Haus der Vampire 03 - Rendezvous mit einem Unbekannten-ok
»Claire? Oh, hi. Süßes T-Shirt!«
Claire schaute verblüfft an sich hinunter. Es war nicht süß. Sie hatte eigentlich gar keine Klamotten, die sie als »süß« einstufen würde, und selbst die besten, die sie hatte, würden Monicas hohen Ansprüchen niemals genügen.
»Bist du auf dem Weg zum Unterricht?«, fuhr Monica strahlend fort. »Schade, ich hätte dich gern zu einem Mochaccino oder so eingeladen.«
»Ich – äh – ja, ich habe jetzt Unterricht«, wand sich Claire heraus und versuchte, die Treppe hinunterzugehen, aber Monica verstellte ihr den Weg. Monicas Lächeln war freundlich, aber es drang nicht bis zu ihren schönen, großen Augen vor. »Ich komme zu spät.«
»Eine Sache«, sagte Monica und senkte die Stimme. Claire fiel auf, dass es fast das erste Mal war, dass sie Monica allein sah und nicht von Gina und Jennifer flankiert. »Ich gebe am Freitagabend eine Party. Kannst du kommen? Zu Hause bei meinen Eltern. Hier ist die Adresse.« Bevor Claire reagieren konnte, drückte ihr Monica einen Zettel in die Hand. »Häng es nicht an die große Glocke, okay? Ich frage nur die Besten. Oh, und zieh dir was Hübsches an; es ist förmlich.«
Und dann war sie weg, sie flitzte die Treppe hinauf und schloss sich einer Gruppe von Mädchen an, mit der sie quatschend und lachend ins verglaste Atrium ging.
Nur die Besten? Claire betrachtete den Zettel und dachte darüber nach, ihn wegzuwerfen, aber dann steckte sie ihn in die Tasche.
Vielleicht war das ja eine wunderbare Gelegenheit, Monica davon zu überzeugen, dass sie nie so etwas wie eine Freundin sein würde.
Sie beeilte sich auf ihrem Weg zum Unterricht und hielt dabei die Augen offen. Als sie die Typen entdeckte, nach denen sie Ausschau gehalten hatte, verließ sie den Gehweg und ging über den Rasen.
Spieler. Freaks. Sie saßen fast den ganzen Nachmittag über draußen, würfelten und schoben Spielsteine auf kompliziert aussehenden Brettern umher. Seit Wochen sah sie sie jeden Tag und in all der Zeit hatte sie niemals Mädchen bei ihnen oder auch nur in ihrer Nähe gesehen. Als sie sich räusperte, starrten sie Claire an, als sei sie ein Alien von einem der Planeten auf ihrem Spielbrett.
»Hi«, sagte sie und hielt ihnen einen Zettel hin. »Ich heiße Monica. Am Freitagabend schmeiße ich eine Party, vielleicht wollt ihr ja kommen. Ihr könnt es auch gern euren Freunden weitersagen.«
Einer von ihnen streckte die Hand aus und nahm vorsichtig den Zettel. Ein anderer riss ihn an sich, las ihn und sagte: »Wow. Echt?«
»Echt.«
»Können wir noch ein paar Leute mitbringen?«
»Nur zu.«
Claire machte sich auf den Weg zum Unterricht.
***
»Claire Danvers?«
Es war die letzte Stunde für heute und Claire sah erschrocken von ihrem Block auf, auf den sie gerade das Datum geschrieben hatte. Der Professor führte normalerweise keine Liste. Eigentlich wirkte er immer so, als wäre es ihm egal, wer auftauchte. Manchmal kam fast niemand. So wie heute – mit ihr waren es um die zwölf Leute. Eigentlich war es auch sinnlos, gerade diese Stunde zu besuchen, da Professor Wie-auch-immer-er-hieß Punkt für Punkt von seiner PowerPoint-Präsentation ablas, die er dann nach dem Unterricht auf seiner Website allen zugänglich machte. Kein Wunder, dass die meisten schwänzten.
Sie hob die Hand und fragte sich, was los war. Plötzlich hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie die Party-Einladung an die Freak-Show weitergereicht hatte, aber nein, wie hätte das so schnell auffliegen sollen? Und außerdem – wen außer Monica würde das schon kümmern?
Der Professor – grau, faltig, müde und begeisterungslos – starrte sie einen Augenblick lang an, ohne sie zu erkennen, dann sagte er: »Sie sollen in die Verwaltung kommen, Zimmer dreihundertsiebzehn. Gehen Sie.«
»Aber...«, Claire wollte fragen, was los war, doch er hatte sich schon von ihr abgewandt und wieder seiner PowerPoint-Präsentation gewidmet, die er monoton herunterleierte. Sie stopfte ihre Bücher in die Tasche und verließ ohne Bedauern den Raum.
Sie war zuvor genau dreimal im Verwaltungsgebäude gewesen – einmal, um sich einzuschreiben, einmal, um den Antrag zu stellen, aus dem Campuswohnheim in eine WG ziehen zu dürfen, und einmal um sich in ein paar neuen Fächern einzuschreiben. Das Verwaltungsgebäude hätte in jeder anderen Uni stehen können – es war schmuddlig und zweckmäßig und beherbergte lustlose, griesgrämige Angestellte, die an Schreibtischen saßen, auf denen sich
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