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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Großbramstenge als – arg kurzen – Ersatz vertäut, aber diese Stenge reichte gerade einmal zwanzig Fuß über den Bug hinaus. Das war ein wirklich schwacher Ersatz für die Gesamtlänge von Bugspriet und Klüverbaum, die ursprünglich einmal neunzig Fuß betragen hatte. Die Mannschaft betakelte diese neuen Stagen zwar bereits, aber selbst wenn das geschafft wäre, würde der Fockmast deutlich empfindlicher sein als vor dem Sturm.
    Die Dasher und die Destruction , die beiden Galeonen, die Manthyr noch verblieben waren, hatten keine Schäden in der Takelage. Bei den momentan vorherrschenden Wetterverhältnissen sollten sie, ganz egal, wie groß oder klein der Vorsprung sein mochte, in der Lage sein, jeder jemals gebauten dohlaranischen Galeone mühelos ein zunehmend kleiner werdendes Heck zu zeigen. Nur dass eben keines ihrer Begleitschiffe es ihnen gleich tun könnte.
    Sorgfältig hatte Gwylym Manthyr seine sehr eingeschränkten Möglichkeiten und Alternativen überdacht. Dann traf er unerschütterlich seine Entscheidung.
    »Signalisieren Sie bitte der Dasher und der Destruction! «, sagte er leise.
    »Jawohl, Sir«, erwiderte Lieutenant Rahzmahn ebenso leise.
    Wenige Minuten später wehten die bunten Flaggen in einem Wind, der so kräftig geworden war, dass die Wimpel fast unbewegt wie Bretter wirkten. Manthyr selbst blickte nicht zu ihnen auf, auch wenn er bemerkte, dass einige Matrosen der Dancer sich fast den Hals danach verrenkten. Jeder an Bord wusste, was dieses Signal bedeutete. Manthyr hatte sich mit Raif Mahgail darauf verständigt, dass die ganze Besatzung das Recht hatte, es zu erfahren – sowohl, was der Admiral beschlossen hatte, als auch, warum dem so war.
    Die Antwort war schlicht genug. Die Dancer , die Klippenstraße , die Damsel und die Avalanche konnten die Flucht nicht antreten. Die Dasher , die Destruction und vielleicht auch die Talisman hingegen schon. Also würden diejenigen, die zurückbleiben mussten, den anderen bei ihrer Flucht Feuerschutz geben.
    Bei einer Schlacht im Kräfteverhältnis acht zu eins gab es nur ein mögliches Endergebnis. Andererseits sah es letztendlich bei einem Verhältnis zehn zu drei auch nicht besser aus. Es war noch nicht einmal sicher, dass die Talisman ihren Verfolgern wirklich würde entkommen können. Aber so standen die Chancen derjenigen, die tatsächlich dem Kampf entgehen könnten, deutlich besser, und Thirsk stand in dem Ruf, ein Ehrenmann zu sein. Wenn für Manthyrs Schiffe die Zeit gekommen wäre, würde sich das hoffentlich auch bewahrheiten.
    Der Admiral beobachtete, wie die Dasher und die Destruction weitere Segel setzten. Sofort neigten sie sich unter dem Druck des Windes noch mehr zur Seite, während die Klippenstraße , die Damsel und die Avalanche die immer noch nicht auszumachende Küste von Tiegelkamp hoch im Norden ansteuerten. Sie fuhren dabei fast genau vor dem Wind und bildeten achteraus der Dancer eine Schlachtreihe ... genau quer zum Kurs der Dohlaraner.
    »Hissen Sie Nummer eins, Captain Mahgail!«, befahl Manthyr und schaute zu, wie die Talisman näher und näher an seine erschreckend kurze Schlachtreihe herankam. Alle vier von Klahrksains Verfolgern feuerten jetzt aus ihren Buggeschützen. Manthyr sah sogar die windverwehte Rauchwolke, die deutlich weiter achteraus vom Vorschiff einer weiteren dohlaranischen Galeone aufstieg.
    Jubel brandete auf, als das Signal an der Rahnock der Dancer aufstieg – ›Angriff‹. Doch die Jubelschreie fielen deutlich weniger kräftig aus als sonst. Nicht weniger entschlossen, aber ohne das drachenartige Fauchen unbegrenzten Selbstvertrauens, das sonst für alle Charisianer so charakteristisch war – geboren aus dem Wissen, dass Charis schlichtweg über jedes Meer dieser Welt herrschte. Manthyr konnte es den Männern nicht verübeln. Ja, sein Herz schwoll vor Stolz sogar an, als er die Jubelrufe hörte, auch wenn er innerlich bittere Tränen vergoss angesichts dessen, was er seinen Männern abverlangen würde.
    Dann stand er reglos an Deck, und endlose Minuten verstrichen. Er lauschte dem lauter und lauter werdenden Kanonendonner. Die Talisman durchpflügte die Wellen, und der Admiral betrachtete die Gischt, die im Sonnenlicht funkelte wie zerstäubte Diamanten. Die Talisman war jetzt nahe genug, dass man die umhergeschleuderten Splitter erkennen konnte, als eine dohlaranische Kanonenkugel ihr Heck traf. Manthyr sah die Löcher in ihrem Besan, ihrem Kreuzmarssegel, ihrem Großoberbramsegel.

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