Haus der Vampire 01 - Verfolgt bis aufs Blut-ok
als wollte jemand herein. Eve hatte gesagt, dass keine Vampire hereinkommen könnten, aber was, wenn doch? Was, wenn Michael...?
Sie hörte einen sanften, silbrigen Klang und wusste, dass Michael unten Gitarre spielte. Irgendwie half das, drängte die Schatten zurück, verwandelte die Geräusche in etwas Vertrautes und Beruhigendes. Es war nur ein Haus und sie waren einfach ein paarjunge Leute, die gemeinsam darin wohnten. Und wenn irgendetwas nicht stimmte, nun ja, dann war es da draußen.
Sie musste wohl eingeschlafen sein, ohne es zu merken; ein Geräusch ließ sie aufschrecken, und als Claire auf die Uhr neben sich schaute, war es fast halb fünf Draußen war es noch nicht hell, aber es war auch nicht mehr ganz dunkel; die Sterne verblassten zu einem schwachen Funkeln am Himmel, der sich allmählich dunkelblau färbte.
Michaels Gitarre war noch immer ganz leise zu hören. Ging er eigentlich nie schlafen? Claire glitt aus dem Bett, warf sich über das T-Shirt, das sie zum Schlafen trug, eine Decke um die Schultern und schlurfte in den noch dunklen Gang hinaus. Als sie an der verborgenen Tür vorbeikam, warf sie einen Blick darauf und fröstelte, dann ging sie weiter zum Badezimmer. Als sie fertig war und sich die Haare gekämmt hatte, schlich sie sich leise die Treppe hinunter und setzte sich hin, schlang die Decke um sich und hörte Michael zu.
Er hatte den Kopf gesenkt und war völlig versunken; sie beobachtete, wie leicht und flink sich seine Finger über die Saiten bewegten, wie sich sein Körper langsam im Rhythmus wiegte, und ein tiefes Gefühl von Sicherheit überkam sie. Solange Michael da war, konnte nichts Schlimmes passieren. Sie wusste es einfach.
Neben ihm fing ein Wecker an zu klingeln. Er schaute erschrocken auf und machte ihn aus, dann stand er auf und räumte seine Gitarre weg. Sie beobachtete ihn erstaunt... hatte er einen Termin? Oder hatte er tatsächlich seinen Wecker gestellt, um schlafen zu gehen? Wow, das war wirklich Besessenheit...
Michael stand da und betrachtete die Uhr, als sei sie sein persönlicher Feind, dann drehte er sich um und ging hinüber zum Fenster.
Der Himmel war jetzt von einem dunklen Türkis, alle Sterne außer den hellsten waren verblasst. Michael, der ein Bier in der Hand hielt, trank den Rest aus der Flasche und stellte sie auf den Tisch; er verschränkte seine Arme und wartete. Claire wollte ihn gerade fragen, worauf erwartete, als der erste Sonnenstrahl wie ein blendend orangefarbenes Messer hervorbrach; Michael schnappte nach Luft und krümmte sich, die Hände auf den Magen gepresst.
Claire sprang auf die Füße, erschrocken und verängstigt wegen des Ausdrucks purer Höllenqualen auf seinem Gesicht. Durch die Bewegung wurde er auf sie aufmerksam und er machte eine ruckartige Kopfbewegung zu ihr hin, die blauen Augen weit aufgerissen.
»Nein«, stöhnte er und warf sich nach Luft schnappend nach vorne auf Hände und Füße. »Nicht.«
Sie ignorierte es und sprang die Treppe hinunter, um zu ihm zu laufen, aber als sie dort ankam, wusste sie nicht, was sie tun sollte, hatte keine Ahnung, wie sie ihm helfen konnte. Michael atmete in tiefen, schmerzhaften Zügen unter fürchterlichen Qualen.
Sie legte ihm die Hand auf den Rücken, fühlte seine fiebrig heiße Haut durch den dünnen Stoff brennen und hörte, wie er ein Geräusch von sich gab, das anders klang als alles, was sie jemals gehört hatte.
Als würde jemand sterben , dachte sie panisch und öffnete den Mund, um nach Shane, Eve, nach irgendjemandem zu brüllen.
Plötzlich ging ihre Hand geradewegs durch ihn hindurch. Ihr Schrei blieb ihr aus welchen Gründen auch immer im Hals stecken, als Michael - der durchsichtige Michael - verzweifelt und hoffnungslos zu ihr aufblickte.
»Oh Gott, sag es ihnen nicht.« Seine Stimme erreichte sie aus weiter Ferne, ein Wispern, das in den Strahlen der Morgensonne verblasste.
Ebenso wie er selbst.
Claire strich offenen Mundes, unfähig, ein Wort herauszubringen, mit der Hand durch die Luft, wo Michael Glass gestanden hatte. Langsam zuerst, dann schneller. Die Luft um sie herum fühlte sich kalt an, als würde sie im Luftzug einer Klimaanlage stehen, dann verschwand die Kälte langsam.
Wie Michael.
»Oh mein Gott«, flüsterte sie und schlug beide Hände vor den Mund und dämpfte damit den Schrei, der herausmusste, da sie sonst geplatzt wäre.
Vielleicht war sie kurz ohnmächtig geworden, denn das Nächste, an das sie sich erinnerte, war, dass sie auf der
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