Haus der roten Dämonen
frierend unter das kleine Vordach des Hühnerstalls duckte, um dem endlosen Regen zu entgehen, blickte verwundert auf. »Reden jetzt schon die Hühner?«, fragte er zurück und spähte durch das Riemenflechtwerk ins Innere des Hühnerstalls.
Ein Schlupf öffnete sich und das Gesicht eines Mädchens erschien, dunkler Teint, ebenso dunkle Augen und ein schwarzer Haarschopf. Auf ihren Augenbrauen saßen kleine Flaumfedern.
»Gack, gack!«, begrüßte sie Jan. Der musste grinsen. »Du machst eine mindestens ebenso lächerliche Figur wie ich!«, sagte das Hühnergeschöpf schnippisch. »Bist du der Kerl, der unsere Hühner frisst und die Eier stiehlt?«
»Eure Hühner? Niemals. Ich bin aus dem Zimmer geschickt worden.« Er deutete nach oben. »Dem alten Mann geht es überhaupt nicht gut. Er stirbt.«
Jan hörte im Inneren des Stalls die Hühner erschreckt aufflattern und ein Scheppern, als wäre eine der Stangen herabgebrochen. »Haben sie wieder den Quacksalber zu Großvater gelassen?«, tönte die Stimme dumpf.
»Bist du von der Stange gefallen?«, erkundigte er sich besorgt. Doch da wurde hinter ihm die Stalltür geöffnet. Das Mädchen stand darin und schob ihn mitsamt der Tür in den Regen hinaus.
»Sie dürfen ihn nicht zu ihm lassen. Er bringt ihn nur
um!« Flink klopfte sie sich die kleinen Federn aus Haaren und Kleidern.
»Was machst du überhaupt im Hühnerstall? Soll ich dir helfen?«
»Fass mich nicht an!«, keifte das Mädchen und funkelte ihn wütend an, weil Jan versuchte, kleine weiße Federchen aus ihren schwarzen Haaren zu zupfen. »Ich muss mich beeilen. Weg da!«, sagte sie nur. »Großvater braucht Hilfe, sonst stirbt er tatsächlich.«
Wie eine Windbö fegte sie durch den Garten und ins Haus, und Jan hörte, wie sie im Stockwerk über ihm lautstark gegen den Aderlass protestierte. Er musste ihr recht geben. Contrario beschleunigte mit seinem Eingriff nur das Sterben des Alten. Das Kreischen des Mädchens, das offenbar von den Verwandten festgehalten werden musste, weil es sich sonst auf den Adlatus gestürzt hätte, fuhr ihm wie scharfe Fingernägel über den Rücken. Ihn bissen Schuldgefühle, weil sie sich so für ihren Großvater einsetzte, während er nichts dagegen getan hatte, dass Contrario sein grausames Handwerk ausübte. Zumindest wollte er den Gehilfen genauer beobachten und sich einmal das ausgeschüttete Blut vor den Fenstern ansehen, ob an ihm etwas auffällig war.
Jan zog sich wieder in den Schutz des Hühnerstalls zurück und sah zerknirscht in den Regen hinaus, der einen Schleier über Prag gelegt hatte. Von seinem Standpunkt aus hatte er einen Blick über die Moldau und die südliche Vorstadt bis zur Karlsbrücke. Zwei riesige Holzflöße trieben stromabwärts und wurden von mindestens fünfzehn Flößern um das Moldauknie gesteuert. Sie tauchten aus dem Wasservorhang auf und verschwanden wieder darin, als wäre es die Vorstellung einer Wanderbühne gewesen. Das Wasser tünchte die Stadt mit sattem Braun und Grau. Alles wirkte ebenso trostlos, wie Jan sich gerade fühlte.
Zu seinen Füßen raschelte es, und Jan hätte beinahe den Fuß zurückgezogen, um gegen einen Stock zu treten, der dort lag. Im letzten Augenblick konnte er die Bewegung stoppen. Dort lag kein Stock. Ein Lebewesen kroch aus einer Lücke des Hühnerstalls, eine Art Schlange mit Beinen, eine übergroße rötliche Eidechse. Sofort beschleunigte sich sein Atem und Jan musste mehrmals hörbar schlucken. Auch das Tier hörte offenbar das Geräusch und hob den Kopf. Smaragdgrüne Augen fixierten ihn und eine blaue Zunge schoss aus dem Mund des Wesens. Sie war gespalten wie bei einer Kreuzotter. Dann öffnete sich der Mund und gab zwei spitze feuerrote Zähne frei, die sich höher aufrichteten, je weiter das Maul aufgerissen wurde.
Du frisst hier also die Hühner, dachte Jan und wagte sich nicht zu rühren. Wer oder was bist du?
Der Körper der Echse war mit Schuppen bedeckt, die rötlich schimmerten und sich der Umgebung anzupassen schienen, denn sie wechselten die Farbe je nach Untergrund, einmal braunrot, wie das Holz des Verschlags, dann wieder grün wie die Grasbüschel davor, aber immer mit diesem Anflug von Purpurrot.
»Kerl! Komm endlich, wir müssen fort!«
Jan schreckte hoch. Contrario rief ihn. Er konnte sich jedoch nicht rühren, aus Furcht vor den Folgen. Und rufen wollte er ebenso wenig.
Das fremdartige Tier schien sich über sein Dilemma zu amüsieren, denn es verzog die Mundwinkel, dann
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