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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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Gesicht war verwirrt und bestürzt. Und es war kreidebleich.
    »Sean hat gesagt, es wäre nichts dabei. Und ich hatte keine Ahnung, was wir taten. Ich dachte immer, Kinder könnte man nur bekommen, wenn man verheiratet ist, aber doch nicht vorher.
    Wir waren draußen bei der Ruine von der alten Abtei. Zuerst war ich erschrocken. Aber dann fand ich es schön. Und dann -«, sie senkte wieder den Blick und murmelte scheu, »dann war ich selig.«
    In Jennifer blitzte etwas auf. Neid ? Flüchtig nur und ohne Mißgunst. Ein feiner Stich des Bedauerns, daß sie es mit John niemals so erlebt hatte, sondern immer nur enttäuschend.
    Er war nie zärtlich, immer ungeduldig, nahm nie Rücksicht auf ihre Wünsche. Und sogleich meldete sich das schlechte Gewissen, als sie sich erinnerte, wie sie die Augen geschlossen und sich vorgestellt hatte, sie läge mit Victor zusammen und nicht ihrem Mann. Ein so kleiner Betrug nur, der ihr half, die seltenen Angriffe ihres Mannes auf ihren Körper zu ertragen. Zu denken, es wäre Victor, sich vorzustellen, wie es mit ihm wäre: liebevoll, zärtlich und genießerisch ...
    »Wie lange ist das her, Harriet, das mit Sean O'Hanrahan ?« fragte sie.
    »Ich - äh - es war...« Harriet geriet ins Stocken. »Es war mehr als einmal, Jenny. Aber er hat gesagt, es wäre nichts dabei, wirklich. O Gott, Jenny, was habe ich getan ?«
    »Du solltest lieber fragen, was er getan hat, Harriet.«
    »Nein! Sprich nicht so von ihm. Ich liebe ihn, und wir werden heiraten. Aber heimlich, damit Vater uns nicht daran hindern kann. Versprich mir, Jenny, daß du Vater nichts sagst.«
    »Du kannst dich darauf verlassen, Harriet, aber du solltest mit Victor sprechen.«
    »Nein!«
    »Er ist Arzt, Harriet. Er kann dir sagen, was du tun sollst. Vielleicht täuschst du dich.
    Aber wenn es nicht so ist, dann kann er dir sagen, was zu tun ist.«
    »Ich kann mit Victor nicht darüber sprechen. Er würde mich verachten !« Harriet begann wieder zu weinen. Jennifer nahm sie in die Arme und hielt sie fest, ohne ein Wort zu sagen. Harriet weinte und schluchzte, und erst als sie sich wieder einigermaßen gefaßt hatte, löste sie sich aus Jennifers Armen, wischte sich die Augen und sagte stockend: »Du glaubst also, daß es passiert ist ? Daß ich ein Kind in mir habe ?«

    »Wenn du etwas mit Sean O'Hanrahan getan hast. Wenn du genau weißt, was du mit ihm getan hast.«
    »Verheiratete täten es, hat er gesagt. Er wollte mir zeigen, wie es ist.«
    Jennifer nickte ernst und trauerte im stillen um Harriet, der ihre kindliche Unschuld genommen worden war. »Ich hätte nie gedacht, daß es möglich ist. Wirklich nicht. Ich habe fest geglaubt, Kinder bekommt man nur, wenn man verheiratet ist. Aber jetzt ist es geschehen, und jetzt muß ich damit fertigwerden. «
    »Harriet!« Jennifer bot ihr beide Hände. »Bitte sprich mit Victor. «
    »Niemals!« Harriet wich einen Schritt zurück. »Er würde mich umbringen.«
    »Aber nein -«
    »Doch, er würde!« schrie Harriet. »Victor würde mich umbringen. Du kennst ihn nicht so gut wie ich. Er ist genau wie Vater.«
    »Was willst du denn dann tun?«
    »Sean und ich haben vor, nach London zu gehen und uns dort trauen zu lassen.«
    »Ach, Harriet.« Jetzt weinte auch Jennifer.
    Harriet stand noch einen Moment unschlüssig, starrte Jennifer mit einem Blick an, bei dem uns beiden eiskalt wurde, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte aus dem Zimmer. Ich blickte ihr nach, sah die Tür hinter ihr zufallen und war überrascht, Jennifer noch im Zimmer zu sehen, als ich mich wieder umdrehte. Ich hatte geglaubt, hier würde die Szene enden. Aber es
    schien, daß noch mehr kommen sollte. Ich blieb in meinem Sessel sitzen und wartete.
    Wie unglaublich, daß die junge Frau, die vor mir stand, seit so vielen Jahren tot sein sollte. Konnte ich nicht das Rascheln ihrer Röcke hören ? Sah ich nicht den Glanz der Tränen in ihren Augen ? Roch ich nicht den zarten Rosenduft, der sie umgab ? Fühlte ich nicht ihre Anwesenheit in diesem Zimmer ? Während ich sie betrachtete und dabei diese Überlegungen anstellte, kam mir plötzlich ein verrückter Gedanke in den Kopf und elektrisierte mich förmlich. Mir fiel ein, wie ich bei der letzten Begegnung mit Victor und Jennifer von den Gefühlen der beiden überwältigt Victors Namen gerufen und er sich umgedreht hatte.
    War es möglich, daß er mich gehört hatte ? Ich hatte den kleinen Zwischenfall bisher völlig vergessen, aber jetzt erinnerte ich mich

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