Haus der bösen Lust (German Edition)
vorbeugte und flüsterte: »Man wird denken, dass du die Braumeisterin vögelst, aber es weiß ja kaum jemand, dass die Braumeisterin enthaltsam lebt.«
Wieder sprach Collier, ohne nachzudenken. »Die Braumeisterin ist wunderschön. Ich bin der Braumeisterin regelrecht verfallen, enthaltsam oder nicht.« Er wollte erneut ihre Hand ergreifen, aber einer der Köche rief sie weg.
Was für ein abgedroschener Satz, dachte er im Nachhinein.
Collier aß die schlichte Wurst und stellte danach fest, dass es ihm besser ging. Sein Magen fühlte sich von Sutes Horrorgeschichte nicht mehr so flau an.
Ein wohlgeformter Schatten tauchte auf – die Bardame. Sie brachte ihm ein weiteres Bier, dann bemerkte sie seinen leeren Teller. »Wie hat Ihnen die Rattenwurst geschmeckt?«
»Die was?«
»Das war Bisamratte und geräuchertes Opossum – im Süden eine Spezialität.«
Collier starrte sie an. »Das ist ein Scherz richtig? Ich habe doch wohl nicht gerade ...«
»Nur die Ruhe!«, sagte sie schnell. »Die Tiere werden auf Farmen gezüchtet und mit Getreide gefüttert. Sie waren vorher wohl noch nie im Süden, oder? Eine noch bessere Spezialität des Südens sind Stierhoden. Wollen Sie probieren?«
Entsetzt schüttelte Collier den Kopf.
»He, Leute! Schaut mal!«, rief jemand laut. Alle blickten zum Fernseher.
»Die Ergebnisse sind da!«, verkündete eine Stimme aus dem Off. Mehrere Ausschnitte aus Colliers Sendung liefen in rascher Abfolge über den Bildschirm. »Wir haben einen neuen Adonis! Justin Collier, der Bierfürst, wurde soeben zum attraktivsten Mann bei Food Network TV gewählt! Sehen Sie sich seine neuen Folgen an, demnächst hier bei uns!«
Verdammt ...
Wasserfallartiger Beifall setzte ein. Collier errötete. Einige Frauen stießen Pfiffe aus. Als er herumwirbelte, stellte er fest, dass Dominique neben ihm stand und ebenfalls klatschte.
»Ich verfalle dir auch immer mehr«, flüsterte sie und ging zurück an die Arbeit.
Die nächsten Stunden gab Collier Autogramme, und es störte ihn nicht mal. Wenn man ein Star ist, gehört das dazu. Mehrere Frauen flüsterten ihm ziemlich schamlose Andeutungen zu, doch Collier ließ sie alle ohne Bedauern abblitzen. Dabei beobachtete er immer wieder Dominique, wie sie ihren Pflichten nachging, und ihm wurde bewusst, wie hoffnungslos er sich in sie verliebt hatte.
Viele Biere wurden ihm gebracht, vermutlich einige zu viel, aber ein Gedanke sorgte dafür, dass er einen klaren Kopf behielt. Während seiner Autogrammstunde traf er eine Entscheidung ...
Der abendliche Hochbetrieb ging vorüber. Es war fast zehn Uhr, als Dominique verkündete: »Ich bin so gut wie fertig. Gib mir noch ein paar Minuten.«
»Ich warte draußen«, erwiderte Collier.
Sein Telefon war endlich getrocknet; auf dem Bildschirm stand: Bereit .
Während Collier vor dem Restaurant auf Dominique wartete, rief er Shays Nummer an. Als sich der Anrufbeantworter meldete, hinterließ Collier die Nachricht, dass er nicht zum Sender zurückkommen würde.
II
Collier schlug vor, zu Fuß zur Pension zu gehen, statt mit dem Auto zu fahren. »Gefällt mir«, meinte sie. »Wir haben Vollmond. Das ist romantisch.«
»Natürlich ist es das«, sagte er, wenngleich er hauptsächlich deshalb laufen wollte, um durch die frische Luft einen klareren Kopf zu bekommen. Und ...
Er hatte es nicht eilig, in Zimmer drei zurückzukehren.
Aber wenigstens ist sie bei mir ... Hatte er wirklich immer noch Angst?
»Nachts sieht das Haus wirklich unheimlich aus, oder?«, meinte Dominique.
Sie konnten die Pension auf der Kuppe des Hügels erkennen, vom Mond in einen dunklen Umriss verwandelt.
»Das kannst du laut sagen.«
»Wie meinst du das?«
Collier musste über sich lachen. »Ich will ehrlich mit dir sein: Mrs. Butlers idyllische kleine Pension macht mir allmählich ziemlich zu schaffen.«
Dominique drückte seine Hand. »Du hörst J. G. Sute eindeutig zu viel zu.«
»Oh, das weiß ich, und es ist meine eigene Schuld. Mittlerweile habe ich meinen Sättigungspunkt für Geistergeschichten erreicht.«
Sutes letzte Enthüllungen teilte er ihr nicht mit – dass die schlimmsten Grausamkeiten ausgerechnet in dem Zimmer abgelaufen waren, in das er sie für die Nacht eingeladen hatte. Ebenso wenig verriet er ihr seine Entscheidung, die Fernsehsendung nicht weiterzumachen.
Wind kam auf, und hinter dem Haus verdunkelten sich die Wolken. Bevor sie den Parkplatz erreichten, entfesselte der Himmel mehrfach lautes
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