Haus der bösen Lust (German Edition)
ihrer Hand. »Komm, gehen wir ...«
Als sie sich den Weg die gewundene Treppe hinaufbahnten, schaute Collier über die Schulter zurück.
Lottie stand wie in Trance an dem Schreibtisch.
Sie schien Penelopes Porträt anzustarren.
Mit ausdruckslosem Blick und offenem Mund.
Als es erneut donnerte, kicherte Dominique. »Jetzt braucht nur noch der Strom auszufallen.«
»Beschrei es bloß nicht!«
Sie berührte ihr Kreuz. »Keine Sorge, mein Kreuz wird uns vor dem Schwarzen Mann beschützen ...«
Als Collier noch einmal zurückschaute, war Lottie verschwunden.
Der Schwarze Mann, dachte er. Oder die Schwarze Frau ...
III
Sute saß in Tränen aufgelöst in seinem Schlafzimmer. Er hatte vor dem Erkerfenster Platz genommen, wo sein Gesicht von jedem Blitz in grelles Licht getaucht wurde. Sute war am Boden zerstört ...
Zuvor hatte er Jiff angerufen und um ein weiteres heimliches Treffen am nächsten Tag gebeten, doch er hatte eine Nachricht hinterlassen müssen. Als Sute vom Essen zurückgekommen war, hatte ein Rückruf auf seinem Anrufbeantworter gewartet.
»J. G., ich bin sicher, du erkennst meine Stimme. Tut mir leid, dass ich’s dir so sagen muss ... aber ich kann das nich’ mehr machen. Was ich mein’, is’, ich kann keine Geschäfte mehr mit dir machen. Weißte, das is’ zu viel für mich. Mit andren Sachen kann ich leichter Kohle verdienen. Tut mir echt leid, aber das war’s.«
Das war’s, wiederholte Sute in Gedanken – seit mittlerweile Stunden.
»Das war’s für mein Leben ...«
Sein Stadthaus erzitterte unter dem nächsten Donnerausbruch.
Er schluchzte in sich hinein. »Darauf ... läuft jede Liebe hinaus.«
Durch die Dunkelheit im Zimmer fühlte er sich nur noch wertloser. Alles war umsonst. Die Blitze verwandelten seine Tränen in einen traurigen, flüssigen Schimmer.
Sute wusste, dass er kein starker Mensch war. Er fragte sich, wie lange er noch so hier sitzen würde, bevor er sich umbrächte.
IV
»Du böser Hund! Böser, böser Hund!« Zwei hohe Stimmchen verschwanden auf unfassbare Weise um die Ecke. Nur Stimmen, keine Kinder dazu.
Ein Kichern verhallte zusammen mit einem munteren Laut, der sich wie das Bellen eines Hundes anhörte.
Oh nein. Heute Nacht ist es schlimm.
Langsam ging Mrs. Butler den Treppenflur entlang, dann begab sie sich nach unten, um ein letztes Mal die Küche zu überprüfen. Sie hatte immer gewusst, dass es am Haus lag, und sie war überzeugt davon, dass ihr Sohn und ihre Tochter es auch wussten. Die Bestätigung dafür sprach stets aus ihren Augen, obwohl selten ein Wort darüber fiel. Das Einzige, was sie je darüber zu Lottie und Jiff gesagt hatte, war: »Das ist bloß die Vergangenheit, die irgendwie durchdringt. Passiert nicht oft, nur hin und wieder. Denkt immer daran, ihr zwei: Was ihr nicht sehen könnt, kann euch auch nicht wehtun.«
Die Pension war ausgebucht; in der Gegend erstreckte sich die Touristensaison über neun, manchmal zehn Monate. Es war ein gutes Leben. Und die Gäste blieben selten lang genug, um etwas Sonderbares zu bemerken. Sicher, hin und wieder fiel einigen etwas auf – manchen stärker als anderen –, und Mrs. Butler konnte sich nie zusammenreimen, weshalb. Aber im Allgemeinen liefen die Dinge gut.
Mr. Collier hatte es natürlich schlimm erwischt. Sie konnte es an seinen Augen ablesen. Er hat den Hund und die Mädchen gehört . Wahrscheinlich hätte sie überzeugender sein sollen, als sie seine Fragen über die Vergangenheit des Gebäudes beantwortet hatte. Wenn ich nicht so verflucht scharf auf den Mann wäre, dann wäre ich vielleicht eine bessere Gastgeberin! Sie glaubte oft, dass etwas im Haus sie trotz ihres Alters dermaßen auf Männer ansprechen ließ.
In der Küche fand sie alles in bester Ordnung vor und für das Frühstück am nächsten Morgen war ebenfalls alles vorbereitet. Die Deckenbeleuchtung flackerte, als es erneut donnerte. Mistiges Unwetter! Der Strom fiel zwar selten aus, doch wenn er es tat, zeigten sich ihre Gäste nie allzu glücklich darüber . Bitte bleib an, verdammt noch mal!
Sie wollte sich am nächsten Morgen keine Beschwerden anhören müssen, wenngleich das nicht ihre schlimmste Sorge war ...
Das ist nicht die richtige Nacht dafür, dass in DIESEM Haus die Lichter ausgehen ...
Sie verließ die Küche und kehrte in den Familientrakt zurück. Lottie war bereits zu Bett gegangen. Das arme Mädchen war heute völlig neben der Spur. Mrs. Butler wusste, dass es lediglich am Haus lag, das einen
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