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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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schwache Ticken der Uhr auf dem Kaminsims. Und schließlich hörte ich ihn mit tonloser Stimme sagen: »Ich glaubte, nur geträumt zu haben, daß du mich liebst. Ich war niemals sicher. Und als ich es zu ahnen begann, fürchtete ich, meine wilden Hoffnungen verleiteten mich dazu, die Botschaft deiner Blicke falsch zu deuten. Ich war wie der sprichwörtliche Ertrinkende, der nach dem Strohhalm greift. Aber jetzt sehe ich, daß ich mich doch nicht getäuscht habe. Daß du mich liebst. Und jetzt frage ich mich, ob dies nicht härtere Strafe ist, als wenn du mich nicht liebtest.«
    »Es ist keine Strafe, Victor -«
    »Was dann?« rief er. »Allein das Wissen, daß wir dazu verurteilt sind, so durchs Leben zu gehen - uns zu sehen, vielleicht hin und wieder flüchtig zu berühren, aber niemals lieben zu dürfen...« Als Victor sah, daß Jenny weinte, ging er zu ihr und wischte ihr zärtlich die Tränen vom Gesicht.
    »Ich hätte nach Schottland gehen sollen. Noch an dem Abend, als ich mit meinen törichten Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft mit dir hierhergekommen war und erfuhr, daß du John geheiratet hattest, hätte ich Warrington wieder verlassen und mich anderswo niederlassen sollen, an irgendeinem fernen Ort. Dann wäre uns diese Qual erspart geblieben.«
    »Ist es denn eine solche Qual, Victor?«
    »Zu wissen, daß ich dich niemals werde küssen können, daß du das Bett mit meinem Bruder teilst ? Ja, das ist die reine Qual.«
    »Und was ist mit den Augenblicken, die wir für uns haben, wie eben diesen ? Können denn nicht ein Wort oder ein Lächeln genügen ? Ist das nicht besser als gar nichts ? Denk an die Einsamkeit, Victor, wenn wir getrennt wären. Denk an die langen leeren Jahre in einem fremden Land, die dir bestimmt wären, und denk an meine einsamen Nächte mit einem Mann, den ich einmal zu lieben glaubte, um dann erkennen zu müssen, daß es eine Täuschung war. Wäre es wirklich besser für uns, wenn unsere Wege sich trennen würden und wir dennoch in Gedanken immer beim anderen wären? Oder ist es besser, wenn wir uns nehmen, was wir können, und das Beste daraus machen ?«
    Mit einer heftigen Bewegung wandte er sich ab. »Darauf kann ich nicht antworten.
    Jetzt, in diesem Moment, möchte ich bei dir sein und niemals fortgehen. Aber wenn ich in meiner Praxis bin und mir die schreckliche Realität unserer Situation vor Augen halte, dann denke ich, wie leicht es wäre, meine Sachen zu packen und zu verschwinden.«
    »Leicht?«
    »Nein, nicht leicht. Aber besser, bei Gott!« Der ganze Raum erschien erfüllt von den heftigen Gefühlen der beiden. Ich wurde in diesen Sturm hineingerissen wie in einen Strudel.
    Ich fühlte das Feuer ihrer Leidenschaft und litt ihren Schmerz. Er zerriß mir fast das Herz. Ich konnte nicht mehr standhalten. »Victor!« schrie ich. Erschrocken drehte er sich um. Und dann waren sie verschwunden.
    Die Nacht wurde zur Tortur. Entkräftet vom Schlafmangel, ausgelaugt vom Wechselbad der Gefühle, fiel ich in einen unruhigen Schlaf, der mir keine Erholung brachte.
    Wieder wurde ich von erotischen Träumen heimgesucht: Bildern von Victor, lockenden Visionen seiner Zärtlichkeit und seines Feuers. Im Traum war seine Liebe wie ein süßer Dunst, der sich über mich senkte und mich einhüllte. Ich zitterte vor lustvoller Spannung.
    Aber niemals kam es zur letzten Erfüllung meiner Begierde. Meine Träume täuschten mich, spielten mit mir und ließen mich schließlich in einem Zustand elender Enttäuschung zurück.

    In meinen wachen Momenten betrachtete ich staunend die Wandlung, die sich in mir vollzog.
    Es war, als erwache eine Vielzahl neuer Persönlichkeiten in mir, jede mit einem anderen Verlangen, das nach Stillung verlangte. Solche Begierde und Leidenschaft hatte ich nie gekannt. Es war, als wäre jeder einzelne Nerv in meinem Körper mit Elektrizität aufgeladen.
    Ich stand in hellen Flammen, und es schien, daß einzig Victor Townsend den Brand löschen konnte.
    Dann wieder, wenn ich am Fenster stand und meine fieberheiße Stirn an das kühle Glas drückte, dachte ich über diese seltsamen Träume nach und fragte mich, was sie bedeuten mochten. Es lag auf der Hand, daß ich Victor Townsend liebte und begehrte, doch ich verstand nicht, wieso ich so besessen war von diesem Mann, da doch nie zuvor ein Mann ähnliche Gefühle und Wünsche bei mir hervorgerufen hatte. Ich suchte nach Erklärungen und fand keine.
    Um Mitternacht weckten mich Jennifer und Harriet aus leichtem Schlaf.

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