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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
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sich über sie beide, über die ganze Farm lustig machte, die über den alten Kuhstall spottete, über den eisernen Wassertank höhnte, sich über alle Häuser in Sichtweite lustig machte. »O jaaaaa. Wenn wir n Stück Land hätten, könnten wir uns n wunderschönes Haus aus Erde bauen. Aber. Na ja. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.«
    »Da beißt sich die Katze« – er sah zum Himmel hinauf, dann auf seine Schuhspitzen – »in den Schwanz.«
    Ella verwandelte sich in eine Predigerin und ging vor Tike auf und ab, hin und her. Sie legte die Hände auf ihre Brüste, fuchtelte mit den Armen, boxte den Wind mit den Fäusten und schrie: »Warum muss es immer was geben, was einen umhaut? Warum is dieses Land voller Sachen, die man nich sehen kann, voller Sachen, die einen umhauen, umstoßen, umschmeißen und einem die letzte Hoffnung rauben? Warum muss mich, sobald ich auf ein kleines Dies oder ein kleines Das hoffe, immer, aber auch immer diese irrwitzige Dieberei umhauen? Ich will mich nich mehr so behandeln lassen, keinen Zollbreit mehr. Nich ne Minute länger, nich ne Sekunde länger. Mein ganzes Leben lang hab ich nie auch nur n Fitzelchen mehr verlangt, als was ich brauchte. Nie wollte ich das Land oder das Leben anderer Leute besitzen, beherrschen oder bestimmen. Nie hab ich mich nach was anderm gesehnt als nach ner anständigen Chance zu arbeiten, nem anständigen Ort zum Wohnen und nem anständigen, ehrlichen Leben. Warum gelingt uns das nicht, Tike? Sag’s mir. Warum? Warum können wir nich genug Land haben, um drauf zu arbeiten? Warum können wir nich genug Land haben, um’s zu bestellen und wie Menschen davon zu leben? Warum nich?«
    Tike setzte sich in die Sonne und kreuzte die Füße unter sich. Er buddelte in dem seifigen Spülwasserdreck und sagte: »Ich weiß es nich, Lady. Bei den Menschen isses immer jeder gegen jeden. Sie belügen sich, sie betrügen sich, sie rennen und pirschen und hehlen und stehlen und zählen und schummeln, und dann schummeln sie noch mehr. Ich hab mich schon immer gewundert. Ich weiß es nich. Is einfach jeder gegen jeden. Mehr weiß ich nich.«
    Sie setzte sich vor ihn und legte ihren Kopf in seinen Schoß. Und wieder spürte er die nassen Tränen auf ihren Wangen. Und sie schniefte und fragte ihn: »Warum muss es ein Kampf jeder gegen jeden sein? Warum können wir nicht leben und leben lassen? Warum können wir nicht arbeiten und arbeiten lassen? Jeder gegen jeden! Jeder gegen jeden! Ich hab’s satt, ich bin’s leid, mir is schlecht im Magen und schlecht in der Seele von diesem Kampf. Jeder gegen jeden!«    
    »Nich schlechter als wie mir, Lady. Aber schnauz mich nich an. Ich hab’s nich angefangen. Ich kann’s nich beenden. Nich ich allein.« Er legte die Hände auf ihren Hinterkopf.
    »Ach, ich weiß doch. Das mein ich ja auch gar nich.« Sie blies ihren warmen Atem auf seinen Overall, richtete sich auf und sah ihn an.
    »Was meinst du nich?«
    »Dass du schuld dran bist, dass alle so diebisch und gemein sind. Ich glaub nich, dass du allein Schuld hast. Ich glaub auch nich, dass ich allein Schuld hab. Aber ich glaub, in Wirklichkeit sind wir beide schuld.«
    »Wir? Ich? Du?«
    »Ja.« Sie schüttelte den Kopf, während er mit ihrem Haar spielte. »Das glaub ich. Das glaub ich wirklich.«
    »Hmmm.«
    »Wir sind schuld, weil wir zulassen, dass sie uns bestehlen«, sagte sie.
    »Wir lassen es zu? Wir haben sie dazu gebracht, zu stehlen?«
    »Ja. Wir sind schuld, dass sie uns bestehlen. Einen Penny hier. Einen Nickel da. Einen Dime. Einen Vierteldollar. Einen Dollar. Wir waren bequem. Wir waren gutmütig. Wir wollten kein Geld nur um des Geldes willen. Wir wollten nicht das Geld von andern Leuten, wenn die drauf verzichten mussten. Für n Penny hier haben wir über den Ladentisch gelächelt. Für n Nickel da haben wir durch die Gitterstäbe des Bankschalters gelächelt. An unsrer Haustür haben wir ihnen n Vierteldollar gegeben. Auf der Straße haben wir ihnen Geld gegeben. Wir haben ihre Verträge unterschrieben. Wir wollten kein Geld, also haben wir kein Geld gestohlen, und wir haben sie verwöhnt, wir haben sie verhätschelt, wir haben sie bei Laune gehalten. Wir haben zugelassen, dass sie uns bestehlen. Wir wussten, dass sie uns am Wickel hatten. Wir wussten es. Wir wussten Bescheid, wenn sie uns jeden kleinen roten Cent abgenommen haben. Wir wussten es. Wir wussten Bescheid, wenn sie die Preise raufgesetzt haben. Wir wussten Bescheid, wenn sie den Lohn

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