Haus der Schatten (Unheimlicher Roman/Romantic Thriller) (German Edition)
sie! Es wollte aus ihr heraussprudeln, doch da hatte er sie längst unterbrochen.
"Es ist mir oft durch den Kopf gegangen, dass man so nicht auseinandergehen sollte, Francine, so wie wir damals auseinandergegangen sind! Aber nun wird es ja vielleicht besser mit uns!"
"Bestimmt!"
"So, jetzt muss ich mich aber beeilen! Ein paar wichtige Telefonate warten noch auf mich!"
Francine sah ihren Vater am Schreibtisch stehen und den Hörer abnehmen und bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick. Dann ging sie endlich und schloss die Tür hinter sich. Ihr Inneres war aufgewühlt, so aufgewühlt wie schon seit langem nicht mehr.
*
"Francine!"
Sie erschrak und stand wie angewurzelt in dem halbdunklen Flur.
Dann entspannten sich ihre Muskeln und Sehnen wieder etwas und sie atmete auf.
"Du hast mich aber erschreckt, Colin!"
Colin Randolph trat aus dem Schatten heraus und lächelte dünn.
"Ich habe dir deine Sachen in dein altes Zimmer gebracht!", meinte er. "Ich denke doch, dass du dort wohnen wirst..."
Sie nickte.
"Ja, ich danke dir."
Sie drückte sich an ihm vorbei und wollte die Treppe hinaufgehen.
Da vernahm sie erneut seine Stimme, die in ihren Ohren irgendwie einen unangenehmen Unterton hatte.
"Sag mal, Francine..."
Sie hob die Augenbrauen.
"Ja?"
"Ich meine, du musst das nicht falsch verstehen... Es ist vielleicht eine etwas indiskrete Frage, aber..."
"Was ist es?", forderte Francine, fast etwas schroffer, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte.
Colin drückte sich noch zwei Sekunden herum, dann brachte er es endlich heraus.
"Als ich deine Sachen vorhin hier vorbeigebracht habe, da..."
Francine runzelte die Stirn.
"Was war da?"
"Ich wollte nicht lauschen, Francine, wirklich nicht. Aber es war recht laut da drinnen, nicht wahr?"
"Zu Anfang, ja. Dann nicht mehr. Wir haben uns gut verstanden, Colin!"
"Naja, da gab es ja immer gewisse Meinungsverschiedenheiten zwischen dir und Onkel Jeffrey, deinem Dad - nicht wahr? Da verwundert es auch nicht, dass..."
"Was soll das, Colin?"
Francine bemerkte ihren eigen gereizten Tonfall. Sie spürte Ungeduld in sich aufsteigen, gemischt mit einer Spur Ärger.
Worauf wollte Colin eigentlich hinaus? Um welches Fettnäpfchen drückte er sich schon die ganze Zeit herum?
"Ich will dir meine Hilfe anbieten, Francine."
Francine musste unwillkürlich schlucken.
Ihre Erwiderung war dann sehr bestimmt und eindeutig.
"Ich brauche im Moment keine Hilfe. Wirklich nicht."
"Auch nicht, was deinen Dad anbetrifft? Ich meine, ich konnte nicht genau verstehen, was da drinnen gesprochen wurde, aber soviel ist für mich klar: Es war kein freundlicher Plausch."
"Es war eine ernsthafte Unterhaltung."
"Eher ein ernsthafter Streit..."
"Dad und ich haben ein paar Dinge zwischen uns geklärt. Wir verstehen uns besser als je zuvor..."
Colin zuckte mit den Schultern.
"Vielleicht habe ich mich ja auch nur verhört! Aber wenn ich dir irgendwie helfen kann... Ich habe einen - wie soll ich sagen? - einen gewissen Einfluss auf Mr. Baily!"
"Danke, Colin! Ich komme gut allein zurecht!"
"Wie du meinst! Aber vielleicht änderst du ja deine Meinung noch. Es sollte nur ein Angebot sein, mehr nicht."
Francine nickte. Und dann fragte sie sich, was Colin eigentlich eingefallen sein mochte, sich in ihre Meinungsverschiedenheiten mit Dad einzumischen. Ganz gleich, was zwischen ihr und ihrem Vater auch immer nicht stimmen mochte - Colin Randolph ging das nichts an! Aber Francine hatte im Moment keinerlei Neigung dazu, darüber zu diskutieren.
"Okay, Colin. Jetzt entschuldige mich bitte."
Er machte eine unbestimmte Geste, während sie bereits an ihm vorbeigeangen war.
"Natürlich, Francine. Bis nachher!"
*
Francine kam gerade noch rechtzeitig ins Esszimmer, bevor Bradley, der Butler die Suppe brachte.
Mr. Baily machte ein erfreutes Gesicht, als Francine den Raum betrat.
"Hier, setz' dich mir gegenüber, Francine", meinte er. Dann wandte er sich an die anderen Anwesenden. "Ich darf euch Francine vorstellen - meine Tochter! Einige kennen sie ja noch nicht. Francine, die Dame dort zur Rechten ist Mrs. Bellinda Randolph - Colins Frau."
"Oh, du hast geheiratet, Colin?", wunderte sich Francine.
"Ja."
"Und dies hier ist Mr. George Lamont, ein Anwalt, der für unser Haus tätig ist", fuhr Mr. Baily unterdessen fort.
Francine reichte zunächst Bellinda die Hand. Sie schien gut zu Colin zu passen, zumindest machte sie einen ebenso knochentrockenen Eindruck. Bellindas
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