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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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ihn hinter die Absperrung, ohne sich weiter um Julia zu kümmern.
    »Geh zu Meister Arcimboldo!«, schrie Jan ihr noch zu, dann wurde ihm ein Sack über den Kopf gestülpt und er konnte nichts mehr sehen. Beinahe sofort ließ sein Widerstand nach.
    Die Erinnerung packte ihn mit Gewalt. So hatte man seine Mutter fortgeschleppt, während er durch eine Bodenritze von oben die Szene beobachtet hatte. Mutter hatte sich gewehrt, hatte immerzu geschrien, sie sei keine Hexe, und war von den Wachen misshandelt worden, bis sie reglos und still in ihren Armen gehangen hatte. So wollte er nicht enden. Was hätte es ihm auch gebracht, sich zu wehren, außer Schmerzen und blaue Flecken?
    Die Wachen gingen sowieso nicht zimperlich mit ihm um. Er wurde treppauf, treppab geschleppt, stolperte über unebenes Pflaster und tappte enge Stufen hinab, wurde gestoßen und getreten, bis ihn ein Geruch gefangen nahm, der so abstoßend war, dass er sich beinahe übergeben hätte. Was allerdings unter dem Sack fatal gewesen wäre. Mit einem Schlüssel wurde eine Tür geöffnet. Kreischend zog man sie auf, dann erhielt Jan einen Stoß in den Rücken. Er stolperte vorwärts in einen Raum, blieb an etwas hängen, stürzte und landete schmerzhaft auf den Handballen. So blieb er liegen, während hinter ihm die Tür wieder geschlossen wurde.
    »Wen haben wir denn da?«, hörte er eine Stimme hinter sich.
    Jan hatte die Hände frei. Im Nu nestelte er den Verschluss am Sack auf und riss ihn sich vom Kopf. Es war in dem Raum ebenso dunkel, wie es unter dem Sack gewesen war.

    »Ist dort jemand?«, fragte Jan und stand ganz auf.
    »Ich wusste bis eben nicht, ob ich noch bin. Deine Stimme sagt mir jedoch, dass ich noch existiere.«
    Jan versuchte, seine Augen an die beinahe völlige Finsternis zu gewöhnen. Wenn diese Dunkelheit ebenso undurchdringlich war wie der Gestank, der in diesem Raum herrschte, dann würde er niemals mehr etwas sehen, dachte Jan. Nur sehr langsam schälten sich Umrisse aus dem Dunkel. »Kann man denn nicht mal das Fenster öffnen? Es riecht ja fürchterlich hier.«
    »Guter Gedanke«, sagte die immer noch körperlose Stimme. »Wenn du so nett wärst, den Laden vom Fensterloch zu nehmen. Ich kann leider nicht.« Ein Klirren ertönte. Waren das womöglich Ketten? Jan ergriff den Uschebti in seiner Hosentasche. Den hatten ihm die Schweizer merkwürdigerweise gelassen. Mit ihm würde er zuschlagen, sollte man ihn angreifen.
    Jan sah nach oben. Sicherlich zwei Körperlängen hoch über ihm kroch ein schwacher Lichtstrahl von außen in den Raum. Von einem hölzernen Laden war nichts zu sehen.
    »Ihr scheint ein Witzbold zu sein«, sagte Jan. »Und du weißt nicht, wo du dich befindest«, spottete die Stimme.
    Langsam schälten sich weitere Umrisse aus dem spärlich beleuchteten Arrest. Vor Jan lag ein Mann auf dem Boden, ausgestreckt und die Arme mit einer Kette zusammengeschlossen. Neben ihm stand ein hölzerner Zuber, dem ein bestialischer Gestank entströmte. Jan fuhr der Schreck in die Glieder. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wohin sie ihn wirklich gebracht hatten: Er befand sich im Kellerkerker des Hradschin.
    »Wer seid Ihr?«, fragte Jan.
    »Dasselbe könnte ich dich fragen«, blaffte die Stimme
zurück. »Schließlich habe ich hier Hausrecht. Ich bin schon länger in diesem Loch als du!«
     
    »Geh zu Meister Arcimboldo!«, hatte Jan ihr noch zugerufen, bevor einer der Wächter ihm einen Sack über den Kopf geworfen und ihn mit fortgezogen hatte.
    Was nützte ihr jetzt ein Zauberspruch, mit dem man eine Fayence beleben konnte, wenn sie nicht greifbar war? Messer Arcimboldo, fuhr es ihr durch den Kopf! Natürlich. Nur der konnte Jan jetzt noch helfen.
    Als Jan verhaftet und weggeführt worden war, hatte sich Julia eilig in eine der Nebenstraßen verzogen, die gerade so breit war wie sie selbst.
    »Wo ist das Mädchen?«, hörte sie jetzt hinter sich rufen. »Wir müssen das junge Ding …« Mehr wollte sie nicht hören. Schließlich war in dieser Stadt beinahe jeder bereit, für ein paar Kupfermünzen einen andern einzufangen, egal ob dieser schuldig war oder unschuldig. Das Leben war teuer – und der Verdienst gering. Ein Zubrot konnte da nicht schaden.
    Julia rannte die schmale Gasse entlang, bis diese auf einen Hang hinauslief. Dort stand das Gras hüfthoch. Sie lief eine Strecke weit hinein und ließ sich dann fallen. Hoffentlich war ihr niemand gefolgt.
    Was eben passiert war, hatten sie nicht voraussehen können. Offenbar

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