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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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versuchte erneut, ein Gespräch in Gang zu bringen.
    Tatsächlich gelang es ihr, ihn kurz aus seiner Konzentration zu lösen. »Versucht es!«, das war alles, was der Malergehilfe von sich gab.
    Julia wollte die Hand heben, doch die Kleidung lag wie Blei auf ihrem Körper und widersetzte sich ihren Bewegungen. Sie war wie gefesselt, ohne einen Strick um den Körper gebunden zu haben. Jetzt hätte sie Jan gebraucht und seine Fähigkeit, sich diesen Chimären zu widersetzen. Er hätte sie nur zu berühren brauchen – und das Kleid wäre einfach von ihr abgefallen. Ihre Gedanken stockten kurz, und sie fühlte, wie sich der Hals und die Unterpartie des Kopfes
röteten. Dann hätte sie nackt und bloß vor Jan gestanden, sie trug schließlich nur die Kleidung, die sie im Zimmer nebenan vorgefunden hatte. Sie fühlte jedoch keine Scham bei dieser Vorstellung, sondern eine intensive Neugierde und … Vorfreude. Der Gedanke blitzte in ihr auf, dann war er auch schon wieder verschwunden und die Stimme des Adlatus holte sie in die Wirklichkeit zurück.
    »Eine nette Erfindung, nicht?« Contrario grinste sie an. Sein Blick war so unstet und falsch, dass ihr übel wurde. Julia hoffte inständig, Jan würde nach ihr suchen. Das Einzige, was sie tun konnte, war, den Gehilfen so lange wie möglich hinzuhalten bei dem, was er tat. Doch dazu musste sie wissen, was genau er vorhatte.
    »Was werdet Ihr mit mir tun? Jan hat mir erzählt, Ihr könntet nicht so genau malen.« Julia versuchte, den Adlatus zu provozieren – und diesmal gelang es ihr.
    Contrarios Blick hob sich langsam. In seinen Augen glühte sichtbar ein Hass, der sich dort über die Jahre angestaut hatte. Julia hatte offenbar ins Schwarze getroffen. »Das mag sein. Aber ich beherrsche dafür andre Künste vortrefflich. Und Ihr, Jungfer Julia, werdet mein Meisterwerk.«
    Julia musste schlucken. Das klang nicht wirklich ungefährlich. »Was habt Ihr vor?«
    »Ich muss Euch zuerst auf die Leinwand bannen. Dazu muss ich nicht einmal genau arbeiten, Jungfer Julia. Mühe werde ich mir trotzdem geben. Schließlich soll mir Euer Porträt besondere Dienste leisten.« Contrario lachte, lachte so gehässig, laut und unmäßig, dass es Julia kalt den Rücken hinablief.
    Von welchen Diensten war hier die Rede?
    »Wie … stellt Ihr Euch das vor?« Ihre Stimme klang heiser. Plötzlich war es trocken und stickig im Raum, und das Licht, das durch ein vergittertes Fenster einfiel, wirkte kalt.

    »Hat Euch Euer Freund nicht erzählt, wie meine Bilder hergestellt werden?« Wieder unterbrach der Adlatus seine Arbeit. »Dabei hat er mir sogar geholfen, eine meiner schönsten Bestien zu malen.«
    In Julias Gesichtsausdruck musste sich ihr Entsetzen darüber widergespiegelt haben, denn der Adlatus kicherte vor sich hin. »Er hat es also nicht erzählt, er hat es nicht gesagt.« Contrario stand auf und trat dicht vor Julia hin. Sie roch seine käsige Ausdünstung und seinen schlechten Atem. »Er war es, der den Leu gemalt hat. Ich habe ihn nur zum Leben erweckt. Doch der dreiköpfige Leu ist seine Vision.« Wieder lachte er unmäßig und schlug sich auf die Schenkel. »Er ist ihm wirklich gut gelungen.«
    »Das ist nicht wahr. Ihr könnt keine Wesen zum Leben erwecken. Ihr nicht. Das kann nur Messer Arcimboldo.«
    Die diebische Freude verwandelte sich in Hass und entstellte das Gesicht des Adlatus von einer Sekunde zur anderen bis zur Unkenntlichkeit.
    »Dann werde ich Euch einmal erklären, wie so ein Bild zustande kommt. Und ich werde es Euch an Eurem eigenen Porträt erklären, damit Ihr, wenn Ihr verdämmert, erkennen könnt, wie meine zukünftige Frau aussehen wird. Ihr hasst mich. Ich sehe es Euch an, doch Eure Doppelgängerin wird mich lieben. Sie wird mich verehren. Sie wird mich anbeten!« Die letzten Sätze schrie Contrario in den Raum hinein. »Sie wird mich für einen Gott halten wie ganz Prag. Ich bin der neue Herrscher dieses Erdkreises. Ich! Versteht Ihr? Ich, Exzellenz Contrario I.!«
    Julia blickte dem Wahnsinn in die Augen. Sie drückte sich noch weiter in den Stuhl hinein und wäre am liebsten durch ihn hindurchgeschlüpft, weil es ihr graute. Graute vor diesem Irren und vor dem, was er vorhatte.
    Julia schluckte. Als sie dem hin und her rennenden und
nervös gestikulierenden Adlatus nachblickte, wurde ihr bewusst, dass sie unbedingt Zeit gewinnen musste. Zeit für Jan.
    »Wie wollt Ihr das machen?«, fragte sie spöttisch und schluckte gleichzeitig einen guten Teil ihrer

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