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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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verdammten Chauffeur? Wie wichtig war dieser Bursche? »Warum konnten wir das nicht schon gestern erledigen?« fragte ich.
    »Wie ich schon sagte, Mr. Tokudaiji war gestern geschäftlich auf den äußeren Inseln«, erklärte Scott geduldig. »Er ist absolut nicht verpflichtet, Sie überhaupt zu empfangen. Er könnte Sie einfach wegpusten lassen, und niemand könnte ihm deswegen an den Karren fahren.«
    Ich verdaute das erst einmal, während Scott den Rolls auf die nordwärts führende Autobahn lenkte, die bald in einen Tunnel mündete, der durch eine Hügelkette führte. Entweder wußte Scott nicht, auf wessen Geheiß ich arbeitete - dieser Tokudaiji würde nicht mich wegpusten lassen, sondern Jacques Barnard, den geschäftsführenden Leiter von Yamatetsu Nordamerika - oder Tokudaiji war tatsächlich ein sehr bedeutender Mann.
    »Sind Sie bewaffnet?« fragte Scott plötzlich.
    Die Seco fühlte sich plötzlich schwer an meiner Hüfte an. »Ja«, sagte ich zögernd.
    »Tststs«, machte Scott. »Das hätte ich Ihnen wohl sagen sollen. Sie müssen die Kanone im Wagen lassen, wenn Sie zu Mr. Tokudaiji gehen.«
    Einen Drek werde ich... Das wollte ich sagen, aber ich seufzte lediglich und hielt den Mund. »Ich weiß nicht, ob mir gefällt, wie sich die Sache entwickelt.« Für einen Augenblick tauchte der alte Scott in seinem Lächeln wieder auf. »Hey, Bruder, zumindest kommen Sie um eine Leibesvisitation herum.«
    Die Autobahn führte wieder ans Tageslicht, und die ganze Landschaft hatte sich verändert. Die Nordseite der Insel war viel üppiger bewachsen als der Süden, was auf mehr Regen hindeutete. (Hatte ich nicht irgendwo gelesen, daß das Wetter wegen der sich ständig ändernden Winde auf den Inseln im letzten halben Jahrhundert verrückt spielte? Tja, wie auch immer.) Die Autobahn beschrieb eine Kurve und verlief jetzt, dem Stand der Sonne nach zu urteilen, nach Nordwesten, um dann wieder nach Nordosten zu schwenken und einen Berghang hinabzuführen. Direkt im Norden lag eine Art Vorgebirge mit etwas an seinem Fuße, das wie eine militärische Anlage aussah. Auf der Westseite des Vorgebirges öffnete sich die Küstenlinie zu einer derartig schönen Bucht, daß sie fast nicht wirklich sein konnte. »Mr. Tokudaiji hat einen ziemlich netten Ausblick, wenn Sie mich fragen«, sagte Scott, der wiederum meine Gedanken zu lesen schien.
    Wir verließen die Autobahn und folgten einer holprigen kleinen Straße, die dem Verlauf der Bucht folgte. Nach ein oder zwei Kilometern bog Scott in einen unbe-schilderten Weg ein, und die Qualität der Straße verbesserte sich drastisch. Eine Privatstraße, vermutete ich... und ein flüchtiger Blick auf eine Überwachungskamera in einem Hibiskusstrauch, die dem Wagen mit ihrer Linse folgte, bestätigte die Vermutimg einen Augenblick später. Ich klopfte meine Tasche ab, um mich zu vergewissern, daß ich Barnards Chip nach alledem nicht verlegt hatte, und schnallte ein wenig widerwillig das Halfter der Seco ab. »Sie können die Kanone einfach dort im Wagen lassen«, schlug Scott vor. »Da ist sie sicher.«
    Der Rolls hielt vor einem Sicherheitsgatter, aber einem, wie ich es noch nie gesehen hatte. Kein elektrischer Kettenzaun, kein Stacheldraht, kein Metalltor auf Rollen. Statt dessen standen wir vor einer großen Palisade - das ist das beste Wort, was mir dafür einfällt -aus sorgfältig lackiertem dunklen Holz. Die eigentliche Ausfahrt war ein Torbogen im japanischen Stil. Ich sah das Motiv, das in den Bogen und in das Doppeltor eingearbeitet war, und mich überlief ein schwaches Frösteln. Eine Chrysantheme war das Schlüsselmotiv, das sich überall wiederholte. Einfach allererste Sahne.
    Während wir warteten, nahm ich das Tor und die Palisade genauer unter die Lupe. Zwar sah alles wie die Kulisse aus einem alten Kurosawa-2D-Film - vielleicht Ran - aus, aber man brauchte kein Genie zu sein, um zu vermuten, daß alles wesentlich sicherer war, als es den Anschein hatte. Vielleicht bestanden die Fassade des Tors und des Zauns tatsächlich aus echtem Holz - wäre mir nicht das Chrysanthemen-Motiv aufgefallen, hätte ich auf billigeres Makroplast gesetzt -, aber darunter verbarg sich mit Sicherheit wesentlich widerstandsfähigeres Material. Zumindest eine anti-ballistische Legierung, wahrscheinlich gepanzerter Stahlbeton. Obwohl es so aussah, als würden die geschnitzten Torpfosten wie Kegel umfallen, wenn Scott den Rolls in das Tor fuhr, hätte ich viel Geld darauf verwettet, daß sogar

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