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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
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trauriges Gesicht, doch bevor sie ihm den Blick zuwenden konnte, gab er sich mit dem Handrücken eine Ohrfeige. Das brachte ihn immer zum Lächeln, ob er nun froh war oder traurig. »Lass es verfaulen, Lady.« Er stemmte die Hände in die Hüften, trat einen Schritt zurück und besah sich das Haus. »Schätze, wenn’s verfault sein will, hat’s n Recht, verfault zu sein, Lady. Bei allen goldnen Brummern und Rammlern! Denk dran, wie viele Kinder die alte Hütte schon großgezogen hat. Da wär ich auch ganz klapprig und krummbeinig und verbogen und durchgesackt und verfallen und würd auch in der Mitte schwanken, wenn ich auf so nem kleinen Fleck gestanden hätt wie die kleine alte Hütte, und das zweiundfünfzig Jahre lang. Lass sie verfaulen. Verfaul doch! Verrotte! Stürz ein! Kipp um! Krach zusammen! Du kleines, verrottetes, pissegetränktes altes Miststück, du! Fall um!« Seine Stimme wechselte von gutmütigem Spott zu Worten rasender Wut. »Stirb! Fall um! Verrotte!«
    »Wie ich es hasse.« Sie trat zurück und stand jetzt dicht vor ihm. »Ich arbeite mir Hände und Finger wund, Tike, aber ich krieg’s einfach nich sauber. Es wird jeden Tag dreckiger.«
    Tikes Hände wanderten zu ihren Brustwarzen, während er sie auf den Nacken küsste und an ihren goldenen Ohrringen knabberte. Seine Finger rieben erst ihre Brüste, dann ihren Bauch. Dabei zog er den Brief aus ihrer Schürzentasche. »Lesen wir jetzt den kleinen Brief?«
    »Hmh? Schau dir die armen, alten, vergammelten Bretter an. Man kann richtig sehen, wie sie Tag für Tag weiter verrotten und verfallen.« Sie lehnte sich an seine Gürtelschnalle.
    Er legte die Arme um sie und drückte sanft und leicht ihre Brüste. Während sie beide dastanden und sich umsahen, legte er sein Kinn auf ihre rechte Schulter und roch an ihrem Hals und an ihren Haaren.
    »Landwirtschaftsministerium«, las sie auf dem Umschlag.
    »M-m.«
    »Ach, ein kleines Buch. Mal sehen. Farmer’s Bulletin , Nummer tausendsiebenhundertundzwanzig. Mm-hmm.«
    »Jawohl, Ma’am.«
    »Die Verwendung von Adobe bzw. luftgetrockneten Lehmziegeln beim Hausbau.« Ein Lächeln leuchtete durch ihre Tränen.
    »Jawohl, Lady.« Er spürte die Wärme ihrer Brüste.
    »Ein Foto von einem aus Adobe gebauten Haus. Rundum farbig verputzt. Hübsch. Und da sind lauter Zeichnungen, Tabellen und Schaubilder. Die zeigen so ziemlich alles, was die Welt darüber weiß.«
    »Wie man’s vom Keller aufwärts hochzieht. Kostenloses Baumaterial. Man muss nur noch arbeiten und den Buckel krumm machen«, sagte er. Dann war ein Lächeln in seiner Seele. »Hat mich n ganzen Nickel gekostet, das Buch.«
    »Adobe. Oder luftgetrocknete Lehmziegel. Zum Bauen.« Sie blätterte in den Seiten und sprach langsam einige wenige Wörter. »Sind feuerfest. Sind schweißfest. Brauchen keine Facharbeiter. Sind windfest. Können nicht von Termiten zerfressen werden.«
    »Juhu!«
    »Bei kaltem Wetter sind sie warm. Bei heißem Wetter sind sie kühl. Lassen sich mühelos frisch und sauber halten. Einige der ältesten Häuser im Land sind aus Erde gebaut.« Sie betrachtete das Umschlagfoto des hübschen kleinen Hauses mit den Blumen davor. »Alles gut und schön. Sehr, sehr gut und schön. Aber.«
    »Aber?«, fragte er hartnäckig. »Aber?«
    »Aber. Nur ein oder zwei Aber.« Sie schürzte die Lippen und blickte zu Boden. »Siehst du den Lehm hier, den Boden unter deinen Füßen?«
    »Klar.« Tike sah hinunter. »Ich seh’s. Was is damit?«
    »Der is das Aber.«
    »Das Aber? Was für n Aber? Bei dem, was in dem Buch steht, gibt’s kein Aber. Das is n Buch von der US-Regierung, da is das Siegel, unten links in der Ecke! Was gefällt dir nich an dem Boden unter meinen Füßen? Der is doch jetzt schon so hart wie Adobe!«
    »Aber. Aber. Aber. Is nur ganz zufällig nich dein Boden.« Sie strengte sich an und brauchte eine gute Weile, um ihre Worte herauszubringen. Ihre Stimme klang trocken und rauh, nervös. »Kapiert, Mister?«
    Tike rieb sich das Auge, dann die Stirn, dann die Haare, dann den Nacken. Er zupfte sich am Ohrläppchen und sagte: »Das is der Haken an der Sache.«
    »Ein Haus« – ihre Stimme wurde lauter – »aus Erde.«
    Tike hörte nur zu. Seine Kehle war so zugeschnürt, dass er kein Wort herausbekam.
    »Ein Haus aus Erde. Und keinen Zollbreit Erde, auf dem wir’s bauen können.« Ihr Körper bebte, zitterte, schauderte, als sie mit der Schuhsohle über den Erdboden kratzte. »Ohhhh ja«, sagte sie auf eine Art, die

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