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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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kenne. Die Warterei gab mir ausreichend Gelegenheit, die Dinge zu durchdenken und zu bedeutenden Schlußfolgerungen zu kommen, aber mein Verstand war zu scharfem, analytischem Denken augenblicklich einfach nicht in der Lage. Ich konnte meine Gedanken nicht daran hindern, daß sie sich überschlugen, obwohl sie sich ständig im Kreis drehten und denselben ausgelatschten Pfaden folgten. Ich wünschte, ich hätte schlafen können, aber ich wußte, daß mir dieses Glück nicht beschieden sein würde.
    Nach etwa vier Stunden summte der Empfänger in der Kommunikationseinrichtung des Teams. Beta eilte hin und streifte sich ein Kopfset über. Ich sah, wie sich ihre Lippen bewegten, als sie Worte formulierte, aber ich konnte nicht das geringste, weder von der ankommenden noch der ausgehenden Kommunikation hören. Nach einer Minute oder zwei setzte sie das Kopfset ab und ging wieder zu Kat. Beta warf einen Blick in meine Richtung, bevor sie mit Kat sprach, aber ich starrte bereits ins Leere und schenkte den Vorgängen scheinbar nicht die geringste Aufmerksamkeit. Ich hielt den Atem an, lauschte angestrengt und wünschte mir vorübergehend Cyberohren und verstärkte Periphersicht.
    »Er ist dran«, hörte ich Beta sagen.
    »Neheka?«
    Beta schüttelte den Kopf. »Der große Wurm«, korrigierte sie. (Oder jedenfalls glaubte ich, daß sie das sagte. Es hätte auch ›der Bücherwurm‹ oder ›der große Turm‹ oder sogar ›der Hosengurt‹ heißen können, echt...) Was Beta auch gesagt hatte, es reichte, um Kat von ihrer Verwaltungsarbeit loszueisen. Sie eilte zum Kopfset, das wie üblich seinen Job erledigte, so daß ich keine einzige Silbe des Gesprächs verstehen konnte, das länger als fünf Minuten dauerte.
    Als Kat fertig war und die Verbindung unterbrochen hatte, begutachtete ich aus dem Augenwinkel ihre Miene und Körpersprache, während sie zurück zum Kartentisch und den zusammengeschalteten Compis ging. Ohne Resultat. Vielleicht haben Hawaiianer auch ihre eigene Körpersprache.
    Etwa zwei Stunden nach dem Gespräch mit dem ›Ho-sengurt‹ stieß Poki plötzlich einen beachtlichen Schlachtruf aus. Ich war augenblicklich auf den Beinen und lief zu ihm. Kat kam mir jedoch zuvor - verchippt? fragte ich mich -, und zu ihr sagte der Decker: »Erledigt.«
    »Ja?«
    Poki bedachte mich angesichts meiner Skepsis mit einem gemeinen Lächeln und sagte: »Hey, Opa, Siebzig-Bit-Codes sind ein alter Hut. Wo warst du in der letzten Zeit?«
    Ich schüttelte den Kopf. Gibt es irgendwas, das sich nicht so schnell ändert, daß man nicht mehr Schritt halten kann? Der Elf hatte einen Konzern-Code in weniger als einem Viertel der Zeit geknackt, die ich dafür veranschlagt hatte. Wo soll das noch hinführen, etcetera etce-tera drekcetera. Ich streckte die Hand nach dem Chip aus, aber der Decker zeigte nur auf den hochauflösenden Bildschirm.
    Ich warf Kat einen bedeutungsvollen Blick zu, und sie reagierte sofort. »Hast du ein paar Sekunden Zeit, um dir mal den Speicher meines Compis anzusehen, Poki?« fragte sie. »Könnte sein, daß er sich einen Virus eingefangen hat.«
    Der Decker sah einen Moment lang hell empört aus, und er öffnete den Mund, um zu maulen. Aber dann sah er den harten Glanz in Kats Augen, schluckte seinen Protest hinunter und nickte. (Ich hatte mir schon gedacht, daß Kat in diesem Laden das Sagen hatte, aber es war nett, eine kleine Bestätigung zu bekommen.)
    »Ja, okay«, sagte er, obwohl seine Stimme mir und allen anderen verriet, daß es nicht okay war. Er stand auf, stöpselte sich aus und folgte Kat zum Besprechungstisch ... doch nicht, ohne mir zuvor eine gehörige Portion Stinkeblick zu gönnen. Ich bedachte ihn dafür mit meinem besten ›Hey, ich bin nur ein harmloser Idiot, der wahrscheinlich nicht den gesamten Speicherinhalt deiner Computer löscht‹-Lächeln und setzte mich auf den Stuhl, der gerade frei geworden war.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich aus dem Be-nutzer-Interface des Computers schlau geworden war. (Klar, moderne Systeme folgen angeblich denselben Grundsätzen, aber nur, weil man einen Volkswagen Elektro fahren kann, heißt das noch lange nicht, daß man sich hinter dem Steuer eines fünfhundert Stundenkilometer schnellen Formel-U-Rennwagens sofort heimisch fühlt, richtig?) Als ich glaubte, alles im Griff zu haben, kontrollierte ich zuallererst, wie viele Kopien des Chipinhalts Poki gespeichert hatte. Soweit ich sehen konnte, gab es nur die eine: eine Kopie der Datei im

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