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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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wie ein Magnet an. Ein bronzehäutiger Kriegsgott - das war mein erster Eindruck. Hochgewachsen, muskulös, in der Blüte seines kraftstrotzenden, vitalen Lebens. Er trug im wesentlichen dasselbe wie die Statue Kamehamehas des Großen, die Scott mir gezeigt hatte: Lendentuch, einen Umhang aus leuchtend gelben Federn über den Schultern und einen ausladenden Kopfschmuck, der ebenfalls mit Federn bedeckt war. Seine Brust war nackt, sehr muskulös und hier und da mit Tätowierungen von geometrischer Musterung verziert. Hätte er einen Speer oder eine Keule in den großen Händen gehalten, wäre das völlig angemessen gewesen. Tatsächlich handelte es sich jedoch bei dem Gegenstand in seinen Händen um einen Taschencomputer, auf dessen Tastatur er bei meinem Eintreten eifrig herumhämmerte. Als sich die Tür klickend hinter mir schloß, sah er auf, und seine granitharten Augen schienen mich zu durchbohren.
    Es war Gordon Ho - so lange, ein paar Sekunden, hatte ich gebraucht, um ihn in seiner Pracht zu erkennen. Gordon Ho, König Kamehameha V., Ali'i des Königreichs Hawai'i. Als ich ihn auf dem Telekomschirm sah, hatte ich den Eindruck eines jungen, aufstrebenden Konzern-Execs. Das Telekom hatte weder seine Größe vermittelt - knapp unter zwei Meter, also nicht ganz die Statur Kamehamehas des Großen, aber trotzdem ein großer Junge -, noch war es seiner... Aura gerecht geworden. (Ich hasse dieses Wort, aber es ist das einzige, das paßt.) Ich konnte seine Persönlichkeit, seine Willenskraft, spüren wie die Hitze eines Glutofens. Das war meine erste Begegnung mit einem König, und mir wurde klar, daß an diesem Monarchie-Drek vielleicht doch mehr war als ein Titel und - möglicherweise - inzuchtbedingte Geburtsfehler.
    Er wandte den Blick von mir ab und richtete ihn wieder auf seinen Computer, und das schien mich von einem Bann zu befreien. Zum erstenmal seit meinem Eintreten war ich in der Lage, mir den Rest des Raumes ansehen.
    Er war nicht groß, dieser Thronsaal, etwa von der Größe eines Sitzungssaals. Der Boden bestand aus Hartholz, die Wände waren mit demselben gemaserten Holz vertäfelt, aus dem auch die Tür bestand, durch die ich eingetreten war. An der Wand hinter dem Ali'i hing ein großes Wappen oder Siegel oder so etwas - kreisrund mit einem Ring von Worten am Rand. Ua mau ke ea a ka aina i ka pono, konnte ich entziffern... was auch immer das zu bedeuten hatte. In der Mitte des Siegels befand sich eine Art Emblem, das eine hibiskusähn-liche Blume, einen Baum, der wie ein Banyan aussah, und - ganz ehrlich - eine verdammte Gans beinhaltete. Das Siegel wurde von Vorhängen aus schwerem, kastanienbraunem Samt eingerahmt.
    Links neben König Kamehameha befand sich noch ein weiterer Mann auf dem Podest - stehend. Die einzige Sitzgelegenheit in dem Raum war der Thron, der vom Ali'i ausgefüllt wurde. Es war ein älterer Mann, hager und runzlig, und er sah aus, als sei er aus nußbraunem Holz geschnitzt. Er trug ebenfalls einen Umhang - keine Federn, nur einfacher roter Stoff -, ein Lendentuch und darüber hinaus ein Stirnband mit einer Feder am Hinterkopf, die sich - einsam und verloren, wie ich fand -nach vorn neigte. Irgendein Ratgeber, dachte ich mir sofort. Wie hatte Scott diese Burschen genannt? Kahunas, das war es. Der Kahuna sah nur ein paar Jahre jünger aus als Gott persönlich, aber er hatte denselben stählernen Blick wie Gordon Ho. Kein Bursche, der mit sich spaßen ließ.
    Zwei Weißgekleidete flankierten das Podest, und ein weiterer wachte über mich und Ortega, der sich mir angeschlossen hatte. Diese Burschen hielten tatsächlich Speere in den Händen, aber mir entging nicht, daß in dem Halfter an ihrem Gürtel großkalibrige Kanonen steckten.
    Und darin waren da noch die drei... Besucher? Bittsteller? Wie sollte man sie nennen? Sie standen vor dem Podest, den Blick abgewandt, wie ich es zu tun vergessen hatte. Alle drei Menschen, alle Polynesier... und alle Pinkel (diesmal im Konzernsinn). Einer von ihnen drehte sich um und warf mir einen bösen Blick zu -mittlerweile hatte ich den Stinkeblick ziemlich satt -, bevor er sich wieder auf das Blickabwenden konzentrierte.
    Der Ali'i sah von seinem Computer auf und musterte einen der Pinkel mit scharfem Blick. »Gibt es sonst noch etwas, das ich in dieser Angelegenheit hören sollte?«
    Der Pinkel sah auf und sagte förmlich: »Nichts mehr, e Ku'u lani.«
    »Gut«, sagte der König mit einem Nicken. »Dann werden Sie meine Entscheidung binnen

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