf, mich so anzustarren, Mann.«
    »Ha ha.«
    »Du siehst doch, dass ich mit den Kannen genug zu tun hab. Ich kann nichts dafür. Ich kann’s nich runterziehen.«
    »Eintritt frei. Eintritt frei«, sang Tike in die weite Welt hinaus, als der Wind ihm Ellas nackte Schenkel zeigte.
    »Du gemeiner Kerl, du.«
    »He, Kühe, Pferde, Möpse, Schweinchen. Eintritt frei. He.«
    »Fies. Ordinär.«
    »Hierher, Shep. Hierher, Ring. Putt putt putt, Hühnchen. Miez miez miez, miiiaaauuu. Miiiaaauuu. Blase, Wind, blase! Da hab ich mir ne Frau angelacht, und sie will nich mal, dass ich ihre Beine seh! Blase!« Er bohrte den rechten Ellbogen in ihre linke Brust.
    »Tike.«
    »Blaaase!«
    »Tike! Hör auf. Blödmann. Schwachkopf.«
    »Blaaaase!« Scheppernd hob er seine beiden Kannen auf die Bank. Um höflich zu sein, langte er auch nach ihren Kannen, wollte sie hochstellen, doch Ella machte eine Bewegung zur Seite.
    »Du bist richtig vulgär. Du hast ne schmutzige Fantasie. Du bist so ziemlich der fieseste, ordinärste, nichtsnutzigste Mann, den ich mir zum Heiraten hätte aussuchen können! Mich so anzustarren. Mich so aufzuziehen. Genau das bist du nämlich. Ein gemeiner Neckbolzen. Lass das! Ich stell meine Kannen selbst auf die Bank.« Sie hob ihre Kannen an.
    »Lady.« In seinem Grinsen war der höllische Teufel.
    »Lass das. Komm mir bloß nich mit Lady.« Ihr Gesichtsausdruck wechselte von zaghaftem Lächeln zu tiefem und zärtlichem Schmerz, einem Schmerz, der älter war, einem Schmerz, der größer war als sie selbst. »Das Haus is genauso morsch und vermodert wie die alte Bank da. Irgendwann wird das Fliegengitter einfach verrotten und in tausend Stücke zerfallen.«
    »Lass es zerfallen.« Tike verkniff sich ein Lachen.
    »Der Fensterrahmen is so verfault, dass kein Nagel mehr hält.« Tränen traten ihr in die Augen, sie biss sich auf die Oberlippe und schluchzte: »Hab versucht, den Fliegendraht mit Reißzwecken festzumachen, um die verdammten Fliegen draußen zu halten, aber die kommen einfach weiter rein, weil das Holz so morsch is, dass die Reißzwecken in weniger als zwanzig Minuten rausgefallen sind.«
    Tike machte ein

Weitere Kostenlose Bücher