Haus aus Erde
traditionelle »Oldtime«-Songs. Sein Hillbilly-Auftreten kam an, und Guthrie schaffte es, mit seinen wehmütigen Songs vom Leben in Oklahoma und Texas über die lokalen Ätherwellen die Wanderarbeiter in den Camps zu erreichen. Eine Zeit lang sendete er aus dem XELO-Studio in Villa AcuMa im mexikanischen Bundesstaat Coahuila; der starke Sender konnte im gesamten Mittleren Westen und in Kanada empfangen werden, der Topographie und den Vorschriften der US-Medienaufsichtsbehörde (FCC) zum Trotz.
Die Besitzer vieler Sender wollten Guthrie als glatten Cowboy-Swing-Schnulzensänger wie Bob Wills (»My Adobe Hacienda«) und Gene Autry (»Back in the Saddle Again«). Guthrie hatte jedoch eine andere Form des Folksongs entwickelt, an der er kompromisslos festhielt. »Ich hasse einen Song, der dir das Gefühl gibt, dass du nix taugst«, erklärte er. »Ich hasse einen Song, der dir das Gefühl gibt, dass du der geborene Verlierer bist. Dass du nur verlieren wirst. Nix wert bist. Zu nix zu gebrauchen. Zu gar nix. Weil du zu alt oder zu jung oder zu dick oder zu dünn oder zu hässlich oder zu dies oder zu das bist …, Songs, die dich niedermachen, oder Songs, die sich lustig machen über dich, weil du Pech hast oder auf der Straße lebst. Gegen diese Art Songs werde ich bis zum letzten Atemzug und bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.«
Als »Hobo-Reporter« für The Light war Guthrie 1938 viel unterwegs und berichtete von den 1,25 Millionen heimatlosen Amerikanern der späten 1930er. Das Elend in den Migrantenlagern machte ihn zornig. Ständig wünschte er sich, die Armen könnten in Adobe-Häusern wohnen. »Die Leute leben hungriger als Ratten und dreckiger als Hunde«, schrieb er, »im Land der Sonne und im Tal der Nacht.« Guthrie begriff, dass diese sogenannten Staubschüsselflüchtlinge entgegen dem Mythos nicht von den Stürmen aus Texas vertrieben oder durch die großen Landmaschinen überflüssig gemacht worden waren. Sie waren Opfer von Grundbesitzern und Banken, die sie aus Habgier vertrieben hatten. Diese Raffzähne wollten die Pächter loswerden, um aus einem Flickenteppich kleiner Höfe riesige Rinderfarmen zu machen, und zwangen so die Landbevölkerung in die Armut. Auf seinen Reisen durch Kalifornien sah Guthrie Wanderarbeiter, die in Pappkartons lebten, in schimmeligen Zelten, dreckigen Bretterbuden und Hütten aus Apfelsinenkisten. Jede nur denkbare wacklige Konstruktion war errichtet worden, nur Häuser aus Lehmziegeln waren nirgends zu finden. Dies wurmte Guthrie maßlos. Was würde Jesus Christus von diesen räuberischen Geldwechslern halten, die die kleinen Farmen Amerikas zerstörten und anständige Menschen zwangen, in Verschlägen zu vegetieren? »Für jeden Farmer, der weggestaubt oder wegtraktorisiert wurde«, sagte Guthrie, »wurden weitere zehn von Banken verjagt.«
Die Roosevelt-Regierung versuchte, den armen Farmern durch die Umsiedlungsbehörde (die Nachfolgeorganisation der Farm Security Administration, berühmt, weil sie mit Künstlern wie Dorothea Lange, Walker Evans und Pare Lorentz zusammengearbeitet hatte) zu helfen, indem sie den Ruinierten zehn bis fünfundvierzig Dollar Unterstützung pro Monat zahlte; die Farmer standen in der Behörde um diese Gelder an. Außerdem wollte Roosevelt Farmern wie den Hamlins helfen, indem er die US-Forstverwaltung anwies, auf Millionen Hektar Farmland Bäume und Sträucher anzupflanzen, die als Schutzgürtel dienen und die Erosion reduzieren sollten, und das Landwirtschaftsministerium ließ in Oklahoma und Texas Seen anlegen, um das trockene Riedgras zu bewässern. Diese noblen Anstrengungen des New Deal halfen zwar, beendeten die Krise aber nicht.
3
Die Legende von Guthrie als Folksänger ist in Amerikas kollektives Bewusstsein eingeätzt. Songs wie »Deportee«, »Pastures of Plenty« und »Pretty Boy Floyd« wurden zu Nationalheiligtümern, ähnlich dem Almanach Armer Richard von Benjamin Franklin und dem Roman Die Abenteuer des Huckleberry Finn von Mark Twain. Mit dem Slogan »This Machine Kills Fascists«, der seine Gitarre schmückte, zog Guthrie durch die Lande, ein selbsternannter Cowboy-Hobo und Hansdampf, der mit seinen proletarischen Songtexten die Benachteiligten feierte. Als Guthrie 1939 hörte, wie Kate Smith im Radio bis zum Überdruss von Küste zu Küste »God Bless America« von Irving Berlin sang, beschloss er, dem lyrischen Unsinn und falschen Trost dieses patriotischen Liedes etwas entgegenzusetzen. Im Hanover House
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