Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
vielleicht fünf Minuten und hundert Milliliter Single-Malt Scotch lang. Dann seufzte Ho und bemerkte: »Tja, langsam wird es... interessant ... dort draußen.«
    Ich hatte beschlossen, daß ich nicht der erste sein würde, der zum Geschäft kam, doch nun, da er das Thema angeschnitten hatte, beugte ich mich vor. »Was, zum Teufel, geht dort draußen vor?« Rasch erzählte ich ihm von dem Feuer - oder was auch immer -, das wir vom Fenster aus gesehen hatten.
    Er nickte müde. »Gegen die Konzerne gerichtete Gewalttaten«, sagte er ruhig. »Dazu kommt es mittlerweile überall in der Stadt... überall auf der Insel, wenn das, was ich gehört habe, stimmt.«
    »Wie schlimm?«
    »Bestürzend schlimm«, gab er zu. »Die Aktionen sind nicht gut organisiert - noch nicht -, aber in mancherlei Hinsicht ist ihnen dadurch noch schwerer zu begegnen.«
    Ich nickte zustimmend. Wenn ziviler Ungehorsam -und darüber redeten wir ja gerade - organisiert war, konnte man ihn oft ersticken, indem man die Anführer kaltstellte. (Oder zumindest hatte man uns das auf der Lone Star-Akademie beigebracht.) Aber wenn es sich um spontane Aktionen des Mobs handelte? Ein Mob ist eine Kreatur mit ein paar hundert Beinen und ohne Verstand (wiederum ein Zitat aus meiner Akademie-Zeit), also gibt es keinen sauberen und leichten Weg, ihn lahmzulegen.
    »Was ist passiert?« hakte ich nach.
    Ho zuckte die Achseln. »Was ist nicht passiert?« sagte er deprimiert. »Autos werden umgestürzt und in Brand gesetzt - übrigens ist es wahrscheinlich das, was Sie gesehen haben. Scheiben werden mit Steinen eingeworfen. Manchmal auch mit Molotow-Cocktails. Ein paar Zwischenfälle mit Heckenschützen.«
    Das schockierte mich. »Heckenschützen? So weit ist es schon?«
    Der Ex-König lächelte, doch ohne jeden Humor. »Die Dinge schreiten rascher voran, als ich erwartet habe«, räumte er ein.
    »Wie steht es mit Todesopfern?«
    Er zuckte wiederum die Achseln. »Mir werden keine detaillierten Polizeiberichte mehr vorgelegt«, stellte er trocken fest, »aber ich gehe davon aus, daß es wahrscheinlich noch nicht sehr viele gibt.«
    »Das wird sich ändern.«
    »Ja«, stimmte er zu. Er schwieg einen Augenblick, dann fuhr er leise fort: »Von einem Zwischenfall habe ich gehört. Der Mob hat der Limousine eines Mitsu-hama-Execs den Weg versperrt. Keine offene Gewalt, nur Drohungen... aber seine Leibwächter haben überreagiert und das Feuer eröffnet.« Ich krümmte mich innerlich, als er fortfuhr. »Über dreißig Aufrührer tot... und natürlich die Leibwächter und der Exec, als der Mob durchdrehte. Ich habe gehört, daß sie den Wagen umgestürzt und in Brand gesteckt haben, so daß er bei lebendigem Leib geröstet wurde.«
    Es gerät außer Kontrolle. Bei diesem Gedanken lief mir ein kalter Schauer wie ein eisiger Wind über den Rücken. »Jemand steckt dahinter«, stellte ich fest. »Jemand wiegelt den Mob auf.«
    »Natürlich«, sagte Ho. (Er sprach das begleitende ›Sie Idiot ‹ nicht laut aus, aber seine Miene vermittelte es adäquat.)
    »Na Kama'aina, richtig?«
    »Anfänglich ja«, korrigierte Ho. »Aber sie haben ebenfalls die Kontrolle über die Situation verloren.« Er lächelte grimmig. »Es scheint, als hätten sie ihre Hunde nicht an einer so kurzen Leine, wie sie glaubten.«
    Mir dämmerte es. »ALOHA«, hauchte ich.
    »Natürlich. Na Kama'aina hat nie wirklich an die ganze feurige ›Konzerne raus‹-Rhetorik geglaubt. Dafür sind sie viel zu realistisch. Sie wollten sie - und auch ALOHA - nur als Hebel benutzen, um mich abzusetzen.« Er lächelte wieder, diesmal mit bitterem Humor. »Tja, der Teil des Plans hat funktioniert.
    Aber jetzt hat ALOHA Blut gewittert. Na Kama'aina kann sie nicht mehr halten.« Er schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Ich frage mich, welche Rolle Ryumyo bei alledem spielt? Weiß er, was ALOHA tut, oder hat er auch die Kontrolle verloren?«
    Ich hob die Hände. »Hey, fragen Sie nicht mich«, protestierte ich.
    Wir schwiegen beide wieder, während wir unseren privaten Gedanken nachhingen. Hos Interpretation der Lage kam mir nur allzu plausibel vor. Abgesehen davon...
    »Sie sagten, Na Kama'aina hätte nie hinter dem Konzerne raus‹-Drek gestanden?« fragte ich abrupt.
    »Natürlich nicht«, sagte Ho überrascht. »Schließlich sind sie Realisten. Politiker, noch dazu ehrgeizige, aber trotzdem Realisten.«
    »Aber...« Ich kam mir wie bei einer Wanderschaft durch das geistige Äquivalent eines Mangrovensumpfes

Weitere Kostenlose Bücher