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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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nicht mehr zu rebellieren.
Aber direkt neben den Fäkalienkübel wollte er sich trotzdem nicht setzen.
    »Deinetwegen, Junge, bin ich hier. Nur deinetwegen.«
    In Jan begehrte alles auf. »Das stimmt doch nicht. Was wollt Ihr mir noch anlasten?« Er rückte ein Stück von dem Gefangenen ab.
    »War nicht so gemeint«, besänftigte ihn der Zwilling des Todkranken, den Contrario-Buntfinger mit seiner Praxis des Aderlasses beinahe getötet hätte. »Dennoch stimmt es. Ich habe den Quacksalber angezeigt – und bin prompt selbst hier gelandet. Ich hätte einen ehrbaren Bürger verleumdet. Verleumdet!« Der Mann spuckte in eine Ecke des Kerkers. »Er bringt beinahe meinen Bruder um, und mir wirft man vor, ich würde ihn verleumden.« Seine Stimme war voller Groll und Verbitterung. »Ein ehrbarer Bürger! Ha!«
    »Sie haben Euch einfach so eingesperrt?« Jan konnte es nicht glauben. Bislang hatte er immer an die Gerechtigkeit und das Wohlwollen des Kaisers und seiner direkten Untergebenen geglaubt. »Nur weil Ihr Euch beschwert habt?«
    Der Mann nickte in die Dunkelheit hinein. »Ich bin in den Burghof gegangen, nachdem wir uns gesehen hatten, und habe herumgefragt, wo ich mich wegen eines Quacksalbers beschweren könnte. Man hat mich an einen kleinen Dicken verwiesen, der nicht mal mehr seine Arme vor den Bauch legen konnte. Er hatte einen derartigen Umfang, dass sie ihm regelrecht vom Körper abstanden, als wäre der ganze Kerl aufgeblasen worden. Wie eine Schweinsblase!« Jakub lachte, offenbar bereitete ihm der Gedanke an den Dicken Vergnügen.
    »Messer Hans Mont!«, entfuhr es Jan. Dieser elende Dieb, dachte Jan, entführt jetzt auch noch feige Menschen.
    »Du kennst den Kerl?« Der Zwilling versuchte, sich aufrecht hinzusetzen.

    Erst jetzt erkannte Jan, dass der Mann seine Beine nicht richtig bewegen konnte. »Was habt man mit Euren Fußsohlen gemacht?« Jan entdeckte die dunkel verkrusteten Sohlen, sie waren schwarz, als wären sie lange nicht gewaschen worden.
    »Sie haben mich auf die Fußsohlen geschlagen, damit ich ihnen erzähle, was ich weiß. Ich weiß aber nichts.« Er stöhnte, als er seine Sitzhaltung wieder veränderte. »Sie wollten mir nicht glauben und haben alles aus mir herausgeprügelt.«
    »Was alles?«, musste Jan fragen. Er konnte den Blick nicht von den Sohlen lösen.
    Jakub gelang ein bitteres Lachen. »Alles, was sie wissen wollten. Allerdings stimmt kaum etwas davon. Ich wollte nur nicht wieder geschlagen werden. Hast du eine Ahnung, Junge, wie weh es tut, wenn sie dir auf die Fußsohlen prügeln, bis sie platzen? Das willst du nicht wissen, glaub mir. Die Brut schlägt genau zwischen die Fußballen, dorthin, wo die Haut am dünnsten ist.«
    Zwischendurch wimmerte der Mann, als würde er noch immer Schläge auf die Sohlen erhalten.
    »Wenn die Haut dort weggeprügelt ist, gehen diese Tiere auf die Hornhaut los. Die löst sich nicht ab. Sie springt und reißt tief ein. Die Wunden brennen wie die Hölle.« Erschöpft legte er den Kopf zurück. »Seit gestern bin ich hier. Dieser verfluchte Mont hat mir das alles eingebrockt.«
     
    Julia hatte keine Zeit, sich nach dem Sprecher umzusehen. Der Mann, der gerade auf sie zukam, war niemand anders als dieser verwachsene, humpelnde Adlatus des Malers Arcimboldo. Mit gesenktem Kopf und starrem Blick stapfte Contrario die Gasse hinauf, beständig vor sich hin murmelnd.

    Hinter ihm öffnete sich die Tür des Hauses. Auf der Türschwelle stand Messer Arcimboldo. Sie hatte ihn schon einmal gesehen, im Vladislav-Saal, und erkannte ihn sofort wieder. Sein Aussehen war unverwechselbar, so schlank und schmal, wie er war. Julia war so glücklich zu wissen, wo sie Messer Arcimboldo finden konnte, dass sie beinahe überhört hätte, was der Maler seinem Adlatus hinterherbrüllte: »Lass dich hier nicht wieder blicken! Verfluchter Schmarotzer!«
    Das klang keineswegs freundlich. In Julias Kopf läuteten Sturmglocken. Wenn die beiden sich überworfen hatten, wenn dieser Contrario daran schuld war, dass es dieses Ungeheuer gab, dann wollte und durfte sie ihm nicht über den Weg laufen. Doch nirgends gab es eine Lücke, eine offene Tür, ein Fass, um sich zu verbergen.
    Und einfach wegrennen konnte sie auch nicht. Dann bestand nämlich die Gefahr, dass er auf sie aufmerksam wurde und sie wiedererkannte. So blieb Julia sitzen wie ein Eisblock, der eben an einer Bank abgeladen worden war.
    Das Mädchen senkte den Kopf, blickte zu Boden, dann streckte es einer

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