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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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schlafende oder anderweitig abgelenkte Seemänner bohrten. Der Captain der Sankt Ithmyn sollte nicht einmal mehr erfahren, dass sein Schiff angegriffen wurde – die dritte Kugel der ersten Breitseite tötete ihn im Schlaf. Ein Drittel aller Offiziere an Bord dieser Galeone wurden verwundet oder fanden den Tod bei der ersten charisianischen Breitseite – die meisten von ihnen lagen in ihren Kajüten oder saßen am Tisch in der Offiziersmesse.
    Aller Drill, alle Entschlossenheit, alle Erfahrung, die man bislang gesammelt hatte, reichten nicht aus, um diesem plötzlichen, unerwarteten, unfassbar brutalen Angriff standzuhalten. Es konnte gar nicht anders sein. Offiziere und Unteroffiziere waren tot oder verwundet. Überall an Bord gab es plötzlich schreiende Männer und den Gestank von Blut und zerfetzten Eingeweiden. Angesichts dieses Blutbades wären selbst die Erzengel in Panik verfallen, und so gab es an Bord der Sankt Ithmyn keinerlei Disziplin mehr.
    Matrosen brüllten voller Panik, kämpften sich ihren Weg zwischen den Hängematten frei, rutschten auf dem Blut ihrer Kameraden aus, trampelten über die Leichen derjenigen hinweg, die einst Tischgenossen und Freunde gewesen waren. Das war keine Feigheit, das war schieres Entsetzen , die furchtbare Folge völliger Überraschung. Und inmitten all dieser Panik, dieses Blutbades, ließ jemand eine Laterne fallen.
    Die Backbord-Geschütze von HMS Ahrmahk bäumten sich gegen ihre hölzernen Lafetten auf und schlitterten kreischend über die Decksplanken. Die Karronaden des Oberdecks hatte man mit Zündschnüren abgefeuert, wenigstens bei der ersten Breitseite, und die Schützen waren hocherfreut, dass der Regen wenigstens vorübergehend aufgehört hatte. Noch bevor die letzten Regentropfen gefallen waren, hatten sie sich bereits das Ölzeug vom Leib gerissen, das sie in ihrer Bewegungsfreiheit beachtlich eingeschränkt hatte. Nun stürzten sie sich wieder auf ihre Waffen, schrubbten die Rohre aus, rammten neue Kartuschen hinein, ließen die schweren Kanonenkugeln hineinrollen.
    Unter ihnen, auf dem Haupt-Batteriedeck, husteten und würgten die Männer ob des erstickenden Schwefelgestanks ihres eigenen Pulverdampfs. Auch sie kümmerten sich um ihre Geschütze, fuhren mit Lappen und Schwämmen durch die Rohre, um jegliche noch glimmenden Funken zu löschen, und luden neue Ladungen nach. Im Augenblick konnte niemand Zeit darauf verschwenden, sich die Zielobjekte anzuschauen – dafür wäre noch genug Zeit, wenn erst einmal nachgeladen wäre.
    Doch Bryahn Lock Island hatte die Zeit, sich die Sankt Ithmyn anzuschauen, und seine Kiefermuskeln spannten sich an, als er das charakteristische Flackern bemerkte.
    Oh, diese armen Schweine , dachte er, diese verdammt armen Schweine!
    Nichts an Bord eines Schiffes wird mehr gefürchtet als Feuer – vor allem nicht beim einem Schiff aus Holz . Und es gibt keinen Notfall, keine Bedrohung, bei der raschere, diszipliniertere Reaktion erforderlicher wäre. Doch an Bord von NGS Sankt Ithmyn gab es in dieser Nacht, in diesem Moment, keine Disziplin mehr. Zu viele derjenigen, die sonst genau richtig reagiert hatten, waren bereits tot, verwundet oder vor Panik halb wahnsinnig, und der Geruch brennenden Holzes, das plötzliche Prasseln offener Flammen, waren das Totengeläut jeglicher Hoffnung, noch einmal für Ordnung an Bord sorgen zu können.
    Mit entsetzlicher Geschwindigkeit breiteten sich die Flammen aus, holten flüchtende Matrosen ein, krochen über die Verwundeten hinweg, die kreischend versuchten, sich der todbringenden Umarmung zu entziehen. Die Flammen leckten teerschwere Taue empor, obwohl diese vom strömenden Regen völlig durchweicht sein mussten. Sie rasten durch geborstene Schotts, brüllten jubilierend auf, als sie das Schiffsfarben-Lager erreichten und mästeten sich an Fässern voller Terpentin und Baumwollkernöl.
    Bis die Ahrmahk nachgeladen hatte und die Darcos-Sund das Heck der Sankt Ithmyn kreuzte und ihrerseits dem taumelnden Schiff einen ganzen Erdrutsch schwerer Eisenkugeln entgegenschleuderte, war die schwer angeschlagene Galeone ganz offenkundig verloren. Männer sprangen über Bord; manche von ihnen standen lodernd in Flammen: Verzweifelt suchten sie ihr Heil in den kühlenden Wellen. Flammen schlugen aus dem Wrack wie aus einem von Ehdwyrds Howsmyns Hochöfen, und die ersten Funken sprühten bereits aus den offenen Luken.
    Und dann richtete die Ahrmahk ihre Geschütze auf ihr zweites Ziel.
    Kornylys Harpahrs

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