Haus der Lügen - 8
Thirsks Kampfstärke zunimmt.«
»Das mag sein«, meinte Cayleb. »Nur wird es immer Situationen geben, in denen uns Informationen vorliegen, die wir unmöglich denjenigen zukommen lassen können, die sie dringend benötigen. Das habt Ihr mir vor Haryl’s Crossing selbst gesagt. Und selbst wenn Manthyr nicht weiß, wie groß die Übermacht des Gegners ist, wird er, wenn es so weit ist, selbstverständlich von einer gegnerischen Übermacht ausgehen. Wenn man es genau nimmt, könnten wir ihm im Augenblick trotz all der SNARCs ohnehin bestenfalls melden, wo genau Thirsk sich gerade aufhält.«
»Ich weiß, ich weiß«, seufzte Merlin. »Nur ...«
»Nur dass Ihr Euch Sorgen um Eure Freunde macht, Merlin«, gab Cayleb zurück und stieß ein leises, trauriges Lachen aus. »Das kennen wir auch. Glaubt uns, das kennen wir!«
.III.
Kaiserlicher Palast, Stadt Tellesberg, Altes Königreich Charis
»Pater Ohmahr ist gewiss schon auf dem Weg, Eure Majestät!«
Es war ein eindeutiges Zeichen dafür, wie nervös Sairah Hahlmyn war: Sie vergaß das angemessene Protokoll im Alten Königreich Charis und griff zu der altvertrauteren Anrede. In Tellesberg war Sharleyan offiziell mit ›Durchlaucht‹ anzureden, nicht mit ›Majestät‹.
Nicht, dass Sharleyan derzeit in der Stimmung gewesen wäre, diesen kleinen Lapsus zu korrigieren. Sie war entschieden zu sehr damit beschäftigt, die Lippen zu schürzen und stoßweise heftig auszuatmen. Dabei umklammerte sie Caylebs Hand wie eine Schraubzwinge. Endlich ließ die Wehe nach, und Sharleyan ließ keuchend den Kopf auf das Kissen sinken.
»Ich hoffe, dass er bald hier ist«, sagte sie zwischen zwei Keuchlauten. » Jemand wird auf jeden Fall bald hier sein, ganz egal, wie es der Pater hält!«
»Das ist doch lächerlich!«, murmelte Cayleb, ließ sich von Sairah ein frisches Tuch reichen und tupfte Sharleyan den Schweiß von der Stirn. »Du bist die Kaiserin , verdammt noch mal! Er sollte längst hier sein! Er hätte darauf warten müssen, dass die Wehen einsetzen!«
Im Augenblick hätte Cayleb besagten Pater Ohmahr Arthmyn am liebsten erwürgt, obwohl er den führenden Geburtshelfer von Tellesberg an sich durchaus schätzte.
Ab morgen , entschied der Kaiser, hat Pater Ohmahr eine hübsche kleine Gemächerflucht, genau hier im Palast, verdammt noch eins! Und dort wird er auch einziehen, wenn das nächste Kind kommt, das schwöre ich bei Gott! Ich sollte wirklich nicht genötigt sein, jemanden sechs Straßen weiter zu einem vermaledeiten Krankenhauskloster zu schicken, wenn bei meiner Frau die Wehen einsetzen!
»Keine Sorge.« Mit ihrer freien Hand tätschelte Sharleyan den Handrücken ihres Gemahls. »So dicht aufeinander folgen sie noch nicht. Die Fruchtblase ist ja noch nicht geplatzt. Wir haben noch Zeit.« Cayleb wäre lieb gewesen, ihre Stimme hätte fester und ... überzeugter geklungen. »Abgesehen davon hat er wahrscheinlich erwartet, dass Schwester Frahncys ihm ein bisschen früher Bescheid sagt. Außerdem ist es ja nicht seine Schuld, dass ich beschlossen habe, mitten in der Nacht loszulegen.«
»Nein, aber ...«
»Ach, sei still!«, herrschte sie ihn an und atmete wieder tief durch.
Die Wehen kamen jetzt rascher aufeinander, und Sharleyan hatte daran kein bisschen Spaß. Andererseits waren sie nicht ganz so schlimm, wie sie befürchtet hatte. Noch nicht, zumindest. Ihre Mutter hatte ihr versichert, die Frauen aus ihrer Familie hätten immer leichte Geburten gehabt. Natürlich gab es immer ein erstes Mal ... auch bei schweren Geburten. Schließlich hatte Sharleyan doch auch immer an der morgendlichen Übelkeit gelitten ...
»Wo ihr Name gerade gefallen ist: Wo zur Hölle steckt Schwester Frahncys eigentlich?«, fragte Cayleb.
»In Klein-Tirian«, keuchte seine Frau, als der nächste Krampf sich wieder gelegt hatte.
» Was?! « Cayleb starrte sie an.
Schwester Frahncys Sawyair, die Pasqualaten-Nonne, die sie bei ihrer Rückkehr aus Cherayth an Bord der Kaiserin von Charis begleitet hatte, gehörte zum Kloster der Gesegneten Hand, in dem man sich auf Schwangerschaften spezialisiert hatte. Das bedeutete, dass die Schwester, obwohl sie sämtliche Lehren aus dem Buch Pasquale nur auswendig kannte und sie mitnichten verstanden hatte, eine erfahrene und geschickte Geburtshelferin war.
»Was zur Hölle treibt sie denn da?«, fauchte Cayleb.
»Das ist meine Schuld!« Sharleyan brachte ein entschuldigendes Lächeln zustande, während Cayleb ihr erneut den Schweiß von
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