Haus der Schatten (Unheimlicher Roman/Romantic Thriller) (German Edition)
voneinander entfremdet, nicht wahr?"
"Nein, sicher nicht!"
"Aber wir waren auf dem Weg zueinander. Er hatte gerade angefangen zu akzeptieren, dass ich meinen eigenen Weg finden muss."
Zuerst gab es einen Salat, dann kam das Hauptgericht. Auf ein Dessert verzichteten sie beide. Sie waren einfach zu satt.
Als sie dann noch bei einem Glas Wein beieinander saßen, meinte Harris: "Du bist eine schöne Frau, Francine!"
"So? Meinst du?"
Sie war verlegen und aufgewühlt.
Er lächelte.
"Ja, das meine ich. Und ich mag dich sehr gern, Francine."
"Ich dich auch, Norman!"
Harris nahm ihre Hand und sie tauschten einen längeren Blick miteinander.
"Wahrscheinlich ist sogar mehr", meinte er dann, etwas leiser, aber immer noch sehr bestimmt, sehr sicher. "Ich habe mich wohl hoffnungslos verliebt..."
Francine erwiderte in diesem Moment den Druck seiner Hand.
"Ist das nicht ein bisschen früh, um so etwas sagen zu können?", meinte sie.
Er zuckte mit den Schultern.
"Es ist nun einmal so! Ich kann es auch nicht ändern!"
"Einfach so?", fragte sie.
"Ja, einfach so..."
"Und wenn sich nun herausstellen sollte, dass du dich in eine Mörderin verliebt hast, Norman?"
"Darüber hätte ich eben vorher nachdenken sollen!"
Sie mussten beide etwas lachen. Aber es war ein gedämpftes Lachen, nicht so befreit, wie es eigentlich hätte sein sollen. Francines Gesicht wurde wieder ernst. Ein Schatten schien mit einem Mal auf ihren ebenmäßigen Zügen zu liegen.
"Es kann keine Liebe geben ohne Vertrauen", sagte sie dann schließlich nach einer kurzen Pause. "Aber wie könntest du mir vertrauen, Norman! Und als Polizist dürftest du es auch gar nicht, selbst wenn du wolltest."
"Der Polizist Norman Harris darf es nicht, der Mann Norman Harris kann vielleicht nicht anders."
"Norman..."
"Hör zu, ich habe mich eben entschlossen, meine Karten auf dich zu setzen. Es ist immer ein Risiko dabei, das Risiko, dass man sich in einem Menschen getäuscht hat. Aber das muss man manchmal eingehen."
Sie wirkte nachdenklich.
"Vielleicht hast du recht..."
"Bestimmt!"
"Norman, ich danke dir!"
Sie schluckte.
"Dann sehen wir uns in Zukunft jetzt häufiger - wenn du nichts dagegen hast. Ich meine nicht dienstlich, sondern privat."
Sie nickte.
"Gerne."
Sie tranken ihre Gläser aus und dann rief Norman Harris den Ober herbei, um zu zahlen. Anschließen half Harris Francine in den Mantel und wenig später waren sie draußen in der kühlen Nacht.
"Lass uns noch ein Stück gehen, Norman!"
"Ist es dir nicht zu kalt?"
"Nein. Nicht wenn du bei mir bist!"
Er legte ihr den Arm um die Schulter und sie gingen die Straße hinunter. Als sie das nächste mal stehenblieben, küssten sie sich im Schein einer Straßenlaterne.
*
Es war schon recht spät, als sie sich auf den Rückweg machten. "Es war ein wunderbarer Abend, Norman", sagte sie - und sie meinte es auch so.
Norman lächelte. "Ja, das habe ich so empfunden..."
Etwas später kam er dann auf eine andere Sache zu sprechen. "Hatte Ihr Vater eigentlich noch andere Verwandten - außer dir und Colin Randolph?"
Francine schüttelte den Kopf.
"Nein", sagte sie. "Das weiß ich sicher! Dad hat es auch oft genug erwähnt und gemeint, dass die Bailys ein aussterbender Clan wären."
Sie runzelte die Stirn. "Mir scheint, du willst auf etwas hinaus..."
"Es ist nur ein Gedanke."
"Na, dann heraus damit!"
"Sieh mal, bisher sah es so aus, als hättest nur du etwas vom Tod deines Vaters. Du erbst schließlich alles..."
"...woran ich nie interessiert war!"
"Mag sein, aber das glaubt dir außer mir wohl niemand. Kein Richter, kein Geschworener... Aber es gibt noch jemand anderen, der ein Interesse am Tod deines Vaters - und an deinem Erscheinen hier! - gehabt haben könnte..."
"Der Brief, Norman!"
"Richtig, der Brief, der so plötzlich wieder verschwunden ist. Jeder im Haus hatte die Gelegenheit dazu, ihn an sich zu nehmen, nicht wahr?"
"Ja, das stimmt. Aber wer hat ihn geschrieben?"
"Colin Randolph."
"Ist das dein Ernst?"
"Es ist eine Vermutung. Nicht mehr."
"Du meinst, dass er mich hier her lockte, dann Dad umbrachte und hinterher den Verdacht auf mich lenkte!"
"Ja, es würde alles zusammenpassen!"
"Dann steckt Bellinda auch mit drin."
"Das ist zu vermuten."
Sie hatten das düstere, gusseiserne Tor des Baily-Hauses erreicht. Es öffnete sich nicht, da Norman Harris selbstverständlich keinen Signalgeber für das elektronische Schloss besaß. Harris stoppte den Wagen und lehnte sich
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