Haus der bösen Lust (German Edition)
und – Collier zog eine Augenbraue hoch – einem Hundesalon folgte. Ein an Gestank grenzendes Aroma schlug ihnen entgegen, als sie eintraten: gewürzter Kohl und Zitronengras. Aber Collier deutete es als gutes Zeichen, dass jeder zweite Gast im Lokal Asiate war. »Das Bulgogi ist fantastisch«, erklärte Dominique an ihrem Tisch voll Begeisterung. »Das Bibimbap allerdings auch. Ich kann mich nie entscheiden, was ich bestellen soll.«
»Zufällig mag ich auch beides«, log Collier. »Warum bestellen wir nicht beides und teilen?«
»Sie sind so entgegenkommend!«
»Und da wir beide Bierkenner sind«, fuhr er fort, »würde ich OB vorschlagen.«
»Ich mag OB zu koreanischem Essen. Ist wohl mein asiatisches Lieblingsbier, das nicht hier als Lizenzabfüllung gebraut wird«, fügte sie rasch hinzu. »Oh, und es passt hervorragend zu Reis.«
Du passt hervorragend zu Reis, dachte Collier versonnen. Er konnte kaum glauben, dass er diese Chance bekommen hatte. Als einem der renommiertesten Bierautoren des Landes musste niemand Collier sagen, dass echte Braumeister mehr als jeder andere über Bier wussten, ihn eingeschlossen. Er ließ ihre schlichte, aber lebendige Schönheit auf sich wirken, während sie in der Speisekarte die Vorspeisen durchlas. Warum bin ich ihr nicht schon vor zehn Jahren begegnet?, fragte er sich. Hätte ich Evelyn doch nie und stattdessen Dominique kennengelernt. Wir passen perfekt zueinander, haben alles gemeinsam ...
Das funkelnde Kreuz an ihrem Hals sagte etwas anderes.
Als die Kellnerin mit ihren Bieren kam, meinte Dominique: »Da kommt mein Bier für den Tag.«
Collier schmollte innerlich. Wie viele hatte er an diesem Tag schon gehabt? Großer Gott ... »Ich muss Ihre Methode bei Gelegenheit mal ausprobieren«, sagte er. »Das heißt, falls ich die Willenskraft dafür aufbringe. Das war nie eine meiner besonderen Stärken.«
»Bei mir auch nicht, bis ...« Halb lächelte sie, halb grinste sie. »Tut mir leid, ich halte schon die Klappe.«
Collier verstand nicht. »Was ist?«
»Sie würden denken, dass ich Sie wieder bekehren will.«
»Dann nur zu, tun Sie’s.«
»Na schön.« Sie trank einen Schluck Bier. »Niemand besitzt Willenskraft, jedenfalls keine eigene. Gott weiß, dass wir Schwächen haben, die zerstörerisch sind, deshalb bietet er uns einen Ausweg. Ich rede jetzt nicht nur von Seelenheil, sondern von der Scheiße, die wir ertragen müssen, solange wir hier sind ...«
Ich liebe es, wenn sie »Scheiße« sagt, sinnierte Collier.
»Die Hälfte der Apostel bestand vermutlich aus Alkoholikern und Hurenböcken, bevor sie Jesus trafen. Und was haben sie gemacht?«
»Ich ... weiß es nicht.«
»Sie übergaben ihre Bürde an Gott«, antwortete Dominique wie selbstverständlich. »Und wurden dadurch befreit. Das haben sie gemacht.«
Collier wickelte seine Essstäbchen aus. »Wie übergibt man eine Schwäche an jemand anderen?«
»Man fragt Gott, das ist alles. Und er antwortet.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie hätten mich mal im College sehen sollen. Ich war ein Miststück und ein Flittchen. Ich könnte gar nicht mehr sagen, mit wie vielen Drecksäcken ich Sex hatte. Jede Nacht war Party angesagt: Bier, Fusel, Gras und Sex.«
Ihre Offenheit verblüffte ihn ... genau wie die schmutzigen Bilder, mit denen sein Verstand versuchte, sich das Szenario auszumalen. Sie waren erregend schlüpfrig.
»Am College war ich ständig so verkatert«, gestand sie, »dass ich keine Ahnung habe, wie ich je meinen Abschluss geschafft habe. Ebenso schleierhaft ist mir, wie es mir gelungen ist, nie schwanger zu werden. Ich habe verschiedene Dinge über mich an Toilettenwänden gelesen ...« Sie warf ihm einen durchtriebenen Blick zu. »Und das Schlimmste war, dass alle stimmten.«
Collier fühlte sich zugleich verdutzt und erregt.
»Eines Tages kam mir der Gedanke, dass ich durch meine Schwächen ein Kind Gottes zerstörte. Deshalb habe ich Gott gebeten, mich von meinen Bürden zu befreien, damit ich irgendwann Erlösung finden könnte. Und er hat es getan.«
»So einfach ist das?«, fragte Collier, bevor ihm auffiel, dass er sein Bier bereits halb geleert hatte. Zudem war ihm bewusst, dass er ihr nur halbherzig zuhörte und lediglich so zu tun versuchte, als gälte ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Es ist nicht so, dass man eine Wunderlampe reibt und seine Wünsche von einem Geist erfüllt bekommt, nein. Betrachten Sie es so: Gottes Vergebung ist eine Million Mal größer als unsere
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