Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
Erstaunens. Dann zog er sich sehr leise in das Vorzimmer zurück und schloss die Tür hinter sich.
    Als er sich umdrehte, stellte er fest, dass sein Sekretär ihn freudestrahlend angrinste. Der Bischof lächelte ihm zu.
    »An manchen Tagen, Pater«, sagte er leise, »ist es einfacher als an anderen, sich daran zu erinnern, wie gütig Gott in Wahrheit ist.«

 
    Juli,
    im Jahr Gottes 894

.I.
    König Gorjahs Schlafgemach, Königlicher Palast, Stadt Tranjyr, Königreich Tarot
    König Gorjah fuhr aus dem Schlaf hoch.
    Ein so plötzliches Erwachen ist wohl nur natürlich, wenn man mitten in der Nacht eine Hand auf dem Mund spürt. Vor allem für einen König, dessen Schlafgemach sich im obersten Stockwerk des Bergfrieds einer altmodischen Festung befand und es zu bewachen an Gardisten wahrlich nicht mangelte.
    Gorjah riss die Augen auf und wollte sich schon wehren, tat es aber nicht. Dafür gab es zwei Gründe. Einer davon war, dass die Hand ebenso gut auch eine sanfte, handförmige Schraubzwinge hätte sein können. Der andere Grund war, dass er gerade eben an seiner Kehle die Spitze von etwas gespürt hatte, was ein außerordentlich scharfer Dolch zu sein schien.
    Diese Nacht verschlechterte sich gerade von ›übel‹ zu ›ganz übel‹.
    »Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn Ihr ruhig bliebet, Euer Majestät«, sagte eine Tenorstimme, die Gorjah noch nie in seinem Leben gehört hatte. »Wäre es mir nur darum gegangen, Euch die Kehle durchzuschneiden, hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, Euch zuvor zu wecken.«
    Die ruhige Stimme klang unfassbar vernünftig – wie die Stimme eines Mannes, der lediglich anmerkte, bei Gewitterwolken sei häufig mit Regen zu rechnen.
    Vor dem Hintergrund der hauchdünnen, vom Mondlicht beschienenen Vorhänge seines Schlafgemachs konnte Gorjah gerade eben die Silhouette eines Mannes ausmachen. Er war dankbar dafür, dass Rholynd diese Nacht unruhig gewesen war. Denn deswegen übernachtete Maiyl im Kinderzimmer. Vorhin hatte Gorjah noch gedacht, wie bezaubernd und lieb es doch von ihr sei, das Kindermädchen persönlich beaufsichtigen zu wollen. Im Augenblick war er unendlich dankbar dafür, dass wenigstens seine Frau und sein Kind nicht mit ihm im Zimmer waren.
    »Sollte ich«, fuhr die Stimme in freundlichem Tonfall fort, »aus irgendeinem Grund doch noch beschließen, Euch die Kehle durchzuschneiden, könnte ich das, dessen bin ich mir sicher, gewiss tun, lange bevor Eure Gardisten auf Eure Schreie reagierten. Wenn ich mich jetzt dafür entscheide, meine Hand von Eurem Mund zu nehmen, damit wir beide uns wie zwei zivilisierte Menschen unterhalten können, hättet Ihr dann wohl die Freundlichkeit, das zu berücksichtigen? Dass ich Euch töten könnte, bevor jemand anderes dieses Gemach betreten kann, meine ich?«
    Gorjah kam zu dem Schluss, wer immer dieser Fremde war – der Kerl musste wahnsinnig sein! Trotzdem war er sehr angetan von der Vorstellung, seine Kehle dürfe intakt bleiben, und so nickte er entschlossen.
    »Ausgezeichnet!«
    Die Hand verschwand von seinem Mund, und der Mann, der so ungebeten das königliche Schlafgemach betreten hatte, deutete eine Verbeugung an. Mittlerweile konnte Gorjah zumindest einige Details erkennen. Er bemerkte, dass der fremde Eindringling deutlich größer und breitschultriger war als er selbst. Außerdem schien er sehr sorgfältig rasiert, und er sprach mit einem Akzent, den Gorjah dem Großherzogtum Silkiah zuordnen konnte.
    »Ich bitte um Verzeihung für meine ... unkonventionellen Methoden, Euer Majestät. Aber ich muss wirklich dringend mit Euch sprechen, und ich denke, keinem von uns beiden würde es gefallen, wenn Eure Gardisten, Eure Höflinge oder – vor allem – Vikar Zhaspahr von diesem Gespräch erführen.«
    Gorjahs Magen krampfte sich zusammen. In diesem Halbdunkel konnte sich der König zwar nicht ganz sicher sein, aber er hatte den Eindruck, der ungebetene Besucher habe bei seinen letzten Worten gelächelt.
    »Wisst Ihr, Euer Majestät«, fuhr der Silkiahaner fröhlich fort, »es erscheint mir eine gute Idee, Eure Korrespondenz mit dem Grafen Gray Harbor ein wenig voranzutreiben. Vielleicht wisst Ihr noch nicht, dass Ihre Majestäten mittlerweile wieder in Tellesberg eingetroffen sind. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die bislang etwas sporadische Korrespondenz innerhalb der nächsten Fünftage etwas an Tempo zulegt.«
    Gorjah fühlte sich, als hätte ihm jemand heftig in die Magengrube geschlagen. Niemand in

Weitere Kostenlose Bücher