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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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dem, was er tat - etwas, das sich außerhalb des Erfassungsbereichs seines Telekoms befand -, und lächelte, als er mein Gesicht sah. »Mr. Mont-gomery.« In seiner Stimme lag echte Wärme - oder zumindest eine beeindruckende Nachahmung. »Ich bin froh, daß ich Sie erreichen konnte.«
    Es war komisch, aber in diesem Augenblick war ich ebenfalls froh. Bis jetzt hatte ich es nicht gewußt, aber dieser Augenblick verfolgte mich seit vier Jahren. Genau so, wie man sich an Zahnschmerzen gewöhnen und vergessen kann, daß sie da sind, hatte ich mich an den chronischen Streß gewöhnt, mich ständig zu fragen, wann der Anruf kommen, wann sich der Kreis schließen würde. Aber das bedeutete nicht, daß der Streß nicht dagewesen, nicht wirklich vorhanden gewesen war. Jetzt, wo Barnard mich vom Schirm meines Telekoms anlächelte, hatte ich ein seltsames, zittriges Gefühl im Magen... und mit einiger Verblüffung wurde mir klar, daß es vier Jahre Anspannung waren, die sich endlich lösten.
    »Mr. Barnard«, sagte ich unverbindlich. »Es ist lange her.«
    Sein Lächeln - das aufrichtiger war, als ich seinen Verstellungskünsten zugetraut hätte - wurde breiter, und er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Die Videokamera seines Telekoms regulierte die Schärfe, und ich konnte die Statuen jenseits des Säulengangs sehen. »Wie gefällt Ihnen die Sonne in Cheyenne, Mr. Montgomery?« fragte er unbeschwert. »Eine angenehme Abwechslung von Seattle, kann ich mir vorstellen.«
    Ich schüttelte den Kopf, momentan wie vom Donner gerührt. Er redete tatsächlich über das verdammte Wetter. Mit einiger Mühe brachte ich meine Gedanken wieder unter Kontrolle. »Eine Veränderung ist ebenso gut wie ein Urlaub, zumindest sagt man das.« Ich wandte den Blick von ihm ab und sah an ihm vorbei. »Finden Sie nicht auch?«
    Er kicherte. »Mit einer hohen Stellung in einem Konzern sind einige bedeutende... Vergünstigungen verbunden«, räumte er ein. »Mir gefällt Kyoto sehr. Hatten Sie jemals das Vergnügen?«
    »Ich hatte nie die Zeit.«
    »Schade.« Er spitzte kurz die Lippen. »Aber Sie reisen vermutlich gerne?«
    »Nur, wenn ich mir die Anschlußflüge merken kann, die man mir nennt«, sagte ich trocken. »Hören Sie, Mr. Barnard, ungeachtet des äußeren Scheins nehme ich doch an, daß dies kein Höflichkeitsanruf ist.«
    Er blinzelte, und sein Gesichtsausdruck änderte sich. Einen Moment lang hätte ich fast glauben können, daß seine Augen Enttäuschung verrieten. Eine Mikrose-kunde später war der Ausdruck verschwunden und sein Gesicht wieder die kühle Maske des erfahrenen Verhandlungspartners. »Wie Sie wünschen, Mr. Montgo-mery.« Er hielt inne, wie um seine Gedanken zu ordnen. »Wie Sie sich vielleicht schon gedacht haben, gibt es da eine... eine Angelegenheit, könnte man sagen... bei der Sie mir helfen können. Haben Sie einen Paß? Natürlich nicht unter Ihrem Namen« - er kicherte leise -, »wenn man bedenkt, daß Derek Montgomery offiziell im Jahre zwanzig-zweiundfünfzig gestorben ist. Aber einen Paß, der einer Inspektion standhält?«
    Ich nickte.
    »Gut. Dann habe ich eine Bitte an Sie. Es gibt eine Botschaft, die einem... einem Kollegen von mir überbracht werden muß. Ich möchte, daß Sie sie für mich abliefern, Mr. Montgomery.«
    Ich schnaubte. »Ich soll den Botenjungen spielen?«
    »So würde ich es nicht gerade formulieren«, wich Barnard aus.
    »Aber es trifft den Kern der Sache.«
    Er zuckte die Achseln. »Wenn Sie meinen.«
    »Warum können Sie es nicht auf elektronischem Weg erledigen?« fragte ich. »Oder auf virtuellem, über die Matrix?«
    Barnards Blick verhärtete sich, und ich spürte, wie meine Körpertemperatur um ein paar Grad sank. »Ich habe meine Gründe, das versichere ich Ihnen«, sagte er kalt. Doch dann entspannte sich seine Haltung um ein Iota. »In dieser Situation ist ein persönlicher Kontakt erforderlich, Mr. Montgomery. Die Umstände lassen nichts anderes zu.«
    Er versuchte mich durch Vernunft für sich zu gewinnen, indem er tatsächlich erklärte - bis zu einem gewissen Grad jedenfalls. Aber so leicht ließ ich mich nicht einwickeln. »Warum schicken Sie dann nicht einfach einen Ihrer Lakaien aus Kyoto?« konterte ich. »Da muß es doch Hunderte von Eifrigen geben, die sich dafür umbringen würden« - Ihnen in den Arsch zu kriechen, wollte ich sagen, überlegte es mir aber im letzten Augenblick anders -, »dem geschäftsführenden Leiter einen persönlichen Gefallen zu tun.

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