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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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Waisenhausleiter auch zu sonst nichts taugte, über solche Dinge wusste er merkwürdigerweise Bescheid. Höflichkeit verlängerte eine Anstellung entschieden.
Vielleicht sollte er seinen neuen Herrn fragen, warum er ausgerechnet ihn ausgewählt hatte …
    Jan hatte nicht vor zu schleichen, als er jedoch auf halber Treppe Stimmen vernahm, versuchte er, so leise wie möglich emporzusteigen. Käme er ungelegen, könnte er unbemerkt umkehren und müsste sich nicht umständlich entschuldigen.
    So erklomm er lautlos die Stiege, prüfte bei jedem Schritt, bevor er ihn aufsetzte, ob die Stufe unter seinem Fuß knarrte. Als sich sein Kopf auf Höhe des oberen Bodens befand, konnte er erkennen, dass das Stockwerk aus einem einzigen Raum bestand, aus dessen Fensterfront man tatsächlich in die freie Landschaft hinter der Mauer blicken konnte. Nahe am Fenster, im letzten Licht der untergehenden Sonne, die hier länger in das Zimmer schien als in die Schlucht der Spornergasse, stand Messer Arcimboldo. Direkt hinter ihm, devot gebückt, aber mit einem lauernden Ausdruck im Gesicht, Lob oder Tadel erheischend, Contrario-Buntfinger. Sein neuer Herr betrachtete eben eine Phiole gegen das Licht der Sonne. Jan konnte erkennen, dass die Flüssigkeit darin rötlich funkelte.
    »Das Blut eines Sterbenden. Er wird kaum noch eine halbe Stunde gelebt haben«, vernahm er Contrarios Erklärung. »Danach sind wir gleich hierher zurückgekehrt.«
    »Du hattest den Jungen dabei?«, fragte Arcimboldo.
    »Ich hatte den Jungen weggeschickt. Es sind zweierlei Dinge, einen Menschen zur Ader zu lassen und ihm … nun Ihr wisst ja.«
    »Gut gemacht!«, sagte Messer Arcimboldo und schien ganz in die Betrachtung des roten Blutsaftes vertieft zu sein.
    Jan war alarmiert. Was verhandelten die beiden da? Langsam, ohne ein Geräusch zu verursachen, trat er den Rückzug an. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass er diese kurze
Besprechung nicht hätte mithören dürfen. Obwohl er sich geräuschlos die Treppe hinabbewegte, lauschten seine Ohren auf jeden Atemzug, der dort oben getan wurde. Gleichzeitig herrschte in seinem Kopf die schlimmste Verwirrung: War Messer Arcimboldo doch kein Maler, sondern ein Alchemist, der mit Blut oder gar Menschenteilen experimentierte oder womöglich einen Jungen wie ihn für seine Experimente brauchte und ihn sich dafür aus dem Waisenhaus geholt hatte? Ihn würde niemand vermissen, so viel war sicher.
    »Er richtet sich gerade ein … wir werden die Gelegenheit haben, es auszuprobieren … nicht vorsichtig genug … einzigartig …« Er verstand noch den einen oder anderen Brocken, der oben gesprochen wurde, konnte sich jedoch aus diesen einzelnen Bruchstücken kein sinnvolles Ganzes mehr zusammenreimen. Dennoch klang es bedrohlich, für ihn bedrohlich. Als er die letzte Stufe nach unten genommen hatte und wieder auf dem Steinboden des Erdgeschosses stand, beeilte er sich, zu seinem Zimmer zurückzukommen.
    Die Phiole mit ihrem funkelnden Inhalt ging ihm nicht aus dem Kopf. Wozu benötigte Messer Arcimboldo Blut? Blut eines Sterbenden? Hatte Contrario nicht alles Blut seiner Patienten zum Fenster hinausgeschüttet?
    Jan stand wie erstarrt inmitten des Raums, bis ihn die Stimme Contrarios herumriss.
    »Allzu viel aufgeräumt hast du noch nicht«, knurrte der Adlatus. »Aber du wirst noch zum Schwitzen kommen, wenn du heute Nacht hier schlafen willst. Jetzt werde ich dich jedenfalls in deine eigentliche Arbeit einweisen, Kerl.«
    Mit einem Wink der Hand befahl er, ihm zu folgen. Buntfinger öffnete die Tür, die dem Hauseingang am nächsten lag. Scheinbar mit dem Schnippen eines Fingers entzündete
er eine Kerze. Jan musste schlucken, denn er entdeckte weder Zunder noch Feuerstein in der Hand des Gehilfen. Und er hatte das Gefühl, als würde sich der Raum langsam aufblähen, seit die Tür geöffnet war und Licht brannte. Aber das war sicher nur eine Täuschung, die mit dem Unterschied zwischen Helligkeit und Dunkelheit zu tun hatte. Das schwache Licht der Kerze wurde heller und heller und leuchtete schließlich den Raum aus, als schiene darin die Sonne.
    Er war vollgestellt mit Regalen, auf denen Steine und Farbsande lagerten. Manche lagen in offenen Kistchen, andere waren auf einfachen Brettern abgelegt oder lagerten in Schalen. Sie waren nach Farbunterschieden geordnet. Ganz links begannen die rötlichen Erden und Steine, ganz rechts endete die Skala bei den blauen oder bläulichen Erden und Steinen. Dazwischen fanden sich

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