Haus der Schatten (Unheimlicher Roman/Romantic Thriller) (German Edition)
wahr? Bis die feindlichen Horden in Gestalt von Polizei und Staatsanwaltschaft abgezogen sind."
Francine hob den Kopf. "Ich glaube nicht, dass wir uns noch etwas zu sagen haben, Bellinda!"
Sie kam ein paar Schritte heran und verzog den Mund zu einer Art Schnute.
"Das Leben mit dem alten Onkel Jeffrey war oft nicht einfach, das kannst du mir glauben...", murmelte sie. "Du hast es ja am eigenen Leib erfahren..."
"Ich weiß Bellinda. Und ich habe ja auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen..."
Bellinda lachte.
"Ja", zischte sie dann. "Wahrhaft mörderische Konsequenzen..."
Francine hatte etwas erwidern wollen, aber plötzlich zuckte sie zusammen. Ihr Gesicht wurde bleich und sie biss sich auf die Unterlippe. Die Stimme...
"Ich finde...keine Ruhe...", raunte es durch den Raum. Es war, als ob sich eine Kalte Hand auf ihren Rücken legte. Sie fröstelte und fühlte, wie eine Gänsehaut ihren Körper überzog. "Hörst du das nicht, Bellinda?", fragte sie.
Bellinda zuckte die Achseln. "Wovon sprichst du?"
"Nichts." Francine schluckte. Also doch!, wurde es ihr klar. Ich bin verrückt.
*
Als sie ihr Zimmer betrat, fürchtete sie zunächst, wieder die Stimme ihre Vaters zu hören. Aber da war nichts. Die Stimme schwieg und sie atmete auf, während sie Licht anmachte und dann einen Blick hinaus dem Fenster warf. Draußen stürmte es. Der Wind die Bäume und ließ die braungewordenen Blätter in Scharen herabsegeln. Ihre Gedanken waren bei Norman Harris. Sie mochte diesen Mann und wahrscheinlich hatte sie sich sogar ein wenig verliebt. Und wies den Anschein hatte, war sie ihm auch alles andere als gleichgültig. Ein verträumtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Doch es erstarb sofort, als die Stimme ihres toten Vaters wieder an ihr Ohr drang.
"Ich...finde...keine...Ruhe...", dröhnte es von überall her.
Nein, dieser Eindruck war einfach zu real, zu wirklich, als dass es sich um eine Sinnestäuschung handeln konnte!
Was, wenn sie keineswegs verrückt war? Wenn es so etwas wie ein Weiterleben nach dem Tod gab und wenn die Seele ihres Vaters tatsächlich keine Ruhe fand und nun in diesem düsteren Gemäuer umherwandelte?
So manche erstaunliche Geschichte konnte man darüber hin und wieder in den Illustrierten lesen, aber bisher hatte Francine dem nie irgendwelche Beachtung geschenkt.
"Dad...", flüsterte sie.
Die Stimme von Jeffrey J. Baily war klar zu erkennen, auch wenn sie seltsam abgedämpft klang - so als kämen die Worte aus großer Ferne.
"...keine...Ruhe..."
"Was muss geschehen, damit du Ruhe findest?", rief Francine verzweifelt. Sie hatte sich instinktiv die Ohren zugehalten, aber diesmal schien die Totenstimme lauter zu sein, so dass diese Maßnahme ohne Wirkung blieb.
"...keine...Ruhe..." kam es monoton zurück.
Francine brach der kalte Angstschweiß aus.
"Antworte mir!", forderte sie, obwohl eine innere Stimme ihr sagte, dass das doch eigentlich Unfug war.
Die Totenstimme ging nicht auf sie ein, sondern betete ohne Unterlass ihren furchterregenden Satz vor sich hin. Dann ging plötzlich die Tür auf. Francine wirbelte herum und wollte schon schreien, da sah sie in Colin Randolph in der Tür stehen. Seine kalten grauen Augen musterten sie mit deutlich erkennbarem Befremden. Seine Augenbrauen waren hochgezogen. "Was ist los, Francine? Mit wem sprichst du?"
"Ich...", keuchte sie. Sie war zu überrascht, um etwas sagen zu können.
"Francine, du siehst ja ganz bleich aus!"
Im Hintergrund hörte sie weiterhin die Stimme ihres Vaters. Sie blickte in Colins Gesicht, schüttelte den Kopf und meinte unvorsichtiger Weise: "Du musst Dads Stimme doch auch hören!"
Colin runzelte die Stirn.
"Was soll ich hören, Francine?"
Er schien nicht zu begreifen.
"Diese Stimme..."
"Ich höre niemanden außer dir und mir."
Sie schluckte und versuchte, sich etwas zu beruhigen.
"Es ist alles in Ordnung!", meinte sie. Aber das entsprach nicht der Wahrheit und ihre Worte klangen auch alles andere als besonders überzeugend.
"Kommst du wirklich zurecht?", fragte Colin zweifelnd.
Ihr Nicken war eine Spur zu hastig, als dass es überzeugend hätte wirken können. "Ja."
Er zuckte mit den Schultern und wandte sich dann schließlich nach einigem Zögern zum Gehen.
Und die ganze Zeit über hörte Francine ganz deutlich die Stimme ihres Dads: "...keine...Ruhe..." Sie musste sich wirklich alle Mühe geben, um, einigermaßen die Nerven zu behalten. Als Colin endlich gegangen war, verschloss sie die Tür hinter
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