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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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hatte der Vorfall im Hirschgraben, vom dem sie aus Jans Erzählung wusste, Maßnahmen ausgelöst, die den Kaiser schützen sollten. Das wiederum hieß, dass man an ihn nicht mehr herankam.
    Julia starrte zum Himmel empor, in dem sich kleine weiße Wolkenbüschel gegenseitig jagten. Wie leicht sie aussahen, wie schwerelos sie dahinglitten. Nichts stellte sich ihnen in den Weg. Mit einem leisen Seufzer stützte sie sich auf den
Ellbogen auf. Wie anders dort oben am Himmel doch alles war im Gegensatz zu hier unten auf dieser Erde. Wohin sie Jan wohl bringen würden? Vermutlich in den Kerker. Wenn er einmal dort war, dann würde er so bald nicht wieder herauskommen. Schnelligkeit war keine der Tugenden der Prager Justiz. Umso schneller musste sie handeln.
    Jan hatte recht. Nur Messer Arcimboldo konnte hier noch helfen. Leider wusste sie nicht einmal, wo sich dessen Haus befand. Nur eines wusste sie: Es lag hinter dem Hradschin auf der Nordwestseite des Burgbergs.
    Vorsichtig horchte sie, ob ihre Verfolger irgendwo auf sie lauerten, doch nur das Gespött der Amseln aus dem Gebüsch am Wegrain hallte über die Felder. Vorsichtig spähte sie über die Halme hinweg in die Richtung, aus der sie gekommen war. Soldaten sah sie keine. Julia rappelte sich auf und kämpfte sich durch das hüfthohe Gras den Berg hinauf.
    Auf halber Höhe hemmte eine Mauer ihren Aufstieg. Das musste die Ummauerung des Klosters Strahov sein. Wenn sie diese Umfassung entlanglief, gelangte sie wieder auf einen Weg, und den musste sie dann nur noch zurück zum Hradschin gehen. Irgendwo dazwischen würde sie sicherlich auf das Haus Messer Arcimboldos treffen.
    Eine gute Stunde später überfielen sie die ersten Zweifel. Bereits in Sichtweite der Wachen vor dem Hauptplatz des Hradschin, hielt sie inne. Weder hatte sie das Haus entdeckt noch war sie auf Messer Arcimboldo getroffen. Die Turmuhr des Klosters hatte zum zweiten Mal die Stunde geschlagen – Julia brauchte dringend eine neue Idee.
    Ihre Gedanken waren bei Jan, der sich in den feuchten Kerkerräumen sicherlich den Tod holen würde, wenn er nicht bald freikam. Auf dem Absatz machte sie kehrt und lief zurück. Diesmal einen andern Weg, der sie weiter den Hang hinabführte. Wenn sie auch diesmal das Haus nicht
fand, so schwor sie sich, würde sie irgendwo klopfen und fragen. Auch auf die Gefahr hin, dass man sie verhaften und einsperren würde.
    Eine weitere halbe Stunde später war sie den Tränen nahe. Sie war beinahe alle Häuser des Viertels hinter dem Kaiserpalast abgelaufen, ohne auf das des Malers zu treffen. Außerdem öffnete niemand ihr die Tür, wenn sie anklopfte. Die Schrecken der Nacht steckten den Menschen wohl noch in den Gliedern.
     
    Jan wusste, dass der schlimmste Feind des Gefangenen das Selbstmitleid war. Wer sich aufgab, der faulte nicht nur von außen, dessen Seele begann sich aufzulösen wie das Stroh, auf dem er lag.
    Auch Hajek hatte ihnen das immer wieder eingebläut. »Wer sich selbst bemitleidet, gibt sich auf.«
    Der Waisenhausleiter hatte ihnen empfohlen, sich etwas zu suchen, woran sie ihre Seele knüpfen und im Wind flattern lassen konnten. Doch Jan hatte nichts und fand nichts, woran er seine Seele hätte festmachen können. Er schloss die Augen und wollte nicht wissen, wer und was sich hier in diesem Kerkerloch befand.
    So lag er und lauschte seinem eigenen Atem, den kurzen Stößen der Luft, wenn er gegen das Weinen kämpfte, und der Wut, die noch immer in ihm brannte – und schließlich kehrten seine Gedanken wieder zu seiner Mutter zurück.
    Sie musste ebenfalls Wochen hier in diesen Zellen verbracht haben. Wochen der Unsicherheit und des Hungers, Wochen der Angst und des Schmerzes, wenn die Foltermale brannten. Der Gedanke daran, ihr Kind zurücklassen zu müssen, hatte sie beinahe umgebracht. Das wusste Jan von Hajek, der es ihm in einem Anflug von Menschlichkeit an den Kopf geworfen hatte. Plötzlich wusste Jan, an wen
er denken würde, an welcher Stange er seine Seele wie eine Fahne würde wehen lassen: an seine Mutter.
    Zugleich kam ihm in den Sinn, nachzuforschen, warum sie auf dem Scheiterhaufen gelandet war. Jan war sich sicher, dass ihm Messer Arcimboldo etwas Wichtiges verschwieg, wie ihm dessen Andeutungen und dessen sehr spezielles Wissen über das Mal auf seinem Rücken gezeigt hatten. Er musste Messer Arcimboldo unbedingt wiedersehen, um von ihm zu erfahren, was es mit diesem Mal auf sich hatte. Schon deshalb musste er aus dem Kerker

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