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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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Déjà vu ließ mich erschauern. Ich setzte mich auf einen der Besucherstühle und versuchte mich zu entspannen, während ich wartete.
    Ich brauchte nicht lange zu warten - sehr angenehm, da ich mich ohnehin nicht entspannen konnte. Die Tür hinter mir öffnete sich, und ich sprang instinktiv auf.
    Gordon Ho, König Kamehameha V., hatte sich wiederum verändert. Es lag nicht nur an seiner Kleidung, obwohl er anstelle seiner Amtstracht schrecklich teure Freizeitkleidung trug. Nein, seine ganze Art - seine Aura, um dieses alberne Wort zu benutzen - war wie verwandelt, als hätte er mit dem Ablegen der äußeren Zeichen seiner Königswürde auch die Kraft der Persönlichkeit abgelegt, die ich im Thronsaal gespürt hatte. War diese Kraft auf einen magischen Einfluß zurückzuführen, der vielleicht in den Kopfschmuck eingearbeitet war?
    Nein, korrigierte ich meine Einschätzung gleich darauf. Die Kraft war immer noch da. Sie glitzerte in seinen Augen. Es war nur so, daß Gordon Ho wie jeder gute Exec zwischen Zeremonie und Geschäft unterschied.
    »E Ku'u lani«, begann ich.
    Ho bedeutete mir, mich zu setzen. »Ich sagte Ihnen bereits am Telekom, es sind die Kahunas, die auf die alten Formen fixiert sind, nicht ich.« Er setzte sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch und lehnte sich behaglich zurück. Dann betrachtete er mich fast eine Minute lang. Sein forschender Blick war nicht feindselig -mehr neugierig als alles andere, dachte ich -, aber dadurch fühlte ich mich nicht besser. Ich rutschte nervös auf meinem Stuhl hinunter und spürte, wie mir ein dünnes Schweißrinnsal die Rippen herunterlief. Ich versuchte seinem Blick standzuhalten, aber es dauerte nicht lange, bis ich den Blick abwenden mußte. Ich richtete ihn auf alles mögliche - das ›Bildfenster‹ hinter ihm, den Schreibtisch, die Holoeinheit -, nur nicht auf diese Granitaugen.
    Schließlich rührte sich der Ali'i, und ich spürte, wie die Intensität seines Blickes nachließ. »Mr. Montgo-mery«, sagte er zögernd, beinahe nachdenklich. »Derek Montgomery.« Er lächelte. »Ich weiß ein wenig über Sie, Mr. Montgomery. Geboren am 22. Juli 2019 in Seattle, Washington - damals war es noch der amerikanische Bundesstaat Washington, nicht wahr? Eine jüngere Schwester. Beide Elternteile getötet.« Sein Tonfall war so, als lese er etwas vor, wenngleich er den Blick immer noch auf mein Gesicht gerichtet hatte. Erst als ich ein schwaches künstliches Glitzern auf seiner Hornhaut bemerkte, wurde mir klar, daß ihm irgendeine Einheit im Schreibtisch meine persönlichen Daten direkt vor die Augen projizierte. »Besuchte die Universität von Washington«, fuhr er fort, »machte jedoch keinen Abschluß. Wählte eine Laufbahn bei Lone Star Security Services.« Er bedachte mich mit einem trockenen Grinsen. »Eine verkürzte Laufbahn«, fügte er ironisch hinzu, »die damit endete, daß Sie den Konzern unter wenig freundlichen Umständen verließen.
    Seitdem« - er zuckte die Achseln - »eigentlich ziemlich wenig. Gelegentliche Hinweise, daß Sie Ihre Dienste verschiedenen Individuen und sogar einigen Konzernen zur Verfügung gestellt haben. Aber kaum konkrete Daten.
    Bis zu Ihrem Tod im Jahre 2052, bestätigt durch Genabdruck und Gebiß vergleich.« Eine buschige Augenbraue hob sich fragend. »Interessant, Mr. Montgomery. Ich habe mich noch nie mit einem Toten unterhalten.«
    Ich zuckte die Achseln... und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie schockiert ich über die Leichtigkeit war, mit der er Hintergrundinformationen über mich ausgegraben hatte. Geburtsdatum, Geburtsort, Familiendetails, beruflicher Werdegang... all das hätte aus den öffentlichen Datenbanken herausfallen müssen, als ich nach meinem Bruch mit Lone Star meine SIN gelöscht hatte. Ich hatte immer gedacht, ›gelöscht‹ bedeute genau das - man existiert nicht mehr, es gibt keine Verbindung mehr zwischen dem, der man einmal war, und dem, der man ist, und keinen problemlosen Weg, diesen Drek danach noch aufzuspüren. Leben heißt lernen, nehme ich an.
    Der Ali'i beugte sich vor. »Sagen Sie, Mr. Montgomery, was will ein Toter auf Hawai'i?«
    Ich zögerte. Drek, Barnards Anweisungen waren zu ungenau gewesen. Ja, ich sollte König Kam eine bestimmte Nachricht überbringen, aber was sollte ich ihm sonst noch sagen oder auch nicht sagen? »Er versucht etwas gegen die Friedhofsblässe zu tun«, antwortete ich und versuchte Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
    Daraufhin kicherte er leise. »Nun,

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