Haus der Schatten (Unheimlicher Roman/Romantic Thriller) (German Edition)
beschwörend. "Du solltest dich in die Obhut eines Arztes begeben! Man wird dich nicht verurteilen wenn deine Schuldunfähigkeit ärztlich festgestellt wird..."
Francine begriff. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen. Sie erhob sich und wandte den Randolphs einen nachdenklichen Blick zu. "Das hättet ihr wohl gerne, was?"
"Francine!", versuchte Colin zu beschwichtigen.
"Ich gäbe eine perfekte Schuldige ab. Ich habe ein Motiv, und bin verrückt! Aber ich bin weder eine Mörderin, noch ein Fall für das Irrenhaus!"
Und mit diesen Worten wandte sie sich dann zum Gehen. Der Appetit auf das Frühstück war ihr gründlich vergangen.
Mit schnellen Schritten war sie fast bis zur Tür gekommen, dann stockte sie plötzlich.
Die Stimme kam ihr wieder ins Bewusstsein. Sie betete noch immer ihre makabere Litanei vor sich hin.
"Denk darüber nach, Francine!", hörte sie hinter sich Colin sagen. Sie antwortete nicht. Stattdessen öffnete sie die Tür und ging hinaus.
*
Als am Abend Norman Harris kam, um Francine zum Essen abzuholen, war die Verwunderung bei den anderen Bewohnern des Hauses recht groß.
"Kommen Sie in dienstlicher Funktion?", fragte Bellinda spitz - obwohl im Grunde schon vom Äußeren her alles dagegen sprach. Norman Harris bevorzugte im Dienst legere Kleidung, die nicht weiter auffiel.
Jetzt trug er Anzug und Krawatte.
"Nein", erwiderte Harris kühl. "Ich bin privat hier..."
"Ah...", machte Bellinda bedeutungsvoll und als dann Francine freudestrahlend die Treppe herunterkam, da war die Sache völlig klar.
"Gehen wir?", fragte Harris.
"Aber ja, Norman!"
Als Francine an Bellinda vorbeirauschte, zischte diese ihr boshaft zu: "Das ist auch eine Art und Weise, mit der Polizei fertigzuwerden, nicht wahr?"
Francine wandte sich kurz um, aber ihr fehlten die Worte, um etwas Passendes zu erwidern. Außerdem wollte sie sich jetzt auf einen Streit einlassen. Ein wunderbarer Abend lag vor ihr, der schönste seit langem - davon war sie überzeugt. Und sie hatte keine Lust, sich ihre Freude durch irgendetwas nehmen zu lassen. Bellinda verzog ihren Mund wieder zu einem breiten Lächeln und entblößte dabei ihre Zähne.
"Ich wünsche dir viel Vergnügen, Francine! Wird es spät heute Abend?"
"Auf Wiedersehen, Bellinda!"
Dann ging Francine mit Norman Harris hinaus zum Wagen.
Er machte ihr die Tür auf und wenige Augenblicke später hatten sie das graue Gemäuer des Baily-Hauses bereits hinter sich gelassen.
"Sie scheinen sich nicht besonders mit Mrs. Randolphs zu verstehen..."
"Ja, sie mag mich nicht besonders."
"Und wie ist Ihr Verhältnis zu Mr. Randolphs?"
"Colin?"
"Ja. Ist er nicht persönlicher Sekretär Ihres Vaters gewesen?"
"Ja. Und sein Neffe. Ich kenne ihn seit meiner Jugend, aber es lag immer etwas zwischen uns. Er ist so..." Sie suchte nach dem passenden Wort, machte eine hilflose Bewegung mit der Hand und meinte dann:"...unnahbar. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll."
Sie brausten die Straße in Richtung Stadt entlang. Harris fuhr sehr sicher.
"Norman?"
"Ja?"
"Hältst du mich immer noch für eine Mörderin?"
"Je mehr ich Sie kennenlerne, desto schwerer fällt es mir, daran zu glauben, Francine!"
"Sie werden mir helfen, nicht wahr?"
"Ja."
Und dann tauchten bald die Lichter von Bangor auf.
"Wo werden wir hingehen, Norman?"
"Ein französisches Restaurant."
"Oh - französisch! Das klingt gut. Wie heißt es?"
"Ich habe den Namen vergessen. Es ist erst letzte Woche eröffnet worden."
"Ich bin gespannt."
"Es wird Ihnen gefallen!"
Und damit sollte Harris recht behalten.
Als das Restaurant betraten, war Francine begeistert. Es gemütlich eingerichtet und war ganz sicher nicht billig.
Wenig später saßen sie dann am Tisch und sie meinte: "Es ist wie in einem Traum..."
Harris lächelte.
"Es ist alles Realität, Francine!"
"Ich bin froh, dass ich dich getroffen habe, Norman! Ich habe schon geglaubt, langsam den Verstand zu verlieren..."
"Der Tod deines Vaters hat dich stark mitgenommen, nicht wahr?"
"Wir hatten uns gerade versöhnt."
"Ja, ich verstehe..."
"Ich bin ohne Mutter aufgewachsen und Dad hatte nie viel Zeit für mich und meinen Bruder. Die Baily Company ging vor. Immer war etwas zu tun." Sie zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, ob es wirklich so war, oder ob er es nur so vorgeschoben hat..."
Harris runzelte die Stirn.
"Weshalb das?"
"Weil er im Grunde nichts mit uns anzufangen wusste. Es ist unter diesen Umständen kein Wunder, wenn man sich
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