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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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beiden.«
    Jan zog Julia hinter sich her. Sie ließ sich zuerst nur ungern lenken, dann jedoch, als sie bemerkte, dass er über die bessere Ortskenntnis verfügte, gab sie ihren Widerstand auf. Sie durchquerten Hand in Hand rasch die Kleinseite, duckten sich hinter Gartenmauern, querten Gärten, schlüpften durch die Spalten zwischen einzelnen Häusern und mieden so die Hauptstraße, die vom Burgberg aus auf die Karlsbrücke zuführte.

    Sie begegneten keiner Menschenseele. Die Leute hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen und das Feld den beiden Kreaturen überlassen. Selbst die berühmte Leibwache des Kaisers war unsichtbar. Als Julia dies erwähnte, meinte Jan nur trocken: »Sie sind vermutlich dabei, die Hosen ihrer Rüstungen zu säubern. Nachdem sie vor Angst hineingemacht haben.«
    Das Toben und Brüllen von der Brücke her ließen die Luft erzittern. Offenbar waren die Kreaturen sich ebenbürtig in ihrer Kraft, denn seit gut einer halben Stunde flog die Chimäre gegen den Leu und bislang zeigten beide keinerlei Ermüdung. Jan und Julia konnten die Pantherchimäre mit ihrem Natternkopf immer wieder aus nächster Nähe beobachten, da sie die Karlsbrücke anflog und dabei bis an den Burgberg heran Schwung holte.
    Endlich gab die Bebauung den Blick auf die Karlsbrücke frei. Sie verbargen sich hinter einem Holzschuppen und beobachteten das Treiben auf der Brücke.
    Der Leu stand, auf seinen Hinterbeinen aufgerichtet, auf der Brüstung und schlug mit einer Tatze nach den Lederflügeln der Pantherchimäre. Alle drei Köpfe schnappten gleichzeitig nach ihr. Das Flugwesen wiederum stand in der Luft, schlug mit seinen Schwingen und versuchte, mit seinen scharfen Krallen einen der Köpfe des Leu zu treffen. Der blutete bereits blau aus einer Schulterwunde. Die Chimäre versuchte außerdem, mit ihrem langen Hals den Rücken des Leu zu erreichen und ihn dort zu beißen. Doch der Leu war blitzschnell und von einer außerordentlichen Sprungkraft. Er packte die Pantherchimäre bei einem ihrer Flügel und zerrte sie aus der Luft zu sich hinab auf die Brücke. Sie schien verloren zu sein, denn ihr Flügel riss an den Stellen ein, die mit den scharfen Klauen des Leu Bekanntschaft machten. Ein Regen aus blauen Funken stob empor.
Gleichzeitig gelang der Chimäre ein kräftiger Biss in den Rücken ihres Gegners. Beide ließen voneinander ab und trennten sich in einem Regenbogen aus Blitzen und einem frostigen Hagel.
    Als die Pantherchimäre mit dem Natternkopf sich in die Luft erhob – zwei kräftige Schläge mit den rötlichen Schwingen genügten ihr -, konnte Jan erkennen, dass die Verletzungen bereits im Flug und mit dem Schlagen der Schwingen verheilten. Keine Risse, keine Wunden, kein Blut.
    »Wir müssten um die halbe Stadt herumgehen, um auf die andere Seite hinüberzukommen«, bemerkte Julia. »Wenn wir hier ein Boot zu Wasser lassen, ertränken sie uns.«
    »Hast du das gesehen?«, fragte Jan.
    »Was denn?« Julia schien etwas verärgert darüber zu sein, dass er ihr nicht recht zuhörte.
    »Sie haben sich gegenseitig verletzt – und doch ist keiner so stark verletzt, dass er aufgeben muss.« Jan verstummte kurz, weil er sah, wie sich eine der Klauen der Chimäre in die Flanke des Leu schlug und ihn beinahe von den Füßen riss. Es blitzte und sirrte, dann war alles wieder vorbei, und der Leu schüttelte den Halskragen und seine drei Köpfe und stand da, als wäre nichts geschehen. »Sie können einander nicht töten.«
    »Wie meinst du das?«, hakte Julia nach.
    »Wie ich es gesagt habe. So wie mich der Leu zwar verletzen, aber nicht wirklich töten konnte, so verletzen sie sich gegenseitig, können sich jedoch nicht umbringen. Ihre Wunden heilen sofort.« Jan wurde ernst. »Das heißt, sie kämpfen so lange, bis es einem der Wesen zu langweilig wird.«
    »Aber«, stotterte Julia und betrachtete den Kampf jetzt ebenfalls ausführlicher, »das kann doch nicht sein.«

    »Was kann schon sein und was nicht? Ich glaube an nichts mehr, was ich noch vor ein paar Tagen für sicher gehalten habe. Das Leben ist unberechenbar in allen Belangen.«
    Jan setzte sich hin und starrte auf den Fluss hinaus. Wenigstens der bot eine gewisse Beständigkeit. Er war kalt, er floss unerbittlich dahin, und Jan fiel keine andere Möglichkeit ein, ihn unbeschadet zu überqueren, als über die Karlsbrücke. Er presste die Hände gegen die Ohren, damit er ungestört über ihre Flussüberquerung nachdenken konnte. Es musste eine andere Lösung

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