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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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Montgomery, guten Tag.« Barnards Stimme hatte nichts von ihrem volltönenden Klang und ihrem irgendwie einschüchternd wirkenden Selbstvertrauen verloren. »Oder vielleicht ist ›guten Abend‹ angemessener. Es ist schade, daß ich Sie nicht antreffe, aber« - er lächelte trocken und zuckte die Achseln - »ich kann mir nicht vorstellen, daß unser Tagesablauf übereinstimmt.
    Es gibt einige Dinge, die ich gerne mit Ihnen besprechen würde, Mr. Montgomery«, fuhr Barnard fort. »Ich versichere Ihnen, daß diese Besprechung von gegenseitigem Nutzen sein wird.
    Ich schicke Ihnen jetzt einen sicheren Umschaltcode -ein ›kaltes Relais‹, wie, glaube ich, die augenblickliche Bezeichnung auf der Straße lautet.« In einer Ecke des Schirms blinkte ein Empfangs-Icon, und das Telekom kicherte leise in sich hinein, als es die digitale Zeichenkette in seinem Permanentspeicher ablegte. »Bitte setzen Sie sich mit mir in Verbindung, sobald es Ihnen möglich ist«, schloß Barnard. »Ich freue mich auf die neuerliche Gelegenheit zu einer Unterhaltung mit Ihnen.« Mit einem leisen melodischen Bink endete der Anruf.
    Ich weiß nicht, wie lange ich den leeren Schirm anstarrte. Als ich mich schließlich aus meinem selbstversunkenen Bammel riß, waren meine Augen so trocken, daß sie sich wie Sandpapier anfühlten.
    Es ist komisch, wie die Dinge sich entwickeln... oder es könnte komisch sein, wenn man nicht persönlich darin verwickelt wäre. Von meiner Warte aus betrachtet fehlte dem Ganzen irgendwie der Witz. Dieser leise melodische Ton hatte mehr angezeigt als das Ende von Barnards Anruf, oder? Er war zugleich die Totenglocke für das Leben, das ich hier in Cheyenne lebte. Ein simples Bink, und alles ändert sich.
    Ich schüttelte den Kopf und seufzte. Wie groß waren die Chancen für ein Zusammentreffen Des Traums mit Barnards Anruf? Schon ein ziemlicher Zufall.
    Natürlich würden einige Leute das anders sehen. Dieser Freund von Jocasta Yzerman zum Beispiel, der mit ihr an der Universität unterrichtete. Wie war noch gleich sein Name? Harold Geh-im-Schatten oder so ähnlich. Der alte Harold hätte mir auf seine salbungsvolle Art gesagt, daß es so etwas wie Zufall nicht gibt und alles geschieht, weil es der Wille der großen Geister ist. Ja, klar. Wenn das stimmt, dann haben die Großen Geister einen ziemlich verdrehten Sinn für Humor.
    Der Anruf... Ich seufzte wiederum, ein tiefempfundener Laut, der von Herzen kam. Es hatte so kommen müssen - das hatte ich von Anfang an gewußt. Als die Dinge in jener Nacht unterhalb von Fort Lewis den Bach hinuntergegangen waren - als es Hawk, Rodney und die anderen erwischt hatte waren es Jacques Barnards Kreds gewesen, die alles wieder gerichtet hatten. Er hatte die ›Wrecking Crew‹ bezahlt - das Team von Sha-dowrunnern, das ich angeworben hatte -, und zwar einschließlich der Prämien für den Tod von Toshi und Hawk. Er hatte meinen ›Tod‹ arrangiert, zumindest für die Leute von Lone Star, die ein Interesse daran gehabt hätten, mich aufzuspüren. Und schließlich hatte er auch noch für den kybernetischen Ersatz für meinen Arm bezahlt, den der Königinnengeist weggebrannt hatte.
    Er hatte die Angelegenheit nie mit mir besprochen. Als ich in dem Krankenhaus aufgewacht war - in einem exorbitant teuren Privatzimmer, wiederum auf Kosten von Mr. Barnard -, war bereits alles geregelt gewesen. Er hatte die Zahlung nie mit Bedingungen verbunden, nie irgendwelche Zugeständnisse von mir verlangt.
    Natürlich war das auch gar nicht nötig. Wir wußten beide, wie der Hase läuft. Konzerne und Konzernspitzen machen keine Geschenke. Sie tätigen Investitionen. Barnard hatte in mich investiert, und wir wußten beide, daß er irgendwann nach Zinsen Ausschau halten würde. In den inzwischen vergangenen vier Jahren hatte er die Sache nie erwähnt. Teufel, ich hatte in dieser Zeit nie auch nur das geringste mit Yamatetsu zu tun gehabt, und so gefiel es mir auch am besten. Aber er hatte es auch nicht erwähnen oder mich daran erinnern müssen. Die Megakonzerne dieser Welt haben einen Haufen Ideen der alten japanischen Weltsicht verinnerlicht. Wenn jemand in deiner Schuld steht, ist es seine Sache, sie nicht zu vergessen, und nicht deine, ihn daran zu erinnern.
    Jetzt war also die Zeit gekommen, die Schuld einzufordern. Genau das hatte der Anruf zu bedeuten. Ich schuldete ihm etwas für meinen Arm und für meinen Lebensunterhalt - Drek, für mein Leben, wenn man es genau nahm -, und er würde

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