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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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High-School-Physik nicht im Stich ließ - und ich nicht irgendwo eine Zehnerpotenz unterschlagen hatte entsprach das 100000000 Joule an Energie: hundert Megajoule. Pro Brecheisen. Und wie viele Brecheisen hatte die Salve beinhaltet, die wir gerade gesehen hatten?
    Mir war kalt. Kein Wunder, daß die Pazifikflotte kehrtgemacht hatte, als die Megakonzerne ihr damals im Jahre 2017 einen Warnschuß vor den Bug gesetzt hatten.
    Ich hörte ein Geräusch hinter mir und drehte mich überrascht um. Pohaku starrte aus dem Fenster, die Zähne in einer Grimasse der Wut gebleckt... und er knurrte. Ich zuckte die Achseln. Ich nehme an, daß mich die Sache wohl auch ziemlich auf die Palme gebracht hätte, wenn das mein Land gewesen wäre.
    »Licht, bitte«, sagte Gordon Ho leise. Während einer der Leibwächter das Licht wieder einschaltete, wandte sich der Ex-Ali'i vom Fenster ab und ließ sich auf einen Sessel sinken. Er nahm ein Whiskeyglas vom Tisch neben sich - tatsächlich war es meines, aber ich würde ihm deswegen keinen Vortrag halten, nicht jetzt - und leerte es mit einem Zug.
    »Wie wird die Reaktion ausfallen?« fragte er erneut, und diesmal wußte ich, daß die Frage an mich gerichtet war.
    Ich zuckte die Achseln. »Sie kennen Ihr Volk besser als ich.«
    Er lächelte darüber. »Das habe ich auch gedacht.« Er hielt kurz inne, dann fuhr er fort: »Es hängt davon ab, wie sehr ALOHA die Leute aufgewiegelt hat... und wie verrückt ALOHA ist, wenn man es genau nimmt.
    Es ist noch möglich umzukehren«, fuhr er mit einem Seufzer fort. »Na Kama'aina will keinen Krieg mit den Konzernen. Wenn die Regierimg ALOHA zügeln kann, wenn sie weitere Provokationen verhindern kann, sollte es möglich sein, die Dinge wieder unter Kontrolle zu bekommen.«
    Ich nickte. Was Ho sagte, ergab einen Sinn, aber es klang mir zu sehr wie Barnards Bemerkung von vor ein oder zwei Tagen, daß »sich vielleicht die klügeren Köpfe durchsetzen würden« oder so ähnlich. Offenbar hatten sie sich noch nicht durchgesetzt. Würde sich das ändern?
    Ich sah wieder aus dem Fenster. Nun, da die Demonstration vorbei war, fuhren auch wieder Autos auf den Straßen. Nicht so viele wie üblich, aber zumindest sah Waikiki nicht mehr wie eine Geisterstadt aus. Aus westlicher Richtung - von Sand Island? fragte ich mich unwillkürlich - näherte sich eine kleine Gruppe Lichter, die vor der Dunkelheit des Himmels hell leuchteten. Hubschrauber - zwei oder drei. Vielleicht Konzern-Shuttles, die in die Stadt flogen, um VIP-Urlauber abzuholen und zum Flughafen zu bringen, wo sie die Inseln mit einem Suborbitalflugzeug verlassen würden? Ich wußte es nicht, und im Moment war es mir auch ziemlich egal. Ich wollte mich abwenden.
    Ich sah es nicht direkt, sondern nur aus dem Augenwinkel. Ohne Warnung blitzte irgend etwas links von mir aufwärts, fast wie ein Thorhammer verkehrt herum. Die Lanze aus feurigem Licht erfaßte einen der Hubschrauber und verwandelte ihn in einen schmutzig orange-schwarzen Feuerball. Die verbliebenen Hubschrauber lösten ihre Formation auf, tauchten nach unten und löschten dabei ihre Positionslichter. Ein oder zwei Sekunden später waren sie nicht mehr zu sehen.
    Ich drückte die Nase gegen das Fenster und sah in schockiertem Entsetzen zu, wie brennende Trümmer auf Straßen und Hausdächer fielen.
    Gordon Ho hatte nichts gesehen, aber er wußte, daß etwas geschehen war. Er starrte mich an. »Was war das?«
    Ich antwortete nicht sofort. Statt dessen ging ich zu ihm und ließ mich auf einen Sessel fallen. Schließlich sagte ich: »Es sieht nicht so aus, als wäre jetzt die richtige Jahreszeit für klügere Köpfe.«

    Bei dem abgeschossenen Hubschrauber handelte es sich tatsächlich um einen Konzern-Vogel, das bestätigten Gordon Hos Informanten etwa eine Stunde später. (Ich hatte es mir schon gedacht, aber derzeit fühlte ich mich nicht besonders gut, wenn sich eine Prophezeiung von mir bestätigte.) Die Lanze aus feurigem Licht war eine Boden-Luft-Rakete vom Typ Parsifal gewesen, ein veraltetes Modell von Saeder-Krupp. Darin lag eine gewisse Ironie, da es sich bei dem Hubschrauber, den die Rakete erwischt hatte, um einen Saeder-Krupp-Vogel handelte.
    Gordon Ho und ich standen wieder Schulter an Schulter vor dem Fenster von Zimmer 1905. Die Straßen unter uns waren jetzt bis auf einige wenige Sicherheitsfahrzeuge der Konzerne leer, die wie flammende Lichtstreifen vorbeisausten. Dafür waren mehr Helikopter in der Luft - eckige, brutal

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