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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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auf Moko, der immer noch in seiner Hängematte lag. »Ich kann Moko schicken...«
    »Ganz schlecht«, warf ich ein. »Die Sachen sind gesichert. Es sei denn, ich schneide mir den Daumen ab und gebe ihn Moko mit...« Ich zuckte die Achseln und ließ den Gedanken in der Luft hängen.
    Kat dachte darüber nach. Die Tatsache, daß sie bei meiner Implikation, ich würde ein Daumenabdruck-Sicherheitssystem benutzen, mit keiner Wimper zuckte, verriet mir etwas mehr über die Hilfsmittel der Gruppe.
    »Moko kann mit dir kommen«, schlug sie einen Augenblick später vor.
    Ich schüttelte den Kopf. »Das hieße, Ärger geradezu herauszufordern, oder nicht?« stellte ich fest. »Schließlich kann man nicht gerade sagen, daß Moko ein unauffälliger Typ ist.« Daraufhin mußte sie lächeln, und ich wußte, ich hatte gewonnen. »Ich setze mich mit euch in Verbindung, sobald ich meine Sachen habe«, sagte ich zu ihr, um ihr die Niederlage zu versüßen. »Gib mir ein kaltes Relais, unter dem ich euch erreichen kann.«
    Kurz darauf nickte sie einmal und leierte ein paar Zahlen herunter, die ich mir merkte. »Mach sein Motorrad fertig«, sagte sie zu Zack. Dann wandte sie sich wieder an mich. »Ich hoffe, du weißt, was du tust, Bruder.«
    »Ich auch«, erwiderte ich inbrünstig, und das waren die ersten wahren Worte, die ich in den letzten Minuten von mir gegeben hatte.

    Ich mußte fast zehn Minuten lang im Kreis durch Ewa fahren, bevor ich auf einen Orientierungspunkt stieß, den ich kannte. Von dort aus brauchte ich nur noch weitere fünf Minuten bis zu meiner Bude.
    Natürlich war ich vorsichtig, als ich hineinging. Ich hielt es nicht für sonderlich wahrscheinlich, daß die Yak-Soldaten meine Bude unter Beobachtimg hatten, aber man vertraut sein Leben nicht blindlings so flüchtigen Dingen wie ›Wahrscheinlichkeiten‹ an. Im Treppenhaus und im Flur hielten sich keine ungewöhnlich aussenden Leute auf, und als ich die Tür zu meinem Zimmer erreichte, waren alle Markierungen, die ich hinterlassen hatte, noch an Ort und Stelle. Zum erstenmal zuversichtlich, daß ich tatsächlich das Richtige tat, ging ich hinein und sperrte die Tür hinter mir ab.
    Dann verflüchtigte sich die Zuversicht. Ich wußte, was ich zu tun hatte - oder vielmehr, was ich glaubte, zu tun zu haben -, aber das machte es nicht leichter. Bisher war ich gut damit gefahren, meinen Instinkten zu trauen, aber eines Tages würden sie mich im Stich lassen, endgültig und abrupt. Ich setzte mich vor das Telekom, zog den Manhunter aus dem Hosenbund und legte ihn auf den Tisch neben die Tastatur. Dann starrte ich einfach nur ein paar Minuten lang auf den Schirm.
    Hatte ich den Mumm, es zu tun? Hatte ich den Mumm, es nicht zu tun? Drek, ich haßte diese Fragen. Schließlich akzeptierte ich, daß a) ich eigentlich gar keine Wahl hatte, und b) wenn ich alles richtig machte, sich dadurch die Gefahr, in der ich mich befand - ohnehin bereits maximal -, nicht wesentlich erhöhte. Ich seufzte, und dann tippte ich die LTG-Nummer ein, die ich damals in Cheyertne auf meinem Anrufbeantworter vorgefunden hatte.
    Ich zuckte und zappelte, während sich das Telekom durch die Zwischenstationen des kalten Relais klickte. Schließlich blinkte das Klingelzeichen auf dem Schirm auf. Etwas verspätet rechnete ich mir aus, wie spät es gerade in Kyoto, Japan, war. Kurz vor Mitternacht, wenn ich nicht irgendwo eine Zeitzone übersehen hatte. Würde sich Mr. Jacques Barnard noch in seinem Büro aufhalten? Ich bezweifelte es. Wenn nicht, würde der Anruf dann weitergeleitet werden, oder würde ich diese hassenswerteste aller Stimmen hören, diejenige, die sagt: »Bitte hinterlassen Sie Ihre Nachricht nach dem Signalton«?
    Das Klingelzeichen erstarb, aber der Schirm blieb leer. Dann hörte ich das elektronische Klicken eines weiteren Relais. Nach einigen Sekunden nahm ein Bild auf dem Schirm Gestalt an, und ich starrte in das Gesicht von Jacques Barnard.
    Er war wohl zu Hause. Hinter ihm, ein wenig unscharf, war eine nächtliche Stadtlandschaft zu sehen, und zwar aus beachtlicher Höhe - wie zum Beispiel vom Penthouse eines Wolkenkratzers in der Innenstadt. Er war wach und aufmerksam, aber er sah geistig erschöpft aus. Als ich ihn aus Cheyertne angerufen hatte, schien er in vier Jahren um eine Dekade gealtert zu sein. Jetzt kamen weitere fünf Jahre hinzu. Er lehnte sich zurück, wischte sich ein imaginäres Staubkorn von der Manschette seiner kastanienfarbenen, samtenen Smokingjacke - eine

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