Haus der Schatten (Unheimlicher Roman/Romantic Thriller) (German Edition)
von ihr genommen werden. Sie fühlte sich müde und ausgelaugt, obwohl sie den ganzen Tag über nichts tat, außer sich bedienen zu lassen. Die Stimme ging ihr aus dem Sinn.
"...keine...Ruhe..."
Allein bei dem Gedanken daran, fürchtete sie bereits vor der kommenden Nacht, allein in ihrem Zimmer.
Zwischendurch überlegte sie, Jenkins, den finsteren Majordomus nach einem anderen Zimmer zu fragen, aber dann entschied sie sich dagegen. Es würde nur Verdacht erregen. Man würde sie fragen, was mit ihrem Zimmer denn nicht stimmte. Wenn Bellinda es erfuhr, würde sie unerbittlich nachbohren und dann vielleicht auch auf irgendetwas stoßen... Nein, das konnte sie unmöglich riskieren.
Außerdem würde ihr ein anderes Zimmer vermutlich auch nicht helfen können. Es war nur so ein Strohhalm, den sie da hatte ergreifen wollen. Du musst der Wahrheit ins Auge sehen!, hämmerte es in ihr.
Die Stimme kommt aus deinem Kopf, Francine - und sie wird überall hin verfolgen! In welches Zimmer du auch immer umziehen magst!
Ich muss hier raus!, dachte sie dann plötzlich. Wenigstens für ein paar Stunden dieses düstere Gemäuer verlassen.
*
Sie nahm sich einen der Wagen ihres Vaters, eine Mittelklasse Limousine und fuhr damit nach Bangor, um ein bisschen in der Stadt zu bummeln. Sie brauchte einfach eine Abwechselung. Die merkwürdig düstere Atmosphäre des Baily-Hauses sowie die Anwesenheit der Randolph ergab eine seltsame Mischung. Vielleicht sind sie es, die mich in diese Falle gelockt haben!, dachte sie. Der maschinengeschriebene Brief kam ihr wieder in den Sinn. Und nun konnten sie in aller Ruhe abwarten, wie sie sich mehr und mehr in den Fallstricken verfing, die für sie gelegt worden waren... Aber warum?
Was konnte Colin Randolph oder seine Frau Bellinda davon haben, dass Dad jetzt tot war?
Ich war zu lange weg!, wurde es ihr klar. Sie wusste einfach zu wenig darüber, wie die Dinge hier standen.
Sie parkte den Wagen in einer Seitenstraße und schlenderte dann durch die Geschäftsstraßen. An einer Boutique blieb sie kurz stehen und besah sich die Schaufensterauslagen. Dann ging sie weiter. Sie atmete tief durch. Die Ablenkung tat ihr gut. Sie fühlte schon wesentlich besser. Es war bereits später Nachmittag. Die Wolkendecke war aufgerissen und sie Sonne schien jetzt milchig auf die Stadt herab... Dennoch blieb es kühl. Francine schlug den Kragen ihres Mantels hoch und rieb sich die Hände. Die Sachen, die sie aus Kalifornien mitgebracht hatte, waren für hiesige Witterung nicht warm genug. Gedankenverloren machte sie einen Schritt vor den anderen, wobei sie kaum auf ihre Umwelt achtete. Nur sehr flüchtig nahm sie die Menschen wahr, die an ihr vorbeigingen... Es ist wie in einem schlechten Film!, dachte sie. Nichtsahnend war sie her nach Bangor gekommen und auf einmal stand ihr das Wasser bis zum Hals...
*
"Miss Baily?" Francine schreckte hoch und wandte sich hinten, von wo aus sie die Stimme gehört hatte - eine Stimme, die ihr bekannt vorkam.
Sie sah ein paar ruhiger Augen und ein freundliches Lächeln.
"Mr. Harris!"
"Nennen Sie mich Norman!", sagte er.
Erst war sie zu überrascht, um etwas sagen zu können. Dann brachte sie heraus: "Also gut, Norman!" Dann machte sie eine hilflose Geste.
"Aber ich weiß nicht, ob..."
"Ich bin im Augenblick nicht im Dienst", erklärte er lächelnd.
"Aber trotzdem bleiben Sie ein Polizist. Ein Polizist, der mich für eine Mörderin hält - oder eine Spinnerin. Oder beides."
Harris ging darauf gar nicht weiter ein.
"Ihr Vorname ist Francine, nicht wahr?"
"Ja..."
"Ein hübscher Name!"
Er kam neben sie und sie schlenderten gemeinsam ein Stück die Straße hinunter.
"In San Francisco sieht es ein bisschen anders aus, nicht wahr, Francine"
"Ja, das stimmt." Bevor er ihren Namen ausgesprochen hatte, hatte er eine kleine Pause gemacht. Die Art und Weise, in der er ihn dann ausgesprochen hatte, gefiel ihr irgendwie...
"Ich möchte eine Tasse Kaffee mit Ihnen trinken, Francine."
Sie stutzte. "Mit mir?"
"Ja."
"Wollen Sie mich etwa verhören? Glauben Sie, dass ich bei angenehmerer Atmosphäre vielleicht ein Geständnis ablege, Mr. Harris?"
"Norman, bitte!"
"Norman!"
Er machte eine unbestimmte Geste und zuckte dann mit den Schultern. "Wollen Sie die Wahrheit hören, Francine?"
"Nichts anderes, wenn ich bitten darf!"
"Ich mag Sie und ich möchte Sie gerne etwas näher kennenlernen. Das ist alles!"
Sie wechselten Blick miteinander und schwiegen für
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