Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
greifen, von glatten Lügen ganz zu schweigen.«
    »Das lag nur daran, dass Euch seinerzeit niemand die richtigen Fragen gestellt hat«, gab Merlin zurück. »Abgesehen davon werdet Ihr dieses Mal überhaupt nicht lügen müssen. Ich werde an Bord sein, und ich werde meditieren. Oder zumindest die letzten Aufnahmen von Owl durchgehen, was praktisch das Gleiche ist. Abgesehen davon seid Ihr ein Erzbischof. Ihr könntet also jedem, der mich unbedingt besuchen will, ins Gesicht sagen: ›Weil ich nein gesagt habe, und ich bin der Erzbischof, darum!‹«
    »Ihr seid wirklich bester Laune, nicht wahr?«, bemerkte Cayleb.
    »Oh ja!« Merlin hörte auf, sich über den Bart zu streichen, und blickte durch die Plexiglaskuppel hindurch zu den Sternen über Safehold. Sie funkelten wie winzige Diamanten. »Aber Scherz beiseite: ich glaube, meine kleine Besprechung ist gut verlaufen. Ich bin mir sicher, Gorjah wird Euch schon bald einen Brief schreiben, Cayleb. Und es kann überhaupt nicht schaden ihn daran zu erinnern, dass ein Seijin jederzeit durch das Fenster seines Schlafgemachs kommen kann, wann immer ihm der Sinn danach steht. Ich denke zwar nicht, dass Gorjah von Natur aus so sehr zum Verrat neigt wie etwa Zebediah. Trotzdem ist es ganz gut, wenn man ihm noch einen zusätzlichen Anreiz bietet, jegliche Versprechen, die er gibt, auch zu halten – dieses Mal, wenigstens. Oder seht Ihr das anders?«
    »Na ja, schaden kann es wirklich nicht«, gab Cayleb ihm Recht.
    »Abgesehen davon entwickle ich langsam Gefallen an ’ Seijin Ahbraim’. Und recht nützlich scheint er mir auch zu sein.«
    »Das ist wohl wahr«, meldete sich nun wieder Sharleyan zu Wort. »Gut, da wir mit Euch kommunizieren können, ist es egal, wohin wir Euch schicken – beispielsweise zusammen mit Maikel nach Corisande. Aber für die Augen anderer darf Seijin Merlin nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein. Es wäre mir sehr recht, wenn Clyntahn – oder vor allem Trynair – sich nicht schon bald fragen, woher plötzlich all diese Seijins kommen. Aber allgemein bekannt zu machen, dass es mehr als nur einen gibt – und dass sie alle ebenso geheimnisvoll sind wie der mittlerweile berühmt-berüchtigte Merlin – verschafft uns deutlich mehr Flexibilität.«
    »Ganz genau.« Merlin nickte. Dann jedoch seufzte er plötzlich.
    »Was ist los?«, fragte Cayleb sofort nach.
    »Ich wünschte, es wäre möglich, einen weiteren Seijin einzusetzen – bei Gwylym«, erklärte Merlin nachdenklich.
    »Das wohl, aber bislang kommt er auch sehr gut allein zurecht«, erwiderte Cayleb, und Sharleyan nickte nachdrücklich.
    »Ich muss zugeben, ich war beunruhigt, als er mir erklärt hat, er wolle geradewegs in die Shwei Bay hineinsegeln«, sagte sie. »Ich fürchte, er zeigt vielleicht ein bisschen viel von dem, was Ihr ›Chuzpe‹ genannt hattet.«
    »Da wart Ihr nicht die Einzige«, gab Merlin mitfühlend zurück.
    Gwylym Manthyr zeigte immenses Talent, das einzugehen, was man beim Militär gern ›kalkuliertes Risiko‹ nannte ... zumindest hinterher, wenn es funktioniert hatte. Wenn es danebenging, nannte man es meist anders. Manthyr war zuvor Caylebs Flaggkommandant gewesen, wie Merlin sich ins Gedächtnis rief. In dieser Funktion hatte der Offizier miterlebt, wie sein Kronprinz ein ganzes Geschwader durch einen Kanal gesteuert hatte – bei Nacht, wo man nicht die Hand vor Augen hatte sehen können, mitten in einem entsetzlichen Sturm. Wahrscheinlich war es nach einer solchen Erfahrung unvermeidbar, dass der Begriff ›kalkuliertes Risiko‹ recht ... dehnbar wurde.
    Aber für seine Entscheidung, sein gesamtes Geschwader durch den Shwei-Schlund und dann geradewegs den Yu-Shai-Meeresarm hinauffahren zu lassen, hat er den Begriff ›kalkuliert‹ mehr gedehnt, als meinem Kreislauf zuträglich gewesen wäre ... wenn ich denn noch einen hätte.
    Doch Merlin musste zugeben, dass das waghalsige Manöver geklappt hatte. Im Schutze der Dunkelheit war Manthyr bis an die Stadt herangefahren und hatte dabei einheimische Fischer als Lotsen genutzt. Die Garnison in Yu-Shai hatte mit seinem Eintreffen frühestens am frühen Nachmittag des nächsten Tages gerechnet. Als Manthyr seinen Angriff dann schon im Morgengrauen begann, hatten die Soldaten allesamt noch geschlafen.
    Die Abwehrbatterien vor Ort waren deutlich gefährlicher gewesen als noch vor nicht einmal einem Jahr. Seitdem hatte in Harchong die Verbesserung der Festungsartillerie Vorrang gehabt. Ziel war, die Werften

Weitere Kostenlose Bücher