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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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unserer Sprache gibt es Worte, die einen ganzen Haufen Bedeutungen haben. Nehmen Sie zum Beispiel aloha - das bedeutet ›hallo‹, richtig? Aber es bedeutet auch ›Liebe‹, ›Gnade‹, ›Mitgefühl‹, ›Mitleid‹ und vielleicht noch ein halbes Dutzend andere Sachen.
    Und Kahuna? Schamane, klar. Priester. Aber es bedeutet auch ›Ratgeber‹, insbesondere dann, wenn man über den Ali'i und seinen Kahuna redet.« Scott kicherte. »Es ist auch eine Bezeichnung für jemanden, der etwas nui gut kann, okay? Erinnern Sie sich noch an den Burschen auf dem Surfbrett? Er ist ein echter Kahuna, was das Surfen anbelangt.«
    Er hielt inne und zuckte die Achseln. »Wo war ich? Ach ja. Der Iolani-Palast ist das ›Alltagskapitol‹. An manchen bedeutenden, nui wichtigen Feiertagen fliegen der Ali'i und sein Hof zum alten Kapitol auf der Großen Insel. Aber meistens ist das hier der Ort, an dem König Kam seine Geschäfte erledigt.«
    »Das ist jetzt König Kamehameha V., richtig?«
    »Genau, Bruder.« Der Ork zeigte auf eine Stelle auf der anderen Straßenseite. »Wollen Sie König Kam I., Kamehameha den Großen, sehen? Da ist er.«
    Ich schaute dorthin, wohin er zeigte, und sah die große Statue. Sie zeigte einen perfekt proportionierten Mann mit mahagonifarbener Haut und edlen Zügen, der einen Speer hielt. Er trug einen gelben Umhang und einen seltsamen runden Kopfschmuck. Beide Kleidungsstücke schienen aus Federn zu bestehen. »Tolle Mon-tur«, stellte ich fest.
    »Die traditionelle Bekleidung des Ali'i«, sagte Scott. »König Kam trägt dasselbe Zeug bei offiziellen Anlässen.« Er hielt inne. »Nach allem, was ich gehört habe, ist diese Statue übrigens ein lebensgroßes Abbild. Kam der Große war ein ziemlich großer Junge.«
    Ich sah mir die Statue noch einmal genauer an. Ich schätzte, daß sie mindestens zwei Meter zwanzig groß war - ohne den Kopfschmuck. »Sie haben recht, ein großer Junge«, pflichtete ich ihm bei. »Gibt es Trollblut im Stammbaum des Königs?«
    Scott kicherte vor sich hin und fuhr weiter.
    Unsere letzte Station war vielleicht einen Block vom Palast entfernt, die andere Seite der Regierungsgeschäfte. Scott zeigte auf ein großes Stahlbetongebäude, dessen vertikale Linien an klassische Säulen und Wasserfälle erinnerten. Über einer mächtigen Doppeltür hing eine massive Scheibe aus Metall - der Farbe nach Bronze - mit einem Wappen. »Das ist das Haleaka'au-puni«, verkündete Scott. »Ich glaube, das könnte man mit ›Regierungsgebäude‹ übersetzen. Hier sitzt das Parlament, und hier erledigen auch die Verwaltungsbeamten und Datenschieber ihren Kram.«
    Mir fiel einiges von dem Material ein, daß ich im Flugzeug durchgesehen hatte. »Liegt der König immer noch mit dem Parlament im Clinch?« fragte ich.
    Der Ork bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick. »Sie sind nicht so ahnungslos, wie ich gedacht habe, Bruder«, sagte er mit einem Anflug von Respekt. »Ja, König Kam und die Hitzköpfe von der Na Kama'aina innerhalb des Parlaments schlagen sich immer noch gegenseitig den Schädel ein.« Wir bogen um eine Ecke und fuhren eine andere Seite des Regierungsgebäudes entlang. Scott zeigte nach vorn. »Da ist ein Teil der Wählerschaft dieser Hitzköpfe.«
    Ich sah hin.
    Es war keine große Demonstration - ich habe in Seattle bei Protestaktionen gegen die Erhöhung der Fahrpreise für die Monobahn größere Menschenmengen gesehen -, aber sie hatte etwas an sich, etwas, das ich nicht eindeutig benennen konnte, das mich aber auf den Gedanken brachte, sie sei gut organisiert. Vor den Stufen des Regierungsgebäudes hatten sich vielleicht hundert Leute versammelt. Nicht viele im großen Ereignisrahmen, aber jedesmal, wenn der Nachrichten-Kameramann, der auf der obersten Treppenstufe stand, mit seiner Kamera über die Menge schwenkte, rückten sie enger zusammen. Damit die Menge dichter und daher größer aussah, wenn die Bilder heute abend über den Sender gingen, wurde mir klar. Das war ein zu stark ausgeprägtes Medienbewußtsein für eine »spontane Versammlung«. Was sich hier meinem Blick darbot, konnte durchaus die hawai'ianische Version von etwas sein, das ein alter Kollege bei Lone Star einmal ›Miet-Mob‹ genannt hatte - professionelle Agitatoren oder eine Gruppe, die zumindest von professionellen Agitatoren angeführt wurde.
    Bei den Demonstranten schien es sich durchweg um Polynesier zu handeln. Eine Menge Orks und Trolle und nur wenige Menschen und Zwerge als Farbtupfer.

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