Haus der Löcher (German Edition)
und er sah ganz gut aus, allerdings hatte er komische Ohren – die inneren Teile standen weiter vor als die Ränder, was ihm etwas Beflissenes gab. Er führte sie in ein Wartezimmer, und da traf sie auf Lila, eine fröhliche Frau mit großem Busen und einer Bifokalbrille.
«Was willst du?», fragte Lila.
«Keine Ahnung – ein Cape-Cod-Haus auf einem Hügel und einen Ehemann?», sagte Polly.
«Damit kann ich nicht dienen.»
«Dann will ich gar nichts», sagte Polly.
«Du bist mit deinem Freund unzufrieden, weil er sich wie ein kleines Arschloch benimmt.»
«Ja, und er und ich haben bei Theaterstücken einfach einen anderen Geschmack.»
«Magst du trotzdem noch Männer?»
«Ja, ich liebe Männer. Ich habe sie immer geliebt.»
Lila nahm das Telefon. «Mischa, unsere Freundin Polly muss eine Zeitlang in den Penissaal.»
Mischa war im Nu zur Stelle. Er nahm Polly an der Hand und führte sie in einen sehr großen Raum – eine Art Tanzstudio mit aufgearbeitetem Fußboden und überall grünen Vorhängen aus changierender Seide. An einer Wand gewaltige Fenster, die auf die Hügel hinausgingen. Zwei weitere Frauen waren in dem Raum. Polly nickte ihnen zu, und sie stellten sich vor. Eine hieß Saucie, die andere so ähnlich wie Donna.
Polly sagte zu Saucie: «Was sind denn das für komische kleine Beulen in den Vorhängen?»
«Genau das, was du glaubst», sagte Saucie.
Polly entdeckte eine Vorhangschnur und zog daran, worauf ein Teil des grünen Stoffs zur Seite ging. Aus Löchern in der Wand hingen, ungefähr auf Genitalhöhe, viele kleine, krötenartige Dinger. Sie sagte: «Diese ganzen kleinen braunen krötenartigen Dinger da, sind das Penisse?»
«Genau», sagte Saucie. «Und Eier.»
«Die laufen um die ganzen Wände rum», sagte Donna.
«Und was sollen wir damit machen?», fragte Polly.
Saucie reichte ihr ein Kniekissen mit Troddeln. «Ich glaube, wir sollen mit ihnen sprechen oder sie vielleicht sogar blasen.»
Donna flüsterte: «Ich glaube, das da ist mein Mann.»
Polly war überrascht. «Ist das gut oder schlecht?»
«Weiß nicht so recht», sagte Donna.
«Und ich schätze mal, das da ist mein Exmann», sagte Saucie.
Da überlegte Polly auf einmal, ob einer der Penisse wohl Jeff gehörte. Sie schritt aufmerksam die Reihen ab, um zu sehen, ob sie in der Menge auch Jeffs Organ hängen sah. Aber sie war sich nicht sicher. Was sie alles in allem erleichterte. Wahrscheinlich war er noch auf der Wiese und quatschte die barbusige Frau in dem gepunkteten Rock an.
«Meint ihr, wir sollen für sie tanzen?», sagte Donna. Polly, die ein bisschen impulsiv war, stimmte den Song «Rise Up» von Diane Birch an, worauf die drei Frauen durch den Raum tanzten und sangen. «Rise up, little sisters!», sangen sie – und schon bald bemerkten sie bei einigen der Wandkröten eine Veränderung. Deren Haltung drückte fraglos eine neue Wachheit aus. Einige wurden irgendwie länger, als wollten sie sich vorbeugen.
«Ich glaube, sie mögen uns!», sagte Polly. In der Tat wurden die Penisse beim Klang der Stimmen halbsteif. Mann, dachte Polly, ich hatte ja keine Ahnung, dass meine simple Anwesenheit in einem Raum so etwas bewirken kann. Es war irgendwie interessant und erregend, aber auch ein bisschen traurig, weil diese Penisse keinen Schimmer hatten, wie Polly, Donna und Saucie als Frauen so waren – woran sie glaubten, was für Pläne sie hatten. Die Penisse wussten nur, dass drei Frauen bei ihnen im Raum waren. Bei einer Ecke kam Polly an ein leeres Loch. Sie spähte hinein, konnte aber nichts erkennen. «Was ist?», sagte sie in das Loch hinein. «Heute ein wenig reserviert?» Schweigen. Dann sagte sie: «Ich kann warten.» Sie blickte über die Schulter und sah Saucie an der Wand gegenüber knien. Polly vermutete, dass Saucie am Penis ihres Ex zugange war, aber es fiel nicht leicht, bei alldem mitzukommen. Donna war richtig bei der Sache, sie kniete auf ihrem Kissen, beide Hände an der Wand, und strich mit Gesicht und Haaren über ein großes, ansehnliches Gemächt.
Polly wandte sich wieder an ihr leeres Loch: «Kannst du mir etwas über dich sagen?» Plötzlich erschien in der Öffnung ein Tennisball. Jedenfalls glaubte sie, es sei ein Tennisball. Als er heraussprang und sie ihn auffing, merkte sie, wie schwer er war, und dann wusste sie, dass es ein Ball war, wie er beim realen oder royalen Tennis benutzt wurde, bei dem Spiel, das Heinrich der Achte spielte.
«Dann genießt du also den Sport der Könige?»,
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